Entscheidungsstichwort (Thema)

Abbruch und Untersagung der Fortführung einer Betriebsratswahl

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der von einer Minderheit der Betriebsratsmitglieder gewählte Wahlvorstand ist nichtig.

2. Die nichtige Bestellung des Wahlvorstands führt dazu, dass eine von diesem durchgeführte Betriebsratswahl nichtig ist.

 

Normenkette

ArbGG § 10; BetrVG §§ 23, 33-34

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Beschluss vom 02.06.2010; Aktenzeichen 3 BV 21/10)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 27.07.2011; Aktenzeichen 7 ABR 61/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 02.06.2010 – 3 BV 21/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Hauptsacheverfahren weiter darüber, ob die durch den zu 2) beteiligten Wahlvorstand eingeleitete Betriebsratswahl 2010 abzubrechen, nicht fortzuführen und diesem zu untersagen ist, diese neu einzuleiten. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums zu dem Az. 16 TaBVGa 10/10 hat die erkennende Kammer durch Beschluss vom 13.07.2010 dem Beteiligten zu 2) aufgegeben, die eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, diese nicht fortzuführen und auch nicht neu einzuleiten.

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, das Gebäudereinigungsarbeiten und sonstige Dienstleistungen für gewerbliche Kunden ausführt. Sie beschäftigte ca. 827 Arbeitnehmer, die auf ca. 350 betriebsfremde Objekte verteilt waren. Bei der Antragstellerin war im Jahre 2008 ein dreizehnköpfiger Betriebsrat gewählt worden. Das Betriebsratsmitglied N. war der Lohnbuchhalter des Arbeitgebers; das Betriebsratsmitglied T3. der Schwiegervater des Geschäftsführers der Beteiligten zu 1. In der Zeit vom 01.03.2010 bis zum 31.05.2010 sollten die regulären Betriebsratswahlen stattfinden. Die Betriebsratsvorsitzende S1. lud mit Schreiben vom Freitag, dem 26.03.2010 zu einer Betriebsratssitzung am Dienstag, den 30.03.2010 um 9.00 Uhr in das DGB-Haus Duisburg und dort in den Franz-Wieber-Saal ein. Diese Einladung wurde den Betriebsratsmitgliedern am Samstag, den 27.03.2010 zugestellt. Eine Einladung von Ersatzmitgliedern erfolgte nicht. In der Tagesordnung waren unter anderem folgende Themen aufgeführt:

„2. Feststellung der Anwesenheit und Feststellung der Beschlussfähigkeit

3. Annahme der Tagesordnung

4. Genehmigung der Niederschrift vom 29.01.2010

5. Aufnahme von der Betriebsratssitzung am 29.01.2010 (Handy) – Ausschluss von der Sitzung am 30.03.2010 von Herrn K. N. und Herrn G. T3.

9. Wahl mit anschließendem Beschluss eines Wahlvorstandes für die kommende Betriebsratsneuwahl

…”

Am 30.03.2010 erschienen sämtliche Betriebsratsmitglieder zu der Betriebsratssitzung. Gegenwärtig war auch Frau C2., Gewerkschaftssekretärin der IG Bau-Agrar-Umwelt. Als über den Tagesordnungspunkt 5 beraten werden sollte, verlangte die Betriebsratsvorsitzende S1., dass die Betriebsratsmitglieder N. und T3. den Sitzungssaal verlassen. Beide kamen dem nicht nach. Es folgte ein Streitgespräch. Schließlich verließen die Betriebsratsmitglieder G1., L1., F., O. und C3. einschließlich der Betriebsratsvorsitzenden S1. den Franz-Wieber-Saal, um in einem anderen Saal über den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder N. und T3. zu beraten. Zuvor forderte die Betriebsratsvorsitzende S1. die Betriebsratsmitglieder A., T4., S2., L2. und G2. auf, ihnen zu folgen. Diese lehnten dies ab. Nach Angaben des Wahlvorstands wurde sodann in dem anderen Sitzungssaal beschlossen, dass die Betriebsratsmitglieder N. und T3. von der Betriebsratssitzung am 30.03.2010 ausgeschlossen wurden. In dem von dem Wahlvorstand im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgelegten handschriftlichen Protokoll über die Betriebsratssitzung vom 30.03.2010, das von der Schriftführerin Frau L1. und der Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet wurde, hieß es zu 3.:

„Ausschluss von der Sitzung am 30.03.2010 von Herrn K. N. und Herrn G. T3. BR Mitglieder mit Beschlussfassung. 6 für Ja und 5 Enthaltungen (abgestimmt)”

Die Betriebsratsmitglieder G1., L1., F., O. und C3. einschließlich der Betriebsratsvorsitzenden S1. kehrten sodann in den Franz-Wieber-Saal zurück und teilten den übrigen Betriebsratsmitgliedern mit, dass die Betriebsratsmitglieder N. und T3. mit 6 Ja-Stimmen und 5 Enthaltungen von der Betriebsratssitzung am 30.03.2010 ausgeschlossen worden seien. Die Betriebsratsvorsitzende forderte die Betriebsratsmitglieder N. und T3. daraufhin auf, den Franz-Wieber-Saal zu verlassen, damit die Betriebsratssitzung fortgeführt werden könne. Dies wurde von den betroffenen Betriebsratsmitgliedern abgelehnt. Die Betriebsratsmitglieder G1., L1., F., O. und C3. einschließlich der Betriebsratsvorsitzenden S1. verließen darauf erneut den Franz-Wieber-Saal, um die Sitzung in einem anderen Saal fortzusetzen. Zuvor forderten sie die Betriebsratsmitglieder A., T4., S2., L2. und G2. auf, ihnen zu folgen. Dem kamen diese nicht nach. Die Betriebsratssitzung wurde dann von den Betriebsratsmitgliedern G1., L1., F., O. und C3...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge