Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Betriebsgröße
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Ermittlung der Betriebsgröße nach § 9 Satz 1 BetrVG ist eine Ersatzkraft, die zur Vertretung einer im Erziehungsurlaub befindlichen Arbeitnehmerin eingestellt ist, auch dann nicht mitzuzählen, wenn der Arbeitsvertrag der Ersatzkraft nicht befristet worden ist.
2. Zum Umfang der nach § 5 Abs 3 Nr 1 BetrVG vorausgesetzten Einstellungs- und Entlassungsbefugnis (Filialleiter).
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 08.03.2000 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen der Anfechtung einer Betriebsratswahl die Größe des Betriebsrats (§ 9 BetrVG) streitig.
Am 30.10.1999 wurde in der Filiale D. der Arbeitgeberin ein aus drei Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt. Im Wahlausschreiben waren 21 Arbeitnehmer als wahlberechtigt aufgeführt worden. Der Wahlvorstand hatte die beiden Filialleiterinnen Frau G. und Frau V. als wahlberechtigt angesehen und ebenso mitgezählt wie die im Erziehungsurlaub befindliche Arbeitnehmerin Frau F. und die für sie als Ersatz unbefristet eingestellten Teilzeitkräfte Frau A. und Frau K..
Am 13.11.1999 hat die Arbeitgeberin vor dem Arbeitsgericht Duisburg die Wahl angefochten. Sie hat geltend gemacht, dass die Filialleiterinnen zu selbständigen Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern berechtigt und daher leitende Angestellte i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG seien. Zudem dürften die beiden Teilzeitkräfte nicht mitgezählt werden, die auf dem Arbeitsplatz von Frau F. nur bis zu deren Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub beschäftigt würden.
Der Betriebsrat hat bestritten, dass die Filialleiterinnen leitende Angestellte seien. Die Teilzeitkräfte seien, weil unbefristet eingestellt, gemäß § 21 Abs. 7 BErzGG neben der im Erziehungsurlaub befindlichen Mitarbeiterin mitzuzählen.
Das Arbeitsgericht hat am 08.03.2000 durch Vernehmung der Zeugin V. Beweis erhoben und mit Beschluss vom selben Tag die Betriebsratswahl vom 30.10.1999 für unwirksam erklärt. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde greift der Betriebsrat den Beschluss in tatsächlicher Hinsicht und mit Rechtsausführungen an.
Er beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgericht vom 08.03.2000 abzuändern und den Antrag der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Wahlanfechtung stattgegeben. Bei der Betriebsratswahl vom 30.10.1999 wurde dadurch gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen (§ 19 Abs. 1 BetrVG), dass in den Betriebsrat drei Personen gewählt wurden. In der Filiale D. waren zu diesem Zeitpunkt nicht in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt (§ 9 Satz 1 BetrVG), so dass der zu wählende Betriebsrat aus einer Person hätte bestehen müssen.
1. Das Arbeitsgericht hat nach der Beweisaufnahme feststellt, dass die Filialleiterin Frau V. selbständig über die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern entscheide. Dem stehe weder entgegen, dass Frau V. die Verkaufsleiterin über derartige Personalmaßnahmen informiere, noch dass zwei Arbeitsverträge nicht von ihr, sondern von dem Geschäftsführer unterzeichnet seien. Das Arbeitsgericht hat die Aussage der Zeugin Frau V. für glaubhaft und die Zeugin für glaubwürdig erachtet.
Die Kammer folgt diesen Feststellungen und daraus vom Arbeitsgericht gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen.
a) Die zur Einstellung und Entlassung befugten Arbeitnehmer i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG stehen bereits aufgrund ihrer formalen Rechtsposition in einem Interessengegensatz zu den anderen Arbeitnehmern, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes auf diese Personengruppe ausschließen soll. Freilich genügt nicht, dass die formalen Voraussetzungen der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG "nach außen" erfüllt sind. Vielmehr ist erforderlich, dass die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis auch im Innenverhältnis nicht in einem solchen Umfang eingeschränkt ist, dass von einer eigenen bedeutenden Entscheidungsbefugnis nicht mehr die Rede sein kann. Daher reicht es für den Status des leitenden Angestellten nicht aus, wenn der Arbeitnehmer nur gelegentlich Einstellungen oder Entlassungen vornimmt (Etzel, KHzA, 2. Aufl., 9.1, Rz. 55), seine Befugnis sich auf einen sehr begrenzten Personenkreis, z. B. Aushilfskräfte, geringfügig oder mit untergeordneten Aufgaben Beschäftigte erstreckt (Etzel, a.a.O., Rz. 43, Richardi, BetrVG, 7. Aufl., § 5 Rz. 172) oder Vorgaben, Richtlinien bzw. Weisungen ihm keine Entscheidungsspielräume lassen.
b) Gemessen an diesen Kriterien handelte die Filialleiterin Frau V. selbständig gegenüber der Arbeitgeberin und war dazu nach Arbeitsvertrag (Bl. 26/30 d. Gerichtsakte) und S...