Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeugnis. Berichtigungsanspruch. Leistungsbeurteilung (Notenskala). Darlegungs- und Beweislastverteilung
Leitsatz (amtlich)
Die Parteien streiten um die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses. Im besonderen beanstandet die Klägerin die Leistungsbeurteilung und verlangt als Gesamtnote die Formulierung, dass sie „die ihr übertragenen Aufgaben zur Zufriedenheit erfüllt” habe. Die Beklagten weigern sich: Die Klägerin habe mangelhaft gearbeitet. Die Berichtigungsklage hatte in erster und zweiter Instanz Erfolg.
Normenkette
GewO § 109; BGB § 630
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Urteil vom 12.02.2003; Aktenzeichen 2 Ca 2923/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wesel vom12.02.2003 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses.
Die Klägerin war vom 01.09.2000 bis zum 15.08.2001 als Steuerfachangestellte bei den Beklagten, die in B./Ndrh. eine Steuerberaterpraxis führen, beschäftigt. Die Parteien führten vor dem Arbeitsgericht Wesel einen Rechtsstreit (ArbG Wesel 2 Ca 2963/01), den sie durch Prozessvergleich vom 13.12.2001 beilegten. In dem Vergleich verpflichteten sich die Beklagten u.a., ein der Klägerin erteiltes Zeugnis vom 29.06.2001, in dem es hieß: „Frau N. hat die ihr übertragenen Aufgaben und Arbeiten ordentlich und ordnungsgemäß erledigt. ….”, wohlwollend zu überarbeiten. Danach erstellten sie ein auf den 15.08.2001 datiertes Zeugnis, dessen Absätze 3 bis 5 lauten:
„Frau L. N. beherrscht das Fach ausreichend und stellt sich auf neue Aufgaben ein.
Sie übernimmt die ihr anvertrauten Aufgaben tatkräftig und im allgemeinen verantwortungsbereit und in den Anforderungen entsprechend gewachsen.
Frau L. N. arbeitet pflichtbewusst, lernt leicht und begreift das Wesentliche.”
Die Klägerin hat mit der im August 2002 vor dem Arbeitsgericht Wesel erhobenen Klage das Zeugnis beanstandet und zuletzt beantragt,
unter Aufhebung des (klagabweisenden) Versäumnisurteils vom 25.11.2002 ihr ein Zeugnis zu erteilen mit dem Text wie das bereits ausgestellte Zeugnis vom 15.08.2001 mit folgender Maßgabe:
Der dritte Absatz wird gestrichen, der vierte Absatz lautet:
„Sie übernimmt die ihr anvertrauten Aufgaben tatkräftig und verantwortungsbereit und ist den Anforderungen gewachsen.
Frau L. N. arbeitet pflichtbewusst, lernt leicht und erfüllt die ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit.”
Die Beklagten haben beantragt,
das Versäumnisurteil vom 25.11.2002 aufrecht zu erhalten.
Durch Urteil vom 12.02.2003 hat das Arbeitsgericht dem Klageantrag entsprochen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greifen die Beklagten das Urteil an. Sie machen geltend, dass die Gesamtleistung der Klägerin mangelhaft gewesen sei. Die Klägerin sei nicht in der Lage gewesen, die an ihren Beruf gestellten Anforderungen zu erfüllen. Sämtliche Tätigkeiten hätten ihr mühsam beigebracht werden müssen. Die Arbeit einer Steuerfachgehilfin sei der Klägerin mehr als schwer gefallen. Sie habe selbst einfache Buchführungen nicht selbständig und ohne Fehler ausführen können. Auch einfachste Arbeiten wie z.B. das Fotokopieren seien häufig fehlerhaft ausgeführt worden.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil: Sie verlange lediglich die ihr zustehende durchschnittliche Leistungsbewertung. Demgegenüber sei von den Beklagten eine mangelhafte Leistung nicht darlegt worden. Vielmehr hätten sich die Beklagten vor dem Arbeitsgericht unter Hinweis auf ihre Verschwiegenheitspflicht geweigert, angeblich aussagekräftige Unterlagen schriftsätzlich einzureichen, und lediglich in der Verhandlung vier Leitz-Ordner mitgeführt, deren Durchsicht das Gericht zu Recht abgelehnt habe.
Die Beklagten haben mit einem am 15.05.2003 (nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist) eingegangenen Schriftsatz ihr Vorbringen ergänzt und Auszüge der „Leistungserfassung” vorgelegt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Der Klageantrag ist zulässig
1. Verlangt der Arbeitnehmer einen bestimmten Zeugnisinhalt, so hat er mit dem Klageantrag genau zu bezeichnen, was in welcher Form das Zeugnis enthalten soll (BAG, Urteil vom 14.03.2000, 9 AZR 246/99, ArbuR 2000, 360). Dabei ist zu unterscheiden: Hat der Arbeitgeber überhaupt kein Zeugnis verfasst, muss er sich die Verurteilung zu einem Zeugnis mit bestimmten, ihm durch den Klageantrag vorgegebenen Formulierungen gefallen lassen, solange er nicht näher beanstandet, welche Formulierung des vom Arbeitnehmer gewünschten Zeugnisses inhaltlich falsch ist (LAG Hamm, Urteil vom 28.03.2000, BuW 2001, 220; a.A. Küttner/Reinecke, Personalbuch 2003, ‚Zeugnis’, Rz. 40). Hat der Arbeitgeber hingegen ein Zeugnis ausgestellt und begehrt der Arbeitnehmer die Abänderung in einem oder mehreren Punkten, muss der Arbeitnehmer diese Punkte im Klageantrag bezeichnen. Weil das Zeugnis ein einheitliches Ganzes ist und seine Teile nicht ...