Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Leistungen ohne nachvollziehbare Kriterien. Gehaltsanpassung bei definiertem Mitarbeiterkreis durch Gesamtbudget. Geltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Gehaltsanpassungen nach oben durch Vorgesetzte

 

Leitsatz (amtlich)

Stellt die Arbeitgeberin für Gehaltserhöhungen eines definierten Mitarbeiterkreises ein Gesamtbudget zur Verfügung, das sich nach einem festgelegten Prozentsatz der Vergütung aller dieser Mitarbeiter bestimmt, unterfallen die Gehaltsanpassungen auch dann dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie hierfür keine nachvollziehbaren Kriterien vorsieht, sondern den jeweiligen Vorgesetzten die Entscheidung nach deren Gutdünken überlässt. Der einzelne Mitarbeiter hat dann einen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung um den höchsten Prozentsatz, um den die Arbeitgeberin eine Gehaltsanpassung bei einem der Mitarbeiter vorgenommen hat.

 

Normenkette

BGB § 315 Abs. 1; ArbGG § 64; ZPO § 92

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 07.07.2022; Aktenzeichen 10 Ca 5382/21)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.07.2022 - 10 Ca 5382/21 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 3.418,44 € brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 100,73 € seit 01.04.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.05.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.06.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.07.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.08.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.09.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.10.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.11.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.12.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.01.2020,

aus weiteren 100,73 € seit 01.02.2020,

aus weiteren 100,73 € seit 01.03.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.04.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.05.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.06.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.07.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.08.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.09.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.10.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.11.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.12.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.01.2021,

aus weiteren 184,14 € seit 01.02.2021 und

aus weiteren 184,14 € seit 01.03.2021

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte bezogen auf die Zahlungsansprüche zugelassen. Im Übrigen wird die Revision für die Beklagte nicht zugelassen.

Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

Bei der Beklagten handelt es sich um die Obergesellschaft eines Versicherungskonzerns. Der Kläger ist bei ihr bzw. anderen Konzernunternehmen seit dem 01.12.1999 angestellt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildet zuletzt der Arbeitsvertrag vom 14.02./15.03.2006 (Bl. 9 ff. d. A.). Seit 01.01.2004 ist er als leitender Angestellter eingestuft. Bis zum 30.06.2013 war der Kläger als Abteilungsleiter Produktkonzepte- und Management Versorgung tätig. Nach Wegfall dieser Stelle nimmt der Kläger seit dem 01.07.2013 auf der Grundlage seines Vertrages als leitender Angestellter (Prokura und Gehaltsbewertung Grade 3) Sonderaufgaben in der Einheit Produktmanagement Vollversicherung PMGK, die von Herrn Y. geleitet wird und dem der Kläger unterstellt ist, wahr. Der Kläger verantwortete seitdem keine Abteilung mehr und ihm sind keine Mitarbeiter unterstellt. Ein Angebot der Beklagten, mit ihm eine Vereinbarung über eine sogenannte "Entleitung" abzuschließen, lehnte der Kläger ab. Daraufhin erhöhte sie sein Fixgehalt im Jahr 2013 und im Jahr 2014 nicht.

Bis ins Jahr 2017 erhielt der Kläger neben einem Fixgehalt einen Bonus, der zuletzt bis zu 27.000,00 € betragen konnte. Unter dem 28.02./09.04.2018 vereinbarten die Parteien die Umwandlung des Bonus in eine sogenannte "wandelbare Zulage", die beginnend mit dem Monat Januar 2018 monatlich zu gleichen Teilen ausgezahlt wird. Gemäß Ziffer 3 dieser Zusatzvereinbarung (Bl. 65 f. d. A.) kann die Zulage von der Beklagten widerrufen werden. Im Falle eines Widerrufs ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Angebot auf einen den aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügenden bzw. einen variablen Vergütungsbestandteil zu unterbreiten, der (bei einer Zielerreichung von 100 %) der Höhe nach der widerrufenen Zulage entspricht.

Die Beklagte verwendet intern für Mitarbeiter ab einem bestimmten Level die Bezeichnung "leitende Angestellte". Für diese über 400 Mitarbeiter finden bei ihr keine Regelanpassungen der Gehälter statt. Vielmehr stellt sie - sofern eine Anpassung erfolgen soll - für die leitenden Angestellten den jeweiligen Vorgesetzten ein durch einen jeweils festgesetzten Prozentsatz gedeckeltes Budget zur Verfügung. Es bleibt dann der Entscheidung des einzelnen Vorgesetzten überlassen, welcher leitende Angestellte in ihrer...

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