Betriebsvereinbarung mit aufschiebender Bedingung?

Aufgrund der in einer Betriebsvereinbarung vorgesehenen Gehaltsanpassungen forderte eine Erzieherin vom Arbeitgeber mehr Lohn. Zu Unrecht entschied das LAG Mecklenburg-Vorpommern, da die Betriebsvereinbarung wegen einer aufschiebenden Bedingung noch nicht wirksam geworden sei.

Eine Betriebsvereinbarung gilt unmittelbar für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb. Im vorliegenden Fall hatte das LAG Mecklenburg-Vorpommern über eine Betriebsvereinbarung zu entscheiden. Diese sah zwar Gehaltserhöhungen für die Belegschaft vor, jedoch mit dem Zusatz "nach geschlossener Entgeltverhandlung". Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kam es daraufhin zum Streit darüber, ob die Betriebsvereinbarung schon mit Abschluss wirksam war.

Arbeitnehmerin verlangt Gehaltserhöhung aufgrund Betriebsvereinbarung

Die Arbeitnehmerin ist als Erzieherin seit 2015 in einer Kindertagesstätte beschäftigt. Der Arbeitgeber ist ein Verein, der verschiedene Leistungen der Jugendhilfe anbietet. Bei ihm sind rund 200 Mitarbeiter beschäftigt. Ende März 2019 schloss der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung. In dieser wurden die Gehaltsstufen des Personals - angelehnt an den TVöD Kommunen VKA- erweitert. Darin aufgenommen wurde, dass die Gehaltserhöhungen, nach Sicherstellung der Finanzierung, also "nach abgeschlossener Entgeltverhandlung" des Arbeitgebers mit dem Kostenträger gelten sollten.

Betriebsvereinbarung unter aufschiebender Bedingung geschlossen?

Die Mitarbeiterin war überzeugt, dass die Betriebsvereinbarung bereits ab April 2019 wirksam geworden ist. Sie forderte im November 2019 vom Arbeitgeber die ausstehende Lohndifferenz, da dieser die Gehaltserhöhung unmittelbar umsetzen müsse. Dies ergebe sich schon aufgrund der Angabe "Stand 1.4.2019" neben der Gehaltstabelle in der Betriebsvereinbarung.

Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung, weil die Betriebsvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen worden sei. Die Betriebsvereinbarung komme erst dann zur Anwendung, wenn die Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern abgeschlossen seien. Für die Kita der Arbeitnehmerin wurden die Entgeltverhandlungen erst im Januar 2020 beendet.

LAG: Keine Gehaltserhöhung wegen aufschiebender Bedingung

Die Klage der Erzieherin hatte keinen Erfolg. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschied, dass die Arbeitnehmerin keine Gehaltserhöhung aufgrund der Betriebsvereinbarung verlangen kann und wies die Klage auf Auszahlung der Lohndifferenz daher ab.

Für den besagten Zeitraum habe die Betriebsvereinbarung keine Wirkung entfaltet, urteilte das Gericht. Sie stehe unter einer aufschiebenden Bedingung, die jedenfalls bis November 2019 nicht eingetreten sei.

Betriebsvereinbarung unter aufschiebender Bedingung 

In den Gründen führte das Gericht unter Hinweis auf das BAG aus, dass der Abschluss einer Betriebsvereinbarung nicht per se bedingungsfeindlich ist. Zumindest, wenn der Eintritt der Bedingung für alle Beteiligten, somit auch für alle Arbeitnehmer ohne Weiteres feststellbar sei, könne eine Betriebsvereinbarung ohne rechtliche Bedenken auch unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen werden.

Eintritt der Bedingung ausreichend bestimmbar

Aus Sicht des Gerichts waren diese Voraussetzungen vorliegend gegeben. Der Zeitpunkt des Abschlusses einer Entgeltvereinbarung mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe sei eine Bedingung, deren Eintritt mit hinreichender Sicherheit bestimmbar ist. In dem hier maßgeblichen Zeitraum von April 2019 bis einschließlich November 2019 waren die Entgeltverhandlungen nicht abgeschlossen. Damit war die Bedingung nicht eingetreten und die Betriebsvereinbarung noch nicht wirksam. Die Gehaltstabelle im Anhang sei damit ebenfalls erst mit dem Wirksamwerden der Betriebsvereinbarung anwendbar.


Hinweis: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.6.2021, Az: 5 Sa 297/20; Vorinstanz: Arbeitsgericht Schwerin, Urteil vom 21. Oktober 2020, Az: 1 Ca 824/20


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Schlagworte zum Thema:  Urteil, Betriebsvereinbarung, Gehalt