Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte ord. Künd
Leitsatz (amtlich)
– Ein gelernter Maschinenbauer, der als Maschinenschlosser eingestellt worden ist, muß an der Präzisionsschleifmaschine sog. Seiherstäbe (die im Mühlenbau benötigt werden) von Längeschleifen, auch wenn die Arbeit monoton ist.
– Ihm kann ein Zurückbehaltungsrecht zustehen, wenn diese Arbeit ihm aus schikane zugewiesen wird, wofür ihm die Darlegungs- und Beweislast trifft.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 09.06.1999; Aktenzeichen 16 Ca 337/98) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 9. Juni 1999 – 16 Ca 337/98 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der heute 37 Jahre alte Kläger, der seiner Ehefrau und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, wurde im April 1989 als Maschinenschlosser eingestellt, zunächst befristet für die Dauer von sechs Monaten, danach auf unbestimmte Zeit. Auf das Arbeitsverhältnis sind die Metalltarifverträge für Hamburg und Umgebung anwendbar. Auf den Arbeitsvertrag wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 4-5).
Der Kläger, der heute die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kam 1979 aus der Türkei nach Deutschland. Er arbeitete drei Jahre lang als Rohrschlosserhelfer auf einer großen Hamburger Schiffswerft. Gleichzeitig besuchte er die Abendschule, die er mit der Mittleren Reife abschloß. Danach erwarb er auf einer Fachoberschule die Fachhochschulreife, um sodann drei Semester an der Fachhochschule Hamburg, Fachbereich Maschinenbau, zu studieren. Finanziert durch das Arbeitsamt, absolvierte er in einer überbetrieblichen Einrichtung, verbunden mit einem Praktikum bei der Beklagten, eine Berufsausbildung zum Maschinenbauer. Zur Prüfung wurde er statt nach dreieinhalb bereits nach zweieinhalb Jahren zugelassen. Der Kläger hat bei der Beklagten im Zeitlohn gearbeitet. Seine Monatsvergütung betrug zuletzt ca. DM 4.600,- brutto.
Die Beklagte, die Maschinen und Ersatzteile für Mühlenbetriebe herstellt, beschäftigt in ihrem in Hamburg-Harburg gelegenen Betrieb außer den Angestellten 145 gewerbliche Arbeitnehmer.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 1998, dem Kläger ausgehändigt am 5. Oktober 1998, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf die tarifliche Kündigungsfrist zum 30. November 1998 (Bl. 9). Der Kündigung liegt folgender unstreitiger Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war seit dem 21. August 1998 im Verschleißteilcenter der Beklagten mit der Fertigung von Seiherstäben befaßt, und zwar zunächst mit dem Entgraten. Danach wurde er in das Längeschleifen von Seiherstäben eingearbeitet. Er sollte die im Querschnitt leicht trapezförmigen Edelstahlstäbe auf genau 300 mm Länge bringen. Zu diesem Zweck werden sie mittels einer Hydraulik eingespannt und an beiden Enden mit Schleifscheiben geschliffen. Es handelt sich um Präzionsarbeit. Zur Sicherheit ist vorgeschrieben, die Werkstücke – es handelt sich um ca. 20 gleichzeitig nebeneinander eingespannte Stäbe – nach oben mittels einer Sicherheitsspannplatte zu sichern. Auf diese Weise wird verhindert, daß sich beim Schleifen ein Stab löst und verkanntet, wodurch die Schleifscheiben zerstört und Teile derselben mit hoher Geschwindigkeit durch die Werkhalle geschleudert werden.
Der Kläger hatte am 28. September 1998 beim Schleifen der Seiherstäbe die Sicherheitsspannplatte nicht benutzt. Hierauf wurde er vom Gruppenleiter … angesprochen. Eingearbeitet hatte den Kläger der Zeuge …. Der Kläger will im Rahmen der Einarbeitung nicht auf die Notwendigkeit hingewiesen worden sein, beim Schleifen die Sicherheitsspannplatte zu benutzen. Ob der Kläger nach dem Hinweis durch den Zeugen … zunächst weiterhin die Seiherstäbe ohne Sicherheitsspannplatte schliff, ist streitig. Am nächsten Tag, dem 29. September 1998, lehnte der Kläger es ab, weiterhin Seiherstäbe von Länge zu schleifen. Er konnte von seiner Weigerung auch weder durch Vorgesetzte und den Personalleiter noch durch den Betriebsratsvorsitzenden, den Zeugen …, abgebracht werden. Der Kläger bestand darauf, mit Schlosserarbeiten beschäftigt zu werden. Nach seinem Verständnis handelt es sich beim Schleifen der Seiherstäbe nicht um die Tätigkeit eines Schlossers. Der Zeuge … widersprach ihm, räumte allerdings ein, daß es sich nicht um die interessanteste Schlosserarbeit handelt. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, daß er sich einer Arbeitsverweigerung schuldig machen würde, die zur Kündigung führen könne, was auch dem Kläger klar war. Gegen 9.30 Uhr verließ er das Werk mit dem Hinweis, daß er einen Rechtsanwalt aufsuchen wolle. Zuvor hatte ihm der Personalleiter … noch einmal erklärt, das Schleifen von Seiherstäben sei Schlosserarbeit, wenn er bei seiner Weigerung bliebe, könne er seine Sachen packen und nach Hause gehen. Der Kläger suchte dann allerdings zunächst noch keinen Rechtsanwalt auf. Vielmehr erschien er zwei Tage später im Betrieb, um seine Arbeitskraft als Masc...