Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung eines Aufhebungsvertrags wegen arglistiger Täuschung über die Betriebsstilllegung. Unbegründete Feststellungsklage zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur Täuschungshandlung und zur beiderseitigen Geschäftsgrundlage des Aufhebungsvertrages
Leitsatz (amtlich)
1. Eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Die Äußerung subjektiver Werturteile genügt nicht.
2. Soweit ein Aufhebungsvertrag in einer Situation unterschrieben wird, in der einerseits eine durch den Gläubigerausschuss manifestierte Stilllegungsabsicht bestand, zugleich aber deutlich gemacht wird, dass ein Investor gesucht wurde, liegt regelmäßig keine arglistige Täuschung über die Fortführung des Betriebs vor.
3. Für die fortdauernde Stilllegung des Betriebs als Geschäftsgrundlage einer Aufhebungsvereinbarung ist ein Kläger in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet, und zwar auch dafür, dass dem Vertragsschluss bestimmte beiderseitige Vorstellungen zugrunde gelegen haben.
Normenkette
BGB § 123 Abs. 1, § 313 Abs. 1 S. 3; InsO § 1; BGB § 313 Abs. 1, 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 15.05.2014; Aktenzeichen 7 Ca 529/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Mai 2014 - 7 Ca 529/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anfechtung eines Aufhebungsvertrags und den Wegfall der Geschäftsgrundlage.
Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der S. (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde am 01. Februar 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Insolvenzschuldnerin beschäftigte zu diesem Zeitpunkt ca. 400 Arbeitnehmer. Es bestand ein Betriebsrat. Der Kläger war bei der Insolvenzschuldnerin als Schweißer tätig. Sein Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt € 3.674,59.
Die Insolvenzschuldnerin verfügte zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung lediglich über zwei Schiffbauaufträge, die noch im Jahr 2012 abgeschlossen wurden. Kurz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schloss der Beklagte einen weiteren Vertrag über ein sog. Errichterschiff ab. Ausweislich des Shipbuilding Service Contracts vom 09. Februar 2012, abgeschlossen zwischen dem Beklagten und der A. B., sollte das Schiff am 31. März 2013 abgeliefert werden. An diesem Auftrag wurde noch im Januar 2014 gearbeitet.
In seiner Sitzung am 04. Februar 2013 beschloss der Gläubigerausschuss, dass der Beklagte alle erforderlichen Maßnahmen für eine Betriebseinstellung ergreifen sollte. Auch wurde die Einstellungsentscheidung des Beklagten bestätigt. Im Februar und März 2013 wurde der Betriebsrat von dem Beklagten über den Stilllegungsbeschluss für Ende Juli 2013 informiert. Mit Datum vom 11. März 2013 wurde ein Teil-Interessenausgleich geschlossen. In der Präambel heißt es u.a.:
"Durch die Abarbeitung eines Auftrages für ein Windkraft-Errichterschiff konnte die übrige Belegschaft bis jetzt weiter beschäftigt werden. dieser Auftrag ist in absehbarer Zeit voraussichtlich zum 31.07.2013 fertiggestellt. Es konnten bis zum Abschluß dieser Vereinbarung keine weiteren Aufträge generiert werden. Ohne weitere Aufträge gibt es keine Investoren, die den Betrieb oder Teile des Betriebs aus der Insolvenzmasse übernehmen würden.
Daher müssen sich die Betriebsparteien mit dieser Vereinbarung auf eine Stilllegung des Betriebes zum 3107.2013 einrichten.
In dieser Situation sind alle Mitarbeiter der S. von betriebsbedingten Kündigungen bedroht."
§ 2 Abs. 2 des Teil-Interessenausgleichs lautet:
"Der Auftrag ist am 31.07.2013 beendet, so dass dann der Betrieb der S. stillgelegt wird. Die Betriebsparteien streben nach wie vor die Möglichkeit der Betriebs- und Teilbetriebsübernahme bis zum 31.7.2013 an, dies hängt jedoch wesentlich davon ab, ob es gelingt, Aufträge zu generieren."
In § 3 Nr. 4 des Teil-Interessenausgleichs heißt es zur Anschlussperspektive:
"Allen Beschäftigten kann zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung keine Anschlussperspektive geboten werden.
Sollte sich bis zum 31.7.2013 ein Investor finden, der den Betrieb oder einen Teil des Betriebes übernimmt, so entfällt bei den Beschäftigten, die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung in den betreffenden Betriebsteilen arbeiten, die Geschäftsgrundlage für den Aufhebungsvertrag, der im Hinblick auf eine Betriebsstilllegung abgeschlossen wird. Dies gilt nicht für Mitarbeiter, die bereits tatsächlich in die Transfergesellschaft gewechselt sind und Transferkurzarbeitergeld erhalten haben.
In diesem Fall kommen die Betriebsparteien unverzüglich zusammen, um den Interessenausgleich d...