Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers gegen den Insolvenzverwalter nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB kommt in Betracht, wenn der Insolvenzverwalter dem Arbeitnehmer wider besseres Wissen vorspiegelt, der Betrieb werde definitiv geschlossen und ein Betriebsübergang sei ausgeschlossen, und hierdurch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages erreicht.
2. Ergibt sich die Möglichkeit einer Betriebsfortführung erst später, kann ein solcher Schadensersatzanspruch hingegen nicht eingreifen.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; StGB § 263
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 19.07.2007; Aktenzeichen 1 Ca 1346/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 19.07.2007 – 1 Ca 1346/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt mit der vorliegenden Klage von dem beklagten Insolvenzverwalter persönlich Schadensersatz wegen Prozessbetruges.
Der Kläger war seit dem 26.02.1991 als Servicetechniker bei der Firma R N G & C K Maschinen- und Apparatebau (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) beschäftig. Seit Mai 1992 war der Kläger einem schwer behinderten Menschen gleichgestellt.
Das Grundgehalt des Klägers betrug zuletzt 3.885,82 EUR.
Die Insolvenzschuldnerin selbst stellte am 01.07.2004 Insolvenzantrag. Am 06.07.2004 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Am 09.07.2004 gründete er mit dem Gesellschafter und Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin Herrn N und der Mitarbeiterin der Insolvenzschuldnerin Frau E A eine Firma Z M T G Messmaschinen (im Folgenden: Z M neu).
Am 20.07.2004 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts B (Bl. 41 f. d. A.) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Unter derselben Postanschrift wie die Insolvenzschuldnerin wurde ferner eine Firma Z M T G betrieben, deren Geschäftsgegenstand darauf gerichtet war, Mess- und Anreißmaschinen in Kooperation mit der Insolvenzschuldnerin zu vertreiben, die dabei auf das Personal der Insolvenzschuldnerin zurückgriff. Der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin Herrn N hielt 100 % der Gesellschaftsanteile dieses Unternehmens, Prokuristin war Frau E A. Über das Vermögen der Z M T G wurde ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet.
Auf einer Betriebsversammlung am 12.07.2004 verwies der Beklagte auf die anstehende Betriebsschließung und kündigte an, die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer kündigen zu wollen. Mit Schreiben vom 30.07.2004 (Bl. 46 f. d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.10.2004 und wies darauf hin, dass dem Kläger bekannt sei, dass der Betrieb geschlossen werden müsse. In dem vom Kläger daraufhin angestrengten Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht S (Aktenzeichen: 3 Ca 2929/04) trug die Prozessbevollmächtigte der Beklagten vor, der Beklagte habe beschlossen, den Betrieb der Insolvenzschuldnerin stillzulegen, es würden nur noch Restaufträge abgewickelt. Daraufhin schlossen die Parteien folgenden Vergleich:
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass alle bislang ausgesprochenen Kündigungen seitens des Beklagten bzw. seitens der Firma N G & C K gegenstandslos sind und das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Zeit ungekündigt fortbesteht.
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass die bislang ausgesprochenen Abmahnungen gegenstandslos sind und aus der Personalakte des Klägers entfernt werden.
- Die Parteien sind sich ferner darüber einig, dass der Kläger gegen eine noch von dem Beklagten auszusprechende ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die unter ordnungsgemäßer Beteiligung des Integrationsamtes erfolgt, nicht gerichtlich vorgehen wird.
- Damit findet der Rechtsstreit 3 Ca 2929/04 sein Ende.
Der Beklagte beantragte daraufhin die Zustimmung des Integrationsamts zu einer beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung und gab diesbezüglich an, er habe die Stilllegung des Betriebes beschlossen (Bl. 76 f. d. A.).
Nachdem das Integrationsamt seine Zustimmung zu dieser Kündigung erteilt hatte, sprach der Beklagte dem Kläger unter dem 30.09.2004 die ordentliche Kündigung zum 31.12.2004 aus (Bl. 81 ff. d. A.), unter Hinweis darauf, dass der Betrieb nicht fortgeführt werden könne. Am 02.12.2004 trat der Gläubigerausschuss der Insolvenzschuldnerin zusammen. Der Kläger war als Arbeitnehmervertreter Mitglied dieses Gläubigerausschusses und nahm an der Sitzung des Gläubigerausschusses vom 02.12.2004 teil. Ausweislich des Protokolls der Gläubigerausschusssitzung (Bl. 133 ff. d. A.) wurde unter Ziffer 5. das Thema Betriebsfortführung behandelt. In dem Protokoll heißt es: „Der Insolvenzverwalter erstattet einen Bericht über den Stand der Abwicklung des Insolvenzverfahrens und die bis heute anhaltende Betriebsfortführung.”
Der Gläubigerausschuss stimmte einstimmig der Veräußerung des Geschäftsanteils der N K an der Z M neu an ...