Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalratsanhörung. Tatkündigung statt Verdachtskünd. (Auslegung d. Kündigung)
Leitsatz (amtlich)
1. Wird wegen eines schwerwiegenden Vertragsverstoßes eine fristlose Kündigung beabsichtigt, ist die Mitteilung des Lebensalters, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und des Familienstatus keine zwingende Voraussetzung für eine ordnungsgemäße BR-Anhörung.
2. Es ist unschädlich, daß sich der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozeß auf die Kriterien einer Verdachtskündigung einläßt, wenn die Auslegung des Anhörungsschreiben und der Kündigung ergibt, daß er in der Linie eine Tatkündigung aussprechen wollte und wenn er dies auch getan hat.
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 26.05.1999; Aktenzeichen 16 Ca 401/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Mai 1999 – 16 Ca 401/98 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen verhaltensbedingten Kündigung des Klägers, der aus Gründen der tariflichen Alterssicherung durch ordentliche Kündigung nicht mehr entlassen werden konnte. Streit herrscht vor allem auch darüber, ob der Personalrat ordnungsgemäß angehört worden ist.
Der Kläger war von 1976 bis zu dessen Schließung im Frühjahr 1997 im Hafenkrankenhaus der Freien und Hansestadt Hamburg als Leiter der Wirtschaftsabteilung beschäftigt. Er war Mitglied des dort gewählten Personalrats. Danach wurde er in das Allgemeine Krankenhaus … umgesetzt, wo er die Position des stellvertretenden Leiters der Wirtschaftsabteilung bekleidete. Sein Monatseinkommen betrug zuletzt DM 7.752,21 brutto. Das AK … ist seit 1995 Teil des rechtlich selbständigen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) Hamburg, einer gemeinnützigen Anstalt öffentlichen Rechts. Auf das Arbeitsverhältnis ist der MTV Angestellte anwendbar gewesen.
Mit Schreiben vom 27. November 1998 kündigte das AK … das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Kündigung gelangte noch am selben Tag in den Hausbriefkasten des Klägers. Ihr liegt folgender unstreitiger Sachverhalt zugrunde:
Das … krankenhaus wurde nach seiner Schließung in kleinerem oder größerem Umfang als Motiv an Filmgesellschaften vermietet. Mit den Vertragsverhandlungen und mit dem Abschluß der sog. Motivverträge war der Kläger befaßt. 33 solcher Motivverträge wurden im Zeitraum von März 1998 bis November 1998 mit einem Gesamtvolumen von ca. DM 185.000,00 abgeschlossen. Auf die vom Kläger überreichte Aufstellung (Bl. 5-8 d. A.) wird verwiesen. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit erhielt der Kläger Zahlungen zwischen DM 100.00 und DM 1.600,00, von denen das AK Wandsbek und der beklagte Landesbetrieb nichts wußten und bei denen es sich nach der Darstellung des Klägers um Sonderzahlungen für von ihm geleistete Beratung und Betreuung der Filmgesellschaften handelte. Die Filmgesellschaften ließen sich die Zahlungen vom Kläger quittieren. In einem Fall ließ der Kläger die Rechnung eines Transportunternehmers über DM 649,99 auf eine der Produktionsfirmen ausstellen, obwohl es sich um einen Privattransport gehandelt hatte, den der Kläger selbst hätte bezahlen müssen. Die Beschreibung der fingierten Beförderungsleistung stammt vom Kläger. Die in der Rechnung als Empfänger ausgewiesene Produktionsfirma bezahlte die Rechnung anstelle des mit dem Kläger vereinbarten Honorars (Rechnung vom 17. August 998 – Bl, 37 d. A.)
Kenntnis von diesen Sonderzahlungen erhielt der Beklagte durch ein Schreiben der Fa. … Hamburg GmbH vom 18. November 1998. Im Berufungstermin überreichte die Beklagte ein weiteres Schreiben (vom 25. November 1998), das wie folgt lautet (Bl. 144 d. A.):
„LBK
Unternehmensleitung
Drehorf … krankenhaus
Sehr geehrter Herr …, anbei übergebe ich Ihnen, wie bei unserem Gespräch am 24.11.98 besprochen, die Quittungen der Produktionsfirmen.
Ich bitte Sie, diese Quittungen vertraulich zu behandeln und nicht an die Öffentlichkeit zu geben. Ich habe Ihnen genau aufgelistet, welche Quittungen zu welchen Produktionsfirmen gehören. Die Firmen haben uns die Unterlagen zur Verfügung gestellt und gehen davon aus, daß es für sie keine Folgen haben wird, daß sie das Geld an Herrn Hinck gezahlt haben.
Wenn Sie ‚Zeugen’ benötigen, bitte ich Sie, mich anzusprechen, damit wir Ihnen die entsprechenden Personen nennen können.
Falls Sie noch weitere Informationen benötigen, rufen Sie mich jederzeit an.
Mit freundlichen Grüßen gez.: …
Das Kündigungsschreiben hat folgenden Wortlaut (Bl. 11 d. A.):
„Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrter Herr …, das Allgemeine Krankenhaus … beendet das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Angestellter im Wege der außerordentlichen Kündigung gem. § 54 MTV Angestellte fristlos mit sofortiger Wirkung.
Begründung:
In Abstimmung mit dem kaufmännischen Direktor des AK …, dem kaufmännischen Direktor unseres Hauses und der Unternehmensleitung des LBK Hamburg wur...