Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Anwendung einer Regelung des Spruchs einer Einigungsstelle im Wege einstweiliger Verfügung auf Antrag des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Für ein Begehren des Betriebsrats auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Unterlassung der Anwendung einer Regelung des Spruchs einer Einigungsstelle fehlt es in der Regel am Eilbedürfnis. Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber dem Verfahren der Anfechtung von Regelungen einer Einigungsstelle gem. § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG keine aufschiebende Wirkung eingeräumt hat. Insoweit ist dem Durchführungsanspruch des § 77 Abs. 1 S. 1 BetrVG Vorrang einzuräumen, zumal die Entscheidung einer Einigungsstelle am Schluss eines gesetzlich geregelten Mitbestimmungsverfahrens steht. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Anwendung kommt daher nur dann in Betracht, wenn der angegriffene Spruch auf krassen Rechtsverstößen beruht (hier: verneint).
Normenkette
ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO § 920; BetrVG § 76 Abs. 5 S. 4; ArbGG § 87 Abs. 2 S. 1; ZPO § 936; BetrVG § 77 Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Entscheidung vom 20.05.2015; Aktenzeichen 3 BVGa 3/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 20.05.2015 - 3 BVGa 3/15 - wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Unterlassungsanspruch des antragstellenden Betriebsrates gegen die einen gemeinsamen Betrieb unterhaltenden Gesellschaften (im Folgenden: Arbeitgeberin) auf Unterlassung der Anwendung einer einzelnen Bestimmung eines Spruches der Einigungsstelle zum Thema "Einführung eines neuen Telefoniemodells" am Standort E.
Der Betriebsrat vertritt insoweit die Auffassung, die Einigungsstelle habe eine Regelung über ein sogenanntes "Monitoring" mit Echtzeitanzeige nicht treffen dürfen, da Regelungen bestehender Betriebsvereinbarungen über die Nutzung einer Telefonanlage und einer bestimmten Software dem entgegenstünden; des Weiteren verletze die inkriminierte Regelung die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten.
Die Arbeitgeberin hält demgegenüber die vorläufige Suspendierung eines Spruches der Einigungsstelle für unzulässig und meint, dessen Inhalt sei unter keinem Gesichtspunkt zu beanstanden.
Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 936; 922 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da gegen diese Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zweifelsfrei gemäß § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
B.
Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet, da das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrates abgelehnt hat.
I. Dem Antrag des Betriebsrates fehlt bereits der gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1, § 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO erforderliche Verfügungsgrund.
1. Im Beschlussverfahren gerichtet auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist neben dem materiellen Verfügungsanspruch ein Verfügungsgrund Voraussetzung für deren Zulässigkeit (vgl. Germelmann u.a., ArbGG, 8. Aufl. /Matthes/Spinner; § 85 ArbGG Rdnr. 35). Dieser Verfügungsgrund besteht in der Regel in einer besonderen Eilbedürftigkeit; d. h. es muss die Besorgnis bestehen, dass zur Abwendung der Gefahr eines Rechtsverlustes eine einstweilige Verfügung erforderlich ist.
2. Die Erforderlichkeit des Erlasses einer einstweiligen Verfügung im oben genannten Sinne ist nicht gegeben.
a. Die Beschwerdekammer hatte zu bedenken, dass das Begehren des Betriebsrates auf die vorläufige Unterlassung der Anwendung einer Regelung des Spruches einer Einigungsstelle ist, der im Übrigen in einem - noch nicht entschiedenen - Hauptsacheverfahren im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG angefochten wurde. Der Gesetzgeber hat dem Anfechtungsverfahren des § 76 Abs. 5 Satz 4 keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich einer Entscheidung der Einigungsstelle eingeräumt; insoweit ist dem Durchführungsanspruch des § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Vorrang einzuräumen, zumal die Entscheidung einer Einigungsstelle am Schluss eines gesetzlich geregelten Mitbestimmungsverfahrens steht (LAG Berlin, AiB 1995, S. 185 m.w.N.; zusammenfassend Zeppenfeld/Fries, NZA 2015, S. 647 m.z.N.), es also nicht um die Vereitelung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates geht.
Um diesem gesetzgeberischen Regelungszweck Rechnung zu tragen, sind an den Erlass einstweiliger Verfügungen, die die Durchführung eines Einigungsstellenspruches verhindern sollen, hohe Anforderungen zu stellen, wenn gar man sie nicht generell als unzulässig betrachten würde (vgl. LAG Frankfurt, Beschluss vom 08.11.1990, 14 TaBV 5/90). Voraussetzung sind aber in jedem Falle krasse Rechtsverstöße des angegriffenen Spruches, die zudem offensichtlich sind (so ausdrücklich LAG Köln, Beschluss vom 30.07.1999, 11 TaBV 35/99; LAG Baden-Württemberg, NZA 1990, S. 286; LAG Berlin a.a.O.).
b. Rechtsver...