Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahl. Nichtigkeit. Anfechtbarkeit. Wahlfälschung. Nachprüfbarkeit des Stimmverhaltens der Wöhler. eidesstattliche Versicherungen, Verwertbarkeit. Ermittlung der Mindestsitze für das Minderheitengeschlecht. Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Untersuchungsgrundsatz
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Wahlmanipulation der Betriebsratswahl kann im Beschlussverfahren nicht durch die Vorlage eidesstattlicher Versicherungen von Mitarbeitern über ihr Wahlverhalten oder aber durch Zeugeneinvernahme nachgewiesen werden. Dies folgt aus dem Grundsatz der geheimen Wahl, der nach § 14 Abs. 1 BetrVG auch für die Wahl des Betriebsrats gilt.
2. Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften i.S.v. § 19 Abs. 1 BetrVG liegt auch dann vor, wenn das Wahlausschreiben für die Betriebsratswahl den unzutreffenden Hinweis enthält, nach § 15 Abs. 2 BetrVG entfalle kein Betriebsratssitz auf das Minderheitengeschlecht.
Normenkette
BetrVG §§ 7, 9, 14 Abs. 1, § 15 Abs. 2, § 19 Abs. 1; WO § 5 Abs. 1; ArbGG § 83 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 08.11.2007; Aktenzeichen 3 BV 81/07) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 7 ABN 28/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller und der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 25., sowie die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 08.11.2007 – 3 BV 81/097 – werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer am 17.07.2007 durchgeführten Betriebsratswahl.
Die Antragsteller und Beteiligte zu 1. bis 23. sind wahlberechtigte Arbeitnehmer in den Betrieben der zu 25. und 26. beteiligten Arbeitgeberinnen. Der Beteiligte zu 24. ist der am 17.07.2007 neu gewählte dreiköpfige Betriebsrat.
Bei der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 25., die früher mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigte, war ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt.
Die Arbeitgeberin, die Beteiligte zu 25. beschäftigt heute noch 15 Arbeitnehmer, die Beteiligte zu 26. 18 Arbeitnehmer. Bei der inzwischen nicht mehr existierenden Firma K6 Logistik, der früher zu 27. beteiligten Arbeitgeberin, waren drei Arbeitnehmer beschäftigt.
Anlässlich der im Jahre 2006 stattfindenden Betriebsratswahl war zwischen den Beteiligten streitig, ob bei der Arbeitgeberin zu 25. noch mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer oder unter 20 Mitarbeiter beschäftigt waren. Die Betriebsratswahl vom 27.03.2006 wurde von der Arbeitgeberin zu 25. erfolgreich angefochten. Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.09.2006 – 2 BV 124/06 – wurde dem Anfechtungsantrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Die dagegen vom Betriebsrat zum Landesarbeitsgericht Hamm eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss der erkennenden Kammer vom 23.02.2007 – 10 TaBV 104/06 – zurückgewiesen. Auf die Gründe des Beschlusses vom 23.02.2007 wird Bezug genommen. Die hiergegen vom Betriebsrat eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht – 7 ABN 40/07 – wurde durch Beschluss vom 09.07.2007, dem Betriebsrat zugestellt am 18.07.2007, als unzulässig verworfen.
Während des laufenden Verfahrens über die vom Betriebsrat eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde trat der Betriebsrat am 16.05.2007 zurück und bestellte einen neuen Wahlvorstand, der aus den Mitarbeitern M5, Q1 und K7 bestand.
Der Wahlvorstand forderte die Arbeitgeberinnen daraufhin auf, Auskünfte für die Erstellung der Wählerliste zu erteilen. Mit Schreiben vom 30.05.2007 (Bl. 80 ff d.A.) kam die Arbeitgeberin zu 25. dem Begehren des Wahlvorstandes nach und überreichte dem Wahlvorstand eine Mitarbeiterliste der Arbeitgeberin zu 25.. Im Schreiben vom 30.05.2007 führte die Arbeitgeberin zu 25. ferner aus:
„Die von Ihnen angeforderten Mitarbeiterlisten für die Firmen P4-S13 GmbH und K6-Logistik können wir Ihnen nicht aushändigen, da wir einerseits hierfür nicht zuständig sind und andererseits diese hier auch nicht vorliegen. Wir bitten Sie daher, sich ggfls. direkt an die Geschäftsleitung der jeweiligen Unternehmen zu wenden.”
In der dem Wahlvorstand mitgeteilten Liste war auch die Mitarbeiterin M6 H5, geb. 28.03.1942, als „kaufmännische Aushilfe / 400 EUR Basis” enthalten.
Mit Schreiben vom 30.05.2007 teilte die Arbeitgeberin zu 25. dem Betriebsrat mit:
„Frau P5 ist auf eigenem Wunsch kurzfristig und unerwartet aus unserem Unternehmen ausgeschieden.
Als Ersatz für Frau P5 haben wir Frau H5 kurzfristig als Aushilfskraft in der kaufmännischen Abteilung eingestellt, da ansonsten Engpässe entstanden wären.”
Die Firma P4-S13 GmbH, die Beteiligte zu 26., überreichte dem Wahlvorstand ebenfalls eine Liste der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer (Bl. 86 d.A.).
Nach Erhalt dieser Auskünfte erließ der Wahlvorstand am 28.06.2007 das Wahlausschreiben (Bl. 700 – 702 d.A.).
Auf der vom Wahlvorstand angefertigten Wählerliste, die zunächst 8 Frauen und 27 Männer enthielt und später um einen weiteren, neu eingestellten Arbeitnehmer ergänzt wurde, fehlten die von den Arbeitgeberinnen angegebene...