Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Praktikanten auf Zahlung einer Vergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird die Durchführung eines Praktikums auf der Basis eines dreiseitigen Vertrages unter Beteiligung eines im Auftrag einer Agentur für Arbeit tätigen Bildungsträgers, eines Praktikanten und eines das Praktikum ermöglichenden Arbeitgebers abgeschlossen, steht dem sozialversicherungsrechtlich förderungsbedürftigen Praktikanten kein Anspruch auf Vergütung aus einem Arbeitsverhältnis zu, wenn das Praktikum nach dem Wortlaut der getroffenen dreiseitigen Vereinbarung Teil einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme i.S.d. § 51 SGB III ist und die tatsächliche Handhabung des Praktikums dem entspricht. Die einem Arbeitsverhältnis ähnlich starke Einbindung des Praktikanten in den Betrieb steht dem nicht entgegen, wenn dem Praktikanten als Teil der berufsvorbereitenden Maßnahme auch die Grundkompetenz vermittelt werden soll, sich in zeitliche, örtliche und organisatorische betriebliche Abläufe einfinden zu können.

(Parallelentscheidung zu LAG Hamm 1 Sa 664/14)

 

Normenkette

BGB §§ 611-612; SGB III § 51

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 16.07.2014; Aktenzeichen 5 Ca 768/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 16.07.2014 - 5 Ca 768/14 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger fordert vom Beklagten Arbeitsvergütung und stützt sich darauf, ein von den Parteien vereinbarten Praktika sei tatsächlich Arbeitsverhältnisse gewesen.

Der Beklagte betrieb unter der Bezeichnung S Markt T in C einen Lebensmittelmarkt. Die S Gruppe trennte sich vom Beklagten mit Wirkung zum 01.04.2014 und stellte dies in einen Kontext zum Rechtsstreit der Parteien und eines parallel gelagerten Streitverfahrens.

Der 1990 geborene Kläger erlangte 2007 seinen Hauptschulabschluss. Im Anschluss absolvierte er eine Bildungsmaßnahme beim Bildungsträger J Gesellschaft für Beschäftigung, Bildung und soziale Dienste mbH. 2008 nahm der Kläger eine Ausbildung zum Industrieisolierer auf, die er in diesem Jahr auch wieder beendete.

Ausweislich einer vom Kläger vorgelegten "Lehrgangsvereinbarung für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen", wegen deren Inhalts auf Bl. 158 ff d.A. verwiesen wird, nahm der Kläger ab dem 26.11.2012 an einem vom Bildungsträger J Gesellschaft für Beschäftigung, Bildung und soziale Dienste mbH - Bildungszentrum C - (im Folgenden: JC) durchgeführten Lehrgang teil, den der JC nach § 1 S. 2 der Lehrgangsvereinbarung in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit C und den zuständigen Berufskollegs durchführte. Das Ende des Lehrgangs war auf den 04.09.2013 festgelegt. Nach § 2 der Lehrgangsvereinbarung war es Ziel des Lehrgangs, den Teilnehmern besondere Hilfen zur Verfügung zu stellen, die ihnen die Aufnahme einer Berufsausbildung oder einer Arbeitnehmertätigkeit ermöglichen sollten. Weiter war festgehalten, dass die Teilnehmer während des Lehrgangs berufspraktische Fertigkeiten sowie allgemeinbildende und fachliche Kenntnisse eines oder mehrerer Berufsfelder erwerben, Praktika absolvieren und Arbeits- und Sozialverhalten eintrainieren würden. § 4 der Vereinbarung hielt fest, dass der Lehrgang durch Bildungsbegleiter begleitet werde, deren Aufgabe es sei, die Teilnehmer in beruflichen Belangen zu unterstützen und zu fördern. Der Träger verpflichtete sich, den Kläger bei der zuständigen Berufsgenossenschaft gegen Wege- und Betriebsunfälle zu versichern und ihm am Ende der Maßnahme eine Teilnahmebescheinigung sowie ein Zertifikat über die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse auszustellen. § 5 der Lehrgangsvereinbarung sah Betriebspraktika als verpflichtende Bestandteile der Maßnahme vor und hielt fest, der Kläger müsse die ihm durch den Bildungsträger, das Berufskolleg oder die Praktikumsstelle übertragenen Aufgaben gewissenhaft erfüllen und den Weisungen des zuständigen Personals Folge leisten.

Die Kläger erhielt auf der Basis eines Bewilligungsbescheids vom 30.11.2012 von der Agentur für Arbeit eine Berufsausbildungsbeihilfe gem. § 56 SGB III in Höhe von 262 € monatlich, der sich aus einem Betrag in Höhe von 216,00 € als Bedarf für den Lebensunterhalt und weiteren 46,35 € an Fahrtkosten zusammensetzte. Der Bewilligungsbescheid umfasste den Zeitraum vom 26.11.2012 bis zum 04.09.2013. Während des gesamten Zeitraums bezog der Kläger die Beihilfe. Der Beklagte zahlte dem Kläger keine Vergütung.

Der Kläger bewarb sich bei dem Beklagten um einen Ausbildungsplatz als Verkäufer. Auf der Basis eines vom Bildungsträger JC zur Verfügung gestellten Formulars schloss der Kläger mit dem Beklagten und dem JC einen dreiseitigen Praktikumsvertrag ab. Im Praktikumsvertrag, der in § 1 eine Dauer des Praktikums vom 06.12.2012 bis zum 11.01.2013 vorsah, war festgehalten, dass der Kläger als Praktikant seit dem 26.11.2012 an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaß...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge