Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeit. Antrag. Wirksamkeit. Ablehnung. Betriebliche Gründe. Montagebetrieb
Leitsatz (amtlich)
Einstweilige Verfügung zur vorläufigen Regelung der Arbeitszeit gem. § 8 TzBfG
1. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG kann unter den Voraussetzungen der sog. Leistungsverfügung durch Erlass einer gerichtlichen Interimsregelung vorläufig realisiert werden.
2. Wahrt der Teilzeitantrag des Arbeitnehmers nicht die Dreimonatsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG, so führt dies nicht zur Unwirksamkeit des Antrages, sondern allein zu einer zeitlichen Hinauszögerung der Antragswirkung.
3. Zum Vorliegen betrieblicher Ablehnungsgründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG in einem Montageunternehmen gegenüber dem Begehren eines Monteurs, die vertragliche Arbeitszeit auf zwei Arbeitstage/Woche zu verringern.
4. Dient die begehrte Verringerung der Arbeitszeit dem Ziel der Betreuung eines Kindergartenkindes im Wechsel mit dem ebenfalls berufstätigen Ehegatten, so kann der Antragsteller im Rahmen der Prüfung des „Verfügungsgrundes” nicht auf eine Fremdbetreuung durch eine Kindertagesstätte o.ä. verwiesen werden.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 2, 4
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 10.04.2002; Aktenzeichen 1 Ga 10/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 10.04.2002 – 1 Ga 10/02 – abgeändert:
1. Im Wege der einstweiligen Verfügung werden Dauer und zeitliche Lage der Arbeitszeit des Verfügungsklägers bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils im Hauptsacheverfahren wie folgt geregelt:
Die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers beschränkt sich auf 2/5 der Wochenarbeitszeit, welche an zwei vom Arbeitgeber festzulegenden, ersatzweise – bei Fehlen einer arbeitgeberseitigen Bestimmung – an den Wochentagen Dienstag und Mittwoch zu leisten ist.
2. Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, den Verfügungskläger nach Maßgabe der vorstehenden Regelung als Schlosser zu beschäftigen.
3. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Verfügungskläger, welcher im Hauptsacheverfahren vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen einen Anspruch auf Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG verfolgt, eine vorläufige gerichtliche Regelung seiner Arbeitszeit für die Dauer des Hauptsacheverfahrens.
Der am 13.12.14xx geborene, verheiratete Verfügungskläger ist aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages seit dem 01.10.1987 bei der Verfügungsbeklagten als Schlosser im Bereich Instandhaltung, Reparatur, Austausch und Neuerstellung von Rohrleitungen beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrages die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Der Verfügungskläger ist eingruppiert in Lohngruppe VII und erhält als Montagearbeiter als Zuschlag zum Tariflohn eine Montagezulage, ferner Fahrgeld und Auslösung. Die Verfügungsbeklagte beschäftigt in dieser Lohngruppe etwa 200 bis 250 Schlosser mit teils unterschiedlicher Zusatzqualifikation.
In der Vergangenheit (1992 bis 1996) war der Verfügungskläger schwerpunktmäßig auf den Baustellen C1x M4xx, V3xx H3xxx, C1x H4xxx, V3xx S3xxxxxx, W2xxxxxxx S4xxxx. R3xx G1xxxxxxxxxxx-B3xx und B4xxx A1 H6xxx eingesetzt. Sodann – offenbar mit Ausnahme des Jahres 1998 – bis zum Antritt des Erziehungsurlaubes ab April 1999 war der Verfügungskläger durchgehend auf der Dauerbaustelle der Firma V3xx O1x AG in G1xxxxxxxxxxx-S3xxxxxx tätig. Hier sind nach Angaben der Verfügungsbeklagten im Bereich der DSM etwa 15 Isolierer und 35 weitere gewerbliche Arbeitnehmer sowie im Bereich der BP 120 gewerbliche Arbeitnehmer der Verfügungsbeklagten eingesetzt, wovon 30 bis 40 als Schlosser in Arbeitskolonnen oder Teams von mindestens 2 Arbeitnehmern tätig sind.
Am 08.04.1999 ist der Verfügungskläger Vater einer Tochter geworden und hat daraufhin den dreijährigen Erziehungsurlaub (Elternzeit) in Anspruch genommen, welcher zum 08.04.2002 endete. Mit Einschreiben vom 27.12.2001 (Bl. 12 d.A.) machte er einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit von 35 auf 14 Wochenstunden sowie die Verteilung auf jeweils 7 Stunden dienstags und mittwochs geltend. Dieses Schreiben konnte der Verfügungsbeklagten zunächst feiertagsbedingt nicht zugestellt werden. Nachdem das bei der Post niedergelegte Schreiben nicht abgeholt wurde und von dort an den Verfügungskläger zurückgelangte, überbrachte der Verfügungskläger am 16.01.2002 das Schreiben der Verfügungsbeklagten persönlich. Diese lehnte mit Schreiben vom 01.03.2002 den Antrag auf Teilzeitarbeit mit der Begründung ab, dass Teilzeit aus betrieblichen Gründen nicht möglich sei.
Nach erfolglosen Verhandlungen machte der Verfügungskläger mit seinem am 04.04.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend, er sei dringend auf die ...