Entscheidungsstichwort (Thema)
Formularmäßige Vereinbarung der Verpflichtung zur Rückzahlung von Fortbildungskosten bei "auf Wunsch des Mitarbeiters" zurückgehender Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Die "auf Wunsch des Mitarbeiters" zurückgehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses meint die unterschiedslose Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Knüpft daran eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten an, differenziert diese nicht ausreichend und ist unangemessen benachteiligend i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB.
Normenkette
BGB § 307
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 27.03.2019; Aktenzeichen 1 Ca 2177/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 27.03.2019 - 1 Ca 2177/18 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die klagende Arbeitgeberin fordert vom beklagten Arbeitnehmer Rückzahlung von Fort- und Ausbildungskosten.
Auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 13.01.2015 beschäftigte die Klägerin den Beklagten seit dem 15.01.2015 als Gesundheits- und Krankheitspfleger. Am 22.06.2016 schlossen die Parteien einen "Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel" (im Folgenden: Fortbildungsvertrag), auf dessen Basis der Beklagte vom 01.11.2016 bis zum 31.10.2018 eine Fachweiterbildung Intensivpflege/Anästhesie mit integrierter Ausbildung zum Praxisanleiter (DKG) absolvierte, die er bereits Ende September 2018 erfolgreich abschloss. Während des Lehrgangs wurde der Beklagte in einem Umfang von 670 Stunden unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt, um an der Fortbildung teilnehmen zu können. Die dafür anfallenden Vergütungskosten bezifferte die Klägerin mit 15.235,48 €. Die Kosten des Lehrgangs waren in der Fortbildungsvereinbarung mit 5.300,00 € angegeben. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 12.07.2018 ordentlich und fristgerecht zum 30.09.2018.
Der Fortbildungsvertrag regelt in § 2 Folgendes:
"§ 2 Rückzahlungspflicht
(1) Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die der Ev.Krankenhausgemeinsch. IgGmbH entstandenen Auswendungen für die Weiterbildung, einschließlich der für die Zeit der Freistellung gezahlte Vergütung, zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung der Fortbildung auf Wunsch dem Mitarbeiter (sic!) beendet wird oder das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund, den der Mitarbeiter zu vertreten hat oder ordentlich aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird. Ebenfalls liegt eine Rückzahlungsverpflichtung für den gleichen Zeitraum vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch dessen vertragswidriges Verhalten veranlasst im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird."
Mit Schreiben vom 17.07.2018 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die von ihr verauslagten Fortbildungskosten in Höhe von 17.112,90 € bis zum 30.09.2018 zurückzuzahlen. Die Klägerin verrechnete in der Folge einen Teilbetrag mit Gegenansprüchen und machte zuletzt einen noch offenen Betrag in Höhe von 13.628,15 € geltend.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, § 2 Abs. 1 des Fortbildungsvertrages sei dahingehend zu verstehen, dass lediglich die grundlose Kündigung aus freien Stücken zu einer Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichte. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Begriffe "Wunsch des Mitarbeiters" in der Fortbildungsvereinbarung einheitlich auszulegen seien. So halte § 1 Abs. 2 Satz 1 des Fortbildungsvertrages fest, dass die Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung auf Wunsch des Beklagten erfolge. Die in § 2 Abs. 1 des Fortbildungsvertrages vereinbarte Formulierung sei gleichermaßen zu verstehen. Gewollt hätten die Parteien, dass nur eine ohne Einflussnahmen der Klägerin ausgelöste Eigenkündigung des Beklagten zur Rückzahlung verpflichte. Dies ergebe sich auch aus einem Vergleich der einzelnen Rückzahlungsalternativen, die § 2 Abs. 1 des Fortbildungsvertrages enthalte. Der Beklagte wäre demgemäß nicht zur Rückzahlung verpflichtet gewesen, sofern die Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus ihrer Sphäre gestammt hätten. § 2 Abs. 1 des Fortbildungsvertrages sei vor diesem Hintergrund nicht unangemessen benachteiligend i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.628,15 € zuzüglich Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2018 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, er habe das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil er nach C umgezogen sei, um dort einen nahen Familienangehörigen besser pflegen zu können. Er hat die Auffassung vertreten, § 2 des Fortbildungsvertrages benachteilige ihn unangemessen. Die Rückzahlungsklausel differenziere nicht ausreichend nach dem Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Klausel sei auch nicht teilbar. Auch im Wege eines sogenannten Blue-Pencil-Tests könne die Wirksamkeit der Klausel nicht hergestellt werden.
Mit Urteil vo...