Rückzahlung von Fortbildungskosten bei krankheitsbedingter Eigenkündigung?
In vielen Fällen übernehmen Arbeitgeber die Kosten für Fortbildungen. Wenn Mitarbeitende kurz darauf das Unternehmen verlassen, führt dies immer wieder zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Damit Beschäftigte ihre neu gewonnenen Kenntnisse auch sicher für eine gewisse Zeit im Unternehmen einsetzen, werden Fortbildungsvereinbarungen in der Praxis zumeist mit einer Rückzahlungsklausel versehen. Eine solche hatte vor dem BAG im vorliegenden Fall keinen Bestand. Eine Rückzahlungspflicht bei einer gesundheitsbedingten Eigenkündigung benachteilige die betroffene Arbeitnehmerin unangemessen, entschieden die obersten Arbeitsrichter.
Der Fall: Arbeitgeber fordert Rückzahlung von Fortbildungskosten
Von Juni 2017 bis Januar 2020 war die Arbeitnehmerin als Altenpflegerin in einer Reha-Klinik beschäftigt. 2019 nahm sie an einer Fortbildung zum "Fachtherapeut Wunde ICW" an 18 Arbeitstagen teil. Der mit dem Arbeitgeber geschlossene Fortbildungsvertrag regelte, dass der Arbeitgeber die Kosten übernimmt, während die Arbeitnehmerin sich für mindestens 6 Monate nach dem Ende der Fortbildung zu einer Bindung an den Arbeitgeber verpflichtete. Unter anderem für den Fall einer vorzeitigen Eigenkündigung wurde zudem eine Rückzahlungspflicht vereinbart.
Rückzahlung von Fortbildungskosten wegen vorzeitiger Kündigung
Als die Arbeitnehmerin nach erfolgreich abgeschlossener Fortbildung fristgerecht zu Februar 2020 kündigte, forderte der Arbeitgeber im Hinblick auf die Rückzahlungsklausel im Vertrag, die Kosten von ihr anteilig zurück. Die Altenpflegerin verweigerte dies mit der Begründung, dass sie aus gesundheitlichen Gründen gekündigt habe. Die Klausel benachteilige sie unangemessen, da sie das Arbeitsverhältnis unverschuldet nicht weiterführen könne.
BAG: Unwirksame Rückzahlungsklausel im Vertrag
Das BAG teilte ihre Auffassung und erklärte die Klausel zur Rückzahlungsverpflichtung im Fortbildungsvertrag für unwirksam, da sie die Arbeitnehmerin unangemessen benachteilige. Das Gericht stellte zunächst klar, dass Rückzahlungsvereinbarungen über Fortbildungskosten grundsätzlich zulässig sind. Im Einzelfall könnten sie Arbeitnehmende jedoch unangemessen benachteiligen. Das Gericht wies in diesem Fall darauf hin, dass es nicht zulässig sei, die Rückzahlungspflicht allein an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung der Beschäftigten innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen.
Arbeitgeber muss bei Rückzahlungsklausel differenzieren
Hier müsse vielmehr nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Nach gängiger Rechtsprechung benachteiligt eine Verpflichtung zur Kostenübernahme bei vorzeitigem Ausscheiden Arbeitnehmende unangemessen, wenn diese es nicht in der Hand haben, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen, wie beispielsweise bei vertragswidrigem Verhalten des Arbeitgebers. Gleiches sei anzunehmen, wenn es Arbeitnehmenden wie vorliegend krankheitsbedingt unverschuldet und auf Dauer nicht möglich sei, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Auch dann ist nach Auffassung der BAG-Richter eine Bindung der Beschäftigten an das "sinnentleerte" Arbeitsverhältnis unangemessen und nicht gerechtfertigt.
Hinweis: BAG, Urteil vom 1. März 2022, Az: 9 AZR 260/21; Vorinstanz: LAG Nürnberg, Urteil vom 26. März 2021, Az: 8 Sa 412/20
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