Keine Rückzahlungsverpflichtung für Fortbildungskosten
Die berufliche Fortbildung von Arbeitnehmern liegt im Interesse des Arbeitgebers. Oft übernimmt er daher die Kosten, in der Erwartung, dass der Arbeitnehmer mit den neuen Kenntnissen das Unternehmen verstärkt. Nach gängiger Rechtsprechung sind Rückzahlungsvereinbarungen grundsätzlich zulässig, mit denen der Arbeitgeber seine Kostenübernahme an eine Verpflichtung des Arbeitnehmers knüpft, die Kosten zurückzuzahlen, falls er kurzfristig das Unternehmen verlässt. Allerdings hat die Rechtsprechung hier hohe Anforderungen, wie auch der vorliegende Fall zeigt: Die vertragliche Rückzahlungsklausel erachtete das LAG Mecklenburg-Vorpommern für unwirksam, die Voraussetzungen für die tarifliche Norm als nicht erfüllt.
Arbeitgeber fordert Kosten für Fortbildung zurück
Im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens musste der Arbeitgeber im Herbst 2014 nachweisen, dass er über mindestens zwei Fachpfleger für Intensivpflege und Anästhesie verfügt. Da es für ihn zu der Zeit nicht möglich war, Fachkräfte mit dieser Qualifizierung auf dem Arbeitsmarkt zu finden, informierte er mit einem Aushang darüber, dass er beabsichtige, zwei Mitarbeiter zu Fachpflegern für Intensivpflege und Anästhesie zu qualifizieren. Hierzu sollten sie eine zweijährigen Fachweiterbildung absolvieren, die zu einem staatlich anerkannten Abschluss führte. Die Arbeitnehmerin begann die Weiterbildung im Jahr 2014 und schloss sie 2016 erfolgreich ab. 2017 kündigte sie das Arbeitsverhältnis, worauf der Arbeitgeber die Rückzahlung der Fortbildungskosten in Höhe von rund 38.500 Euro forderte.
Rückzahlung der Fortbildungskosten bei Kündigung
Der Arbeitgeber war überzeugt, die Arbeitnehmerin müsse aufgrund einer getroffenen Rückzahlungsvereinbarung sowie einer Vereinbarung im Manteltarifvertrag die Fortbildungskosten komplett zurückzahlen. Denn die tariflichen Regelungen enthielten eine umfassende und abschließende Regelung zur Rückzahlung. Zudem hatte der Arbeitgeber nach diversen Gesprächen mit der Mitarbeiterin die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber und eine Rückzahlungsverpflichtung der Arbeitnehmerin in einer Fortbildungsvereinbarung festgehalten.
Rückzahlungsklausel im Vertrag war unwirksam
Die Klage des Arbeitgebers hatte jedoch keinen Erfolg. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern führte in seinem Urteil aus, dass die die Rückzahlungsvereinbarung im Fortbildungsvertrag unwirksam sei, da diese erst mehr als ein halbes Jahr nach Beginn der Ausbildung unterzeichnet wurde.
Die Richter machten deutlich, dass nach ständiger BAG-Rechtsprechung die Vereinbarung einer Rückzahlung von Ausbildungskosten durch den Arbeitnehmer nur dann zulässig sei, wenn dieser mit der Ausbildung eine angemessene Gegenleistung für diese Rückzahlungsverpflichtung erhalten habe. Auch müsse dem Arbeitnehmer vor Beginn des Vertragsverhältnisses, vorliegend des Fortbildungsvertrages, klar sein, unter welchen Voraussetzungen und in etwa welcher Höhe die Vergütung zurückgezahlt werden müsse.
Rechtsfolgen waren nicht absehbar
Die Arbeitnehmerin habe bei Fortbildungsbeginn die Folgen, insbesondere die Bindung an den Arbeitgeber und die Rückzahlungsverpflichtungen, sowie die Folgen eines „Ausbildungsabbruchs“ nicht absehen können, da sie sich zu diesem Zeitpunkt noch in der arbeitsvertraglichen Probezeit des zudem sachgrundlos zeitbefristeten Arbeitsverhältnisses befand.
Rückzahlungsverpflichtung aufgrund Tarifvertrag?
Auch nach dem geltenden Tarifvertrag ergab sich für das LAG keine Rückzahlungsverpflichtung der Arbeitnehmerin. Nach diesem müsse die Fortbildung einerseits auf Veranlassung des Arbeitgebers stattfinden, andererseits „im Rahmen des Personalbedarfs“. Die zweite Voraussetzung für die tarifliche Norm fehle vorliegend, urteilten die Richter. Eine Fortbildung erfolge nur dann „im Rahmen des Personalbedarfs“, wenn beim Arbeitgeber in einem dreijährigen Bindungszeitraum wahrscheinlich Stellen zu besetzen seien, für die eine durch die Weiterbildung erworbene Qualifikation Voraussetzung sei.
Keine Bindung - keine Rückzahlungsverpflichtung
In diesem Fall wurde die Arbeitnehmerin aber auch nach ihrer Fortbildung nicht im Bereich der Intensivpflege und Anästhesie eingesetzt, es gab auch keine derartige Planung. Die Qualifikation diente vielmehr in ganz überwiegendem Umfang dem Arbeitgeber, der hierauf für die Zertifizierung und Abrechnung gegenüber den Kostenträgern angewiesen war. Die Fortbildung rechtfertigte nach Auffassung des LAG somit keine Bindung der Arbeitnehmerin.
Hinweis: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.05.2018, Az: 2 Sa 215/17
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