Entscheidungsstichwort (Thema)
Formularmäßige Vereinbarung der Rückzahlung von Fortbildungskosten auch im Falle einer berechtigten personenbedingten Eigenkündigung des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Lässt eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten auch für den Fall einer berechtigten personenbedingten Eigenkündigung des Arbeitnehmers einen Rückzahlungsanspruch entstehen, differenziert sie nicht ausreichend nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens. Sie benachteiligt den beklagten Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist damit unwirksam.
Normenkette
GG Art. 12; BGB §§ 244, 307
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 05.12.2017; Aktenzeichen 5 Ca 1985/17) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.12.2017 - 5 Ca 1985/17 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung, um die Rückzahlung von Fortbildungskosten.
Auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 05.08.2016 nahm der Beklagte bei der Klägerin - einer Fluggesellschaft - ab dem 15.08.2016 eine Tätigkeit als Verkehrspilot und Commander für das Flugzeugmuster Bombardier Challenger 300 zu einem Bruttomonatsverdienst von 7.500 € auf. Nach § 2 Abs. 3 S. 4 des Arbeitsvertrages wurde dieser unter der Bedingung geschlossen, dass der Kläger über eine gültige EASA-FCL Lizenz samt Type Rating vor dem Dienstantritt verfügen würde. Der Beklagte konnte zwar eine Lizenz aufweisen, doch musste er eine gesetzlich vorgeschriebene, jährlich erforderliche Fortbildung absolvieren, um die Musterberechtigung aufrechtzuerhalten.
An einer solchen Fortbildung nahm der Beklagte zu Beginn des Arbeitsverhältnisses vom 15. bis zum 19. August 2016 in B teil. Dazu schloss er mit der Klägerin eine "Fortbildungsvereinbarung als Nebenabrede zum Arbeitsvertrag", bei der es sich um von der Klägerin formulierte allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.
Ausweislich der Regelung in Ziff. 2.1 der Fortbildungsvereinbarung beliefen sich die Kosten der Fortbildung auf 21.818 US-Dollar. In Ziff. 3 der Fortbildungsvereinbarung hielten die Parteien unter der Überschrift "Rückzahlungspflicht" Folgendes fest:
3.1. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zur Rückzahlung der von der Arbeitgeberin getragenen Fortbildungskosten gemäß Klausel Ziff. 2.1 oben, falls er vor dem 28.02.2017 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin ausscheidet, weil (i) das Arbeitsverhältnis aus einem nicht von der Arbeitgeberin veranlassten, auch nicht mitveranlassten Grund, durch den Arbeitnehmer gekündigt wird; (ii) dem Arbeitnehmer seitens der Arbeitgeberin aus einem von dem Arbeitnehmer zu vertretenden Grund gekündigt wird oder (iii) ein Aufhebungsvertrag zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmer in Folge von verhaltensbedingten Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers geschlossen wird."
3.2 Der zurückzuzahlende Betrag bezieht sich auf den in Klausel 2.1 genannten Betrag. Für jeden vollen Kalendermonat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin vermindert sich der Rückzahlungsbetrag um ein Sechstel (1/6), d.h. um 3.636,34 US$.
3.3 Der jeweilige Rückzahlungsbetrag ist zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis in voller Höhe fällig und kann gegen pfändbare finanzielle Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis aufgerechnet werden.
3.4 Die Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers besteht auch dann, wenn er die Fortbildung vorzeitig ohne wichtigen Grund abbricht oder das Fortbildungsziel schuldhaft nicht erreicht.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der sechsmonatigen Probezeit zum 13.02.2017. Die Klägerin forderte den Beklagte mit Schreiben vom 09.02.2017 u.a. auf, Fortbildungskosten in Höhe von 3.279,61 € zu zahlen. Dies lehnte der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 09.02.2017 ab. Ein erneutes Aufforderungsschreiben vom 23.02.2017, mit dem die Klägerin eine Zahlung aus der Fortbildungsvereinbarung vom 05.08.2018 in Höhe von "USD 3.636,34 = € 3.279,61" geltend machte, blieb ohne Folgen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aus der rechtswirksamen Rückzahlungsvereinbarung vom 05.08.2018 stünde ihr der geltend gemachte Anspruch zu. Sie habe dem Beklagten eine Fortbildung ermöglicht, die der Aufrechterhaltung der Musterberechtigung diene. Den dadurch erlangten beruflichen Vorteil könne der Beklagte nicht nur innerbetrieblich nutzen. Die Verlängerung der Musterberechtigung stelle für den Beklagten einen erheblichen Erwerbs- und Einstellungsvorteil auf dem Arbeitsmarkt dar. Sie hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, sie könne trotz des in US-Dollar ausgedrückten Rückforderungsbetrags unter Berücksichtigung des Wechselkurses im Zeitpunkt des Ausgleichs der Rechnung am 05.08.2016 eine Zahlung in Euro einklagen. Soweit der Beklagt...