Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch einer JAV-Vertreterin auf Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Verpflichtung zur Übernahme eines JAV-Vertreters gem. §§ 78a Abs. 2 S.1 BetrVG, 7 Abs. 4 LPVG NW trifft ausschließlich die natürliche oder juristische Person, die mit dem Auszubildenden ein Berufsausbildungsverhältnis begründet hat.
2. War die Auszubildende Mitglieder einer Schwesterschaft, so besteht der Anspruch auf Weiterbeschäftigung aufgrund der Wahrnehmung der Funktion als JAV-Vertreterin gegenüber dieser und nicht gegenüber dem Klinikum, in dem sie ausgebildet wurde.
Normenkette
LPVG NW § 7 Abs. 1, 3; BetrVG § 78a
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 24.10.2014; Aktenzeichen 4 Ca 383/14) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Vklinikums wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 24.10.2014 - 4 Ca 383/14 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Verlangens der Klägerin nach § 7 LPVG NW; hilfsweise begehrt sie die Annahme ihres Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrages.
Die 1989 geborene Klägerin schloss am 19.03.2010 mit dem E-Schwesternschaft Westfalen e.V. (im Folgenden kurz: E-Schwesternschaft) einen Ausbildungsvertrag. Danach wurde sie mit Wirkung ab 01.05.2010 als Mitglied der E-Schwesternschaft zur Ausbildung als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin an der Kranken- und Kinderkrankenpflegeschule des beklagten Vklinikums, für das als Anstalt des öffentlichen Rechts die Bestimmungen des LPVG NW gelten, aufgenommen (Bl. 8 d. A.).
Dem liegt ein zwischen dem beklagten Vklinikum und der E-Schwesternschaft geschlossener "Änderungsvertrag zum Gestellungsvertrag" zugrunde. Danach übernimmt die E-Schwesternschaft im Vklinikum - zusammen mit dem von diesem eingesetzten Pflegepersonal - u.a. die Kranken- und Kinderkrankenpflege durch Gesundheits- und Kranken-/Kinderkrankenpflegerinnen (Gestellungspersonal).
§ 7 des Vertrages lautet:
"Für die im Einvernehmen mit dem UK von der Schwesternschaft eingesetzten Schülerinnen und Schüler gelten die für die Schwestern getroffenen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Ausbildungsbestimmungen entsprechend, sofern dieser Vertrag nicht eine andere Regelung ausdrücklich vorsieht."
Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird verwiesen auf die mit Klageschriftsatz vom 28.02.2014 eingereichte Kopie (Bl. 10 ff. d. A.).
Seit März 2012 war die Klägerin Mitglied der beim beklagten Vklinikum gebildeten Jugend- und Auszubildendenvertretung (im Folgenden kurz: JAV).
Nachdem sie im ersten Versuch die Abschlussprüfung nicht bestanden hatte, wurde ihr Ausbildungsvertrag bis zum 31.12.2013 bzw. bis zum Bestehen der Prüfung verlängert.
Mit Schreiben vom 16.12.2013 (Bl. 16 d. A.) verlangte sie dann vom beklagten Vklinikum, gestützt auf § 7 Abs. 3 LPVG NW, ihre Weiterbeschäftigung über den 18.10.2013, an dem sie ihre Abschlussprüfung mit der Note "ausreichend" ablegte, hinaus.
Mit Schreiben vom 23.12.2013 (Bl. 17 f. d. A.) verweigerte das beklagte Vklinikum die Übernahme in ein Anstellungsverhältnis, während es alle anderen Auszubildenden des Ausbildungsjahrganges der Klägerin, die ihre Abschlussprüfung bestanden haben, bei einem entsprechenden Willen übernommen hat.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Bestimmung des § 7 Abs. 3 LPVG NW sei einschlägig. Das beklagte Vklinikum müsse insoweit als Arbeitgeber angesehen werden, weil sie, die Klägerin, ihr Amt als JAV-Vertreterin gegenüber dem dortigen Dienststellenleiter ausgeübt habe und deshalb insoweit eines Amtsschutzes bedürfe. Wenn im Jahre 2011 von Seiten des Gesetzgebers eine Zuordnung gestellter Beschäftigter zur aufnehmenden Dienststelle mit dem damit verbundenen aktiven und passiven Wahlrecht zur JAV erfolgt sei, müsse dies zur Folge haben, dass die damit verbundenen Schutzrechte auch von der aufnehmenden Dienststelle zu gewähren seien.
Hilfsweise sei das beklagte Vklinikum verpflichtet, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, weil sie, die Klägerin, wegen ihrer Mitgliedschaft in der JAV benachteiligt worden sei. Sie sei nämlich als einzige Auszubildende ihres Jahrgangs nicht übernommen worden.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 19.12.2013 ein Arbeitsverhältnis besteht,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin zu den Bedingungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder mit Wirkung ab dem 19.12.2013 anzunehmen.
Das beklagte Vklinikum hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat ausgeführt, dass die E-Schwesternschaft ausschließlicher Vertragspartner gewesen sei, so dass die Klägerin nur dieser gegenüber das im Verhältnis zum Arbeitgeber bestehende Recht auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis geltend machen könne. Zwar sei die Kläg...