Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Regelungen eines Besserungsscheines wegen Insolvenzantragstellung. kein Ersatz der Anwaltskosten für die Anmeldung zur Insolvenztabelle Berichtigungsbeschluss Berichtigung unrichtiger oder unvollständiger Verlautbarungen des vom Gericht Gewollten
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausdruck „Besserungsschein-’stammt aus der Insolvenzpraxis und hat dort seinen festen Sinn: Er bedeutet, dass die Gläubiger, die im Rahmen eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs zum Zweck der Erhaltung der Liquidität des Schuldners auf einen Teil ihrer Forderung verzichtet haben, Nachzahlungen erhalten, wenn und soweit sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners bessern (Eintritt des Besserungsfalles).
2. Je nach seiner Ausgestaltung handelt es sich bei dem Besserungsschein entweder
- um einen unbedingten Forderungsverzicht mit aufschiebend bedingter Neuverpflichtung,
- um einen unbedingten Forderungsverzicht mit auflösend bedingtem Wiederaufleben der Altverpflichtung,
- um ein aufschiebend bedingtes Schuldanerkenntnis, oder
- um eine Stundung mit aufschiebend bedingter Fälligkeit.
3. Ist von den Parteien der Besserungsvereinbarung gewollt, dass die Forderung nur im Besserungsfall wiederauflebt, dann stellt sie keine Insolvenzforderung dar, denn bis zu dem völlig unwahrscheinlichen Bedingungseintritt bleiben die Forderungen der Arbeitnehmer infolge des Forderungsverzichts erlassen (§ 397 BGB). Gleiches gilt, wenn für den Besserungsfall das Entstehen einer Neuverpflichtung vereinbart wird, denn bis zu dem völlig unwahrscheinlichen Bedingungseintritt sind für die infolge des Forderungsverzichts erlassenen (§ 397 BGB) Forderungen der Arbeitnehmer nicht einmal Hoffnungsschimmer gegeben.
4. Haben die Tarifvertragsparteien eines Flächentarifvertrages Zum Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze in Ergänzungstarifverträgen mit einem Arbeitgeber Jahr für Jahr den Verzicht auf die Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld gegen Gewährung von Prämienzahlungen aus jährlich fortgeschriebenen Besserungsscheinen vereinbart und desweiteren für den Fall der Stellung eines Insolvenzantrages durch die Geschäftsführung festgelegt:
LS Berichtigungsbeschluss
1. Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in einem Urteil vorkommen, sind entweder auf Antrag oder jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen (§ 319 Abs. 1 ZPO). Gleiches gilt für offensichtliche Auslassungen, Übertragungsfehler sowie unrichtige oder unvollständige Verlautbarungen des vom Gericht Gewollten.
2. Letzteres ist der Fall, wenn die Erklärung des richterlichen Willens hinsichtlich der Entscheidung von der bei der Urteilsfällung vorhandenen Willensbildung abweicht. Es darf sich nur um eine Unstimmigkeit zwischen Willen und Erklärung des Gerichts handeln, denn mit Hilfe der Vorschrift des § 319 Abs. 1 ZPO kann das bei der Urteilsfällung Gewollte nicht geändert, darf also eine falsche Willensbildung nicht korrigiert werden.
Normenkette
ArbGG § 12a Abs. 1; InsO §§ 28, 38, 108 Abs. 2, §§ 119, 174; BGB § 397; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 4; ZPO § 319
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 25.11.2004; Aktenzeichen 1 (3) Ca 1808/04) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Insolvenzverwalters wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 25.11.2004 – 1 (3) Ca 1808/04 – teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass dem Kläger in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma W1xxxxxx GmbH – über einen bereits zur Insolvenztabelle anerkannten Betrag von 6.227,57 EUR – ein weitere nicht nachrangige Forderung von (nur) 7.725,33 EUR zusteht.
Im Übrigen werden die weitergehende Berufung zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/15 und der beklagte Insolvenzverwalter zu 14/15 zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt unverändert 8.273,78 EUR.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Bestehen einer Insolvenzforderung aus einem Besserungsschein.
Der Beklagte ist der durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 01.04.2004 (4 IN 54/04) über das Vermögen der Firma W1xxxxxx GmbH (Insolvenzschuldnerin) bestellte Insolvenzverwalter. Die Insolvenzschuldnerin, ein Unternehmen der Polstermöbelindustrie hatte an den Standorten P3xxxxxxxxxx (Hauptverwaltung) und P2xxxxxxx von insgesamt ca. 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Polsterbetten, Polsterliegen, Matratzen, Lattenroste und Accessoires produzieren lassen. In der Niederlassung P2xxxxxxx war der Kläger langjährig bis 30.06.2004 als Arbeitnehmer beschäftigt. Auf sein Arbeitsverhältnis fanden der Manteltarifvertrag für die Polstermöbel und Matratzenindustrie Nordrhein-Westfalen (MTV) vom 10.03.1997 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 25.06.1999 und die ihn ergänzenden Tarifverträge Anwendung.
Die Insolvenzschuldnerin geriet 2001 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Zur Lösung ihrer Schwierigkeiten sollten auch die Arbeitnehmer...