BFH: Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit

Das Hauptzollamt trägt die Feststellungslast für das Vorliegen der Massezugehörigkeit, wenn es gegen einen Insolvenzverwalter Kraftfahrzeugsteuer für ein auf den Insolvenzschuldner zugelassenes Fahrzeug festsetzt.

Hintergrund: Gesetzliche Vorgaben

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 35 InsO) zu verwalten, auf den Insolvenzverwalter über, der als Vermögensverwalter nach § 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen hat, soweit seine Verwaltung reicht. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründete Steueransprüche sind zur Insolvenztabelle anzumelden. Später begründete Steueransprüche sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 InsO Masseverbindlichkeiten. Alle sonstigen Ansprüche sind insolvenzfrei.

Zu den Masseverbindlichkeiten gehören nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.

Sachverhalt: Insolvenzschuldnerin betrieb einen Einzelhandel mit und eine Vermietung von Personenkraftwagen

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH (Insolvenzschuldnerin). Die 2012 gegründete Insolvenzschuldnerin betrieb einen Einzelhandel mit und eine Vermietung von Personenkraftwagen. Herr D war ab ihrer Gründung einer von mehreren, seit April 2017 dann alleiniger Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin.

Mit Beschluss aus Monat April 2028 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die 23 Fahrzeuge, für die die streitige Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt wurde, waren zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung auf die Insolvenzschuldnerin als Halterin zugelassen.

Das beklagte Hauptzollamt (HZA) setzte für diese 23 Fahrzeuge mit Bescheiden vom Mai 2018 gegenüber dem Kläger die jährliche Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem Monat April 2018 fest. Der Kläger legte hiergegen jeweils Einspruch ein mit der Begründung, dass die Fahrzeuge nicht in seinem Besitz und ihm die Besitz- und Eigentumsverhältnisse an den Fahrzeugen unbekannt seien. Er legte eine Auskunft des D vor, wonach dieser für die meisten Fahrzeuge vom Vorliegen eines Diebstahls oder einer Unterschlagung ausging. Im Mai 2018 zeigte der Kläger gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an.

Das HZA erließ daraufhin im Juni 2018 zum einen unter den bisher für die 23 Fahrzeuge im Insolvenzverfahren vergebenen Steuernummern geänderte Kraftfahrzeugsteuerbescheide, mit denen es die jährliche Steuer anteilig für den Zeitraum vom April 2018 bis zum Mai 2018 als Altmasseverbindlichkeit festsetzte. Zum anderen setzte das HZA für dieselben 23 Fahrzeuge gegenüber dem Kläger jeweils mit einem Kraftfahrzeugsteuerbescheid aus dem Monat Juni 2018 unter einer neuen Steuernummer eine jährliche Steuer für die Folgezeit als Neumasseverbindlichkeit fest.

Der Kläger legte auch gegen die Bescheide über die als Neumasseverbindlichkeit festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer jeweils Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 13.12.2019 wies das HZA die Einsprüche des Klägers gegen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit als unbegründet zurück. Die Insolvenzschuldnerin sei als Halterin der Fahrzeuge eingetragen. Der Kläger trage daher die Feststellungslast dafür, dass diese Fahrzeuge nicht zur Insolvenzmasse gehörten. Entsprechende Nachweise habe der Kläger für die 23 Fahrzeuge jedoch nicht erbracht.

Klageverfahren blieben erfolglos

Die gegen die Kraftfahrzeugsteuer-Festsetzungen gerichteten Klagen verband das FG zu einem Klageverfahren und wies diese Klage als unbegründet ab. Das HZA habe zu Recht für die 23 Fahrzeuge Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO festgesetzt. Hierfür sei maßgebend, dass das Fahrzeug, für das die Steuer festgesetzt werde, Teil der Insolvenzmasse sei. Diese Voraussetzung sei erfüllt. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass die Kraftfahrzeuge nicht zur Masse gehörten. Zwar habe das HZA keine Ermittlungen zum Sachverhalt angestellt und sich allein auf die Zulassung und die Haltereigenschaft berufen, obwohl das HZA grundsätzlich die Feststellungslast für steuererhöhende Tatsachen trage. Allerdings hätte es wegen der Beweisnähe des Klägers allein diesem oblegen, zureichende Anhaltspunkte gegen eine Masseeigenschaft vorzutragen. Dem sei der Kläger weder nach insolvenzrechtlichen noch nach steuerrechtlichen Maßstäben nachgekommen.

Entscheidung: BFH hebt Vorentscheidung auf und verweist zurück

Der BFH entscheidet, dass das FG zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegen den Kläger als Insolvenzverwalter bei Anwendung der Regeln über die Feststellungslast, die nur nachrangig anzuwenden seien, im vorliegenden Fall zu Lasten des Klägers als erfüllt anzusehen seien. Er hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

Haltereigenschaft für Fahrzeug sowie Bezug der Kraftfahrzeugsteuer zur Insolvenzmasse

Die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer sei als Abgabenforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO den "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betreffe. Dies sei der Fall, wenn die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Abgabenforderung selbst einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweise.

Im Streitfall lägen zwar nach Insolvenzeröffnung entstandene Verbindlichkeiten vor. Denn Steuergegenstand der Kraftfahrzeugsteuer sei nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Die Steuerpflicht dauere nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG bei einem inländischen Fahrzeug – auch im Falle der Insolvenz des Halters – so lange an, wie das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen sei.

Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer weise aber nur dann einen Bezug zur Insolvenzmasse auf und sei Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahrzeug, für dessen Halten die Kraftfahrzeugsteuer geschuldet werde, Teil der Insolvenzmasse sei und der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliege. Denn der Insolvenzverwalter könne dann über die Art und Weise der Verwendung oder Verwertung des Fahrzeugs bestimmen und ggf. verhindern, dass weiterhin Kraftfahrzeugsteuer entstehe, indem er das Fahrzeug veräußere oder außer Betrieb setze und der Zulassungsbehörde dies anzeige. Maßgebend sei danach, ob das Fahrzeug (tatsächlich/körperlich) Teil der Insolvenzmasse sei.

Zur Insolvenzmasse werde gemäß § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen gerechnet, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört habe und das er während des Verfahrens erlange. Die Insolvenzmasse umfasse die Soll- und die Istmasse. Während die Sollmasse die Summe einzelner geldwerter (körperlicher und unkörperlicher) Rechtsgegenstände darstelle, die von Rechts wegen vom Insolvenzbeschlag erfasst und den Gläubigern haftungsrechtlich zugewiesen seien, umfasse die Istmasse alle Gegenstände, die der Insolvenzverwalter tatsächlich in Besitz nehme.

Der Sollmasse und der Istmasse gemeinsam sei das Vermögenswert-Erfordernis. Denn nach dem Sinn und Zweck des § 35 InsO werde den Insolvenzgläubigern nur der Teil des Vermögens des Schuldners zugewiesen, der für dessen Schulden hafte, also Zugriffsobjekt in der Zwangsvollstreckung sei. Zwar spiele die Verwertbarkeit des Gegenstands für die Feststellung der Massezugehörigkeit keine Rolle. Dementsprechend könnten auch wertlose Gegenstände als Vermögensgegenstände zur Insolvenzmasse gehören. Sei der Gegenstand hingegen verbraucht oder veräußert, so sei er dem Gläubigerzugriff – vorbehaltlich der Gläubigeranfechtung – entzogen. Dasselbe gelte, wenn die Sache vollständig zerstört und nicht mehr existent sei, da sie dann keine Haftungsfunktion mehr erfüllen könne. Deshalb falle ein Fahrzeug, das bereits vor Insolvenzeröffnung untergegangen sei, nicht unter den Insolvenzbeschlag.

Allein aus der Haltereigenschaft für ein Fahrzeug entstehe kein Bezug der Kraftfahrzeugsteuer zur Insolvenzmasse. Die Rechtsposition des Halters eines Kraftfahrzeugs sei kein geldwertes Recht oder Gut und damit kein "Vermögen" i. S. d. § 35 InsO.

Auch bei insolvenzfreien Fahrzeugen bestehe der notwendige Bezug der Kraftfahrzeugsteuer zur Insolvenzmasse nicht. Denn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters beschränke sich auf die zur Masse gehörenden Vermögensgegenstände. Der Insolvenzverwalter könne daher das Entstehen von Kraftfahrzeugsteuer für insolvenzfreie Kraftfahrzeuge nicht verhindern.

Feststellungslast obliegt HZA

Eine Rechtsnorm dürfe nur angewendet werden, wenn feststehe, dass die tatsächlichen Voraussetzungen, an die die Rechtsnorm bestimmte Rechtsfolgen knüpfe, vorlägen. Die notwendige Folge sei, dass es für jeden Rechtsstreit, so auch für den Steuerprozess, eine objektive Beweislast (Feststellungslast) geben müsse. Danach müsse das Gericht den Rechtsstreit nach bestimmten Regeln zu Gunsten eines Beteiligten entscheiden, wenn nicht festzustellen sei, ob bestimmte rechtserhebliche Tatsachen gegeben seien.

Im Allgemeinen gelte für den Steuerprozess, dass die Finanzbehörde die objektive Feststellungslast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen trage, während den Steuerpflichtigen die Feststellungslast für die steuerentlastenden und -mindernden Tatsachen treffe.

Danach trage grundsätzlich das HZA die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit vorliegen würden. Die Norm bestimme, unter welchen Voraussetzungen eine Finanzbehörde berechtigt sei, einen Steueranspruch als Masseverbindlichkeit unmittelbar gegen den Insolvenzverwalter zu Lasten der Insolvenzmasse geltend zu machen. Die Norm sei danach – zu Lasten der Finanzbehörde – nicht anzuwenden, wenn ihre Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Ließen sich keine Tatsachen feststellen, die die gesetzlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfüllten, gehe dies daher zu Lasten des vermeintlichen Massegläubigers, hier des HZA.

Regeln über Feststellungslast nicht vorrangiges Instrument richterlicher Entscheidungsfindung

Die Anwendung der Regeln über die Feststellungslast sei allerdings nicht das vorrangige Instrument richterlicher Entscheidungsfindung; es handele sich vielmehr um eine "ultima ratio", die regelmäßig erst zur Anwendung gelange, wenn alle anderen Möglichkeiten der Beweisführung innerhalb der Untersuchungspflicht des FG ausgeschöpft seien. Vorrangig seien in jedem Fall eigene Bemühungen des FG zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Dabei seien die Beteiligten mit heranzuziehen.

Blieben die Bemühungen des Gerichts zur Sachaufklärung erfolglos, weil ein Beteiligter die ihm zumutbare Mitwirkung an der Sachaufklärung verweigere und damit seine Mitwirkungspflichten verletze, so könnten sich die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde und des FG sowie das Beweismaß mindern.

Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht der Beteiligten könne im Allgemeinen allerdings erst dann angenommen werden, wenn ein Beteiligter auf ausdrückliche Aufforderung des FG eine ihm mögliche Äußerung zu Tatsachen oder die Herausgabe von Unterlagen verweigere.

Voraussetzungen für Entscheidung nach der Feststellungslast nicht erfüllt

Das FG habe in der Sache eine Entscheidung nach der Feststellungslast zu Lasten des Klägers getroffen, obwohl die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung nicht vorgelegen hätten. Zwar sei das FG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass das HZA die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO trage. Rechtlich unzutreffend habe es jedoch im Weiteren angenommen, dass der Kläger aufgrund seiner Beweisnähe die Nichtzugehörigkeit der Fahrzeuge zur Insolvenzmasse nachweisen müsse und dass ihm dieser Nachweis nicht gelungen sei.

Eine abweichende Verteilung der Feststellungslast folge im Streitfall jedoch weder aus einer besonderen Beweisnähe des Klägers noch aus dessen steuerlichen und insolvenzrechtlichen Pflichten bzw. aus einer etwaigen Verletzung dieser Pflichten. Denn in diesen Fällen bliebe die Verteilung der Feststellungslast grundsätzlich unberührt; das FG hätte lediglich zu erwägen, ob im konkreten Einzelfall das für die richterliche Überzeugungsbildung erforderliche, aber auch ausreichende Beweismaß gegenüber dem Regelbeweismaß zu reduzieren wäre. Das Beweismaß könne sich dann auf eine "größtmögliche Wahrscheinlichkeit" verringern. Das FG habe in seiner Entscheidung jedoch nicht darauf abgestellt, dass es unter Anwendung eines geringeren Beweismaßes davon überzeugt sei, dass die 23 Fahrzeuge Teil der Insolvenzmasse gewesen seien, sondern darauf, dass der Kläger das Gegenteil nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt (und bewiesen) habe. Eine Entscheidung nach der Feststellungslast hätte das FG jedoch überhaupt erst im Fall der fehlenden weiteren Aufklärbarkeit des Sachverhalts treffen dürfen. Entsprechende Feststellungen des FG fehlten allerdings.

Eine Umkehr der Beweislast könne zwar auch im Fall einer schuldhaften Beweisvereitelung anzunehmen sein. Ein entsprechendes Verhalten des Klägers habe das FG jedoch nicht festgestellt. Ein unkooperatives Verhalten des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin wäre dem Kläger jedenfalls nicht zuzurechnen

Entgegen der Auffassung des HZA begründe auch die Haltereigenschaft der Insolvenzschuldnerin keine (widerlegbare) Vermutung dafür, dass ihr die auf sie zugelassenen Fahrzeuge gehörten und diese damit Teil der Insolvenzmasse seien. Denn das Fahrzeugregister gebe nur Auskunft über die Person des Halters des Fahrzeugs sowie über bestimmte Fahrzeugdaten. Halter eines Fahrzeugs sei aus verkehrsrechtlicher Sicht diejenige Person, auf die das Fahrzeug zugelassen und die als Halter eingetragen sei. Auf die Eigentumsverhältnisse komme es dabei nicht an. Allein aus der Haltereigenschaft eines Insolvenzschuldners könne danach nicht darauf geschlossen werden, dass er auch Eigentümer des Fahrzeugs sei und dieses zur Insolvenzmasse gehöre.

Zurückweisung der nicht spruchreifen Sache

Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG könne der Senat nicht selbst entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit der Kraftfahrzeugsteuer-Verbindlichkeiten zur Insolvenzmasse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegen würden. Erst nach den gebotenen Sachverhaltsermittlungen durch das FG, ggf. unter Heranziehung der Beteiligten, könne auch festgestellt werden, ob die Voraussetzungen für eine Entscheidung auf Grundlage eines geringeren Beweismaßes gegeben seien, oder ob schließlich nach Maßgabe der Feststellungslast zu Lasten des HZA eine Massezugehörigkeit zu verneinen sei.

BFH gibt Hinweise für weiteres Verfahren

Ohne Bindungswirkung für das weitere Verfahren hat der BFH auf Folgens hingewiesen:

  • Beide Beteiligte seien zur Mitwirkung bei der Aufklärung der Frage verpflichtet, ob die 23 Fahrzeuge im maßgeblichen Besteuerungszeitraum existiert hätten, ob sie im Eigentum der Insolvenzschuldnerin gestanden hätten und ob der Kläger über die Art und Weise der Verwendung oder Verwertung der Fahrzeuge habe bestimmen und ggf. verhindern können, dass weiterhin Kraftfahrzeugsteuer entstehe, indem er die Fahrzeuge veräußere oder außer Betrieb setze und der Zulassungsbehörde dies anzeige.
  • Für den Kläger als Insolvenzverwalter sei seine Verpflichtung nach § 148 Abs. 1 InsO zu berücksichtigen, Massegegenstände möglichst lückenlos aufzuspüren. Hierzu könne er von der Insolvenzschuldnerin die Herausgabe der in deren Gewahrsam befindlichen Sachen, Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse sowie die Unterstützung bei der Erfüllung seiner Aufgaben verlangen. Als Insolvenzverwalter habe der Kläger auch die Möglichkeit, Auskunft etwa aus dem Fahrzeugregister für Fahrzeuge zu erlangen, für die die Insolvenzschuldnerin als Halterin eingetragen sei. Zudem bestehe für ihn grundsätzlich die Möglichkeit, bei Vorliegen des Verdachts einer Straftat – hier kämen etwa Diebstahl, Unterschlagung oder unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs in Betracht – eine Strafanzeige, ggf. auch gegen einen unbekannten Täter, zu stellen und auf diesem Weg zumindest mittelbar über die Strafermittlungsbehörden an der Aufklärung des Sachverhalts über den Verbleib der Fahrzeuge mitzuwirken.
  • Auf der anderen Seite obliege es dem HZA als zuständiger Finanzbehörde, den für die von ihm vorgenommenen Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungen entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Dies betreffe insbesondere die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit gegen den Kläger vorliegen würden. Hierzu könne das HZA im Rahmen der Gesetze sowohl Auskünfte von der als Halterin eingetragenen Insolvenzschuldnerin bzw. ihren (ehemaligen) Geschäftsführern sowie von anderen Behörden, insbesondere von der für die Insolvenzschuldnerin als Halterin bzw. für die auf diese zugelassenen Fahrzeuge zuständigen Fahrzeug-Zulassungsstelle einholen.
  • Schließlich habe das FG auch selbst die Möglichkeit, Maßnahmen zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu ergreifen und sich hierfür zum Beispiel an frühere Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin oder an die Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle zu wenden, um Auskünfte einzuholen und diesen ggf. weiter nachzugehen.

BFH, Urteil v. 11.4.2024, IV R 18/21, veröffentlicht am 1.8.2024

Schlagworte zum Thema:  Kfz-Steuer