Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft
Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % (im Streitjahr 2016; aktuell 90%) der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.
Alt- bzw. Neugesellschafter" i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG
Fraglich war im Urteilsfall, ob die Übertragung von GmbH-Anteilen, und einer damit verbundenen mittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden KG einen nach § 1 Abs. 2a GrEStG grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang auslöst, wenn der Erwerber der Anteile bereits Komplementär der grundbesitzenden KG war?
Die Klägerin ist eine grundbesitzende KG. Die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin stellten sich bis zum 31.12.2016 wie folgt dar:
- Als Komplementär ohne Kapitalbeteiligung war u.a. T beteiligt.
- Als Kommanditisten hielten R 10 % und die R-GmbH 90 % der Anteile an der Klägerin.
- Alleingesellschafter der R-GmbH war R. R hielt die Anteile an der R-GmbH treuhänderisch für die in der Schweiz ansässige L-AG.
- Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13.10.2016 übertrug R mit Wirkung zum 31.12.2016 seine 100%ige Beteiligung an der R-GmbH auf T. T verpflichtete sich, die Treuhänderstellung des R zu übernehmen, sodass im Anschluss T die Anteile an der R-GmbH treuhänderisch für die L-AG hielt. Gleichzeitig übertrug R mit Wirkung zum 31.12.2016 seine 10%ige Beteiligung als Kommanditist an der Klägerin auf die M-Verwaltungs-GmbH.
- Für die Klägerin als Treugeberin hielt die A-AG als Treuhänderin eine 100%ige Beteiligung an der B-GmbH. Dieser nachgeordnet waren über die C-GmbH 100 % Anteile an der jeweils grundbesitzenden E-GmbH und der F-GmbH.
Auffassung des Finanzamts
Nach Durchführung einer Außenprüfung bei der Klägerin war das Finanzamt (FA) der Auffassung, dass die Änderung im Gesellschafterbestand der Klägerin aufgrund des Übergangs der 100%igen Beteiligung an der R-GmbH von R auf T nebst Austausch der Treuhänder hinsichtlich der Beteiligung an der grundbesitzenden Klägerin nach § 1 Abs. 2a GrEStG in der auf den Streitfall anwendbaren Fassung des StÄndG 2015 der Grunderwerbsteuer unterlag.
Das FA erließ am 2018 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer (Feststellungsbescheid). Der Feststellungsbescheid listete neben dem Grundbesitz der Klägerin auch Grundstücke der E-GmbH und der F-GmbH auf. Der von der Klägerin hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
Klage war erfolgreich
Die Klage vor dem FG hatte Erfolg. Nach Ansicht des FG löste der Erwerb aller Anteile an der als Kommanditistin an der Klägerin beteiligten R-GmbH durch T keine Grunderwerbsteuer aus. T sei nicht als "neuer Gesellschafter" i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG anzusehen, da er seit mehr als fünf Jahren an der Klägerin als Komplementär beteiligt gewesen sei (sog. Altgesellschafter).
Die Auslegung des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG ergebe, dass ein Gesellschafter, der mehr als fünf Jahre an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt gewesen sei, kein neuer Gesellschafter der an der Personengesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft sei, auch wenn er erstmals Anteile an der Kapitalgesellschaft erworben habe.
Entscheidung: Alleine die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft ist entscheidend
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Entgegen der Auffassung des FG führt die Übertragung aller Anteile an der R-GmbH, die zu 90 % unmittelbar an der Klägerin als Kommanditistin beteiligt war, von R auf T dazu, dass die R-GmbH in vollem Umfang als neue Gesellschafterin der Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 und 4 GrEStG anzusehen ist. Dadurch hat sich in Verbindung mit der zeitgleichen Übertragung der 10 % Anteile an der Klägerin von R auf die M-Verwaltungs-GmbH der Gesellschafterbestand der Klägerin unmittelbar vollständig im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG geändert. Der BFH weist auf Folgendes hin:
- Die Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG kann in einem einzelnen Rechtsvorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen.
- Ein Übergang von Anteilen an der grundbesitzenden Personengesellschaft auf Gesellschafter, die länger als fünf Jahre zuvor unmittelbar oder mittelbar an ihr beteiligt sind (sog. Altgesellschafter), reicht hingegen nicht aus.
- Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gilt Satz 4 (§ 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG). Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt hiernach in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG).
- Für die Beurteilung der Frage, ob eine unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG gilt, ist nur auf die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft abzustellen. "Neue Gesellschafter" sind danach nur solche Personen, die zuvor nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt waren.
- Eine zuvor schon bestehende Beteiligung eines neuen Gesellschafters der Kapitalgesellschaft an der grundbesitzenden Personengesellschaft ist nicht ausschlaggebend.
- Selbst wenn der neu an der Kapitalgesellschaft beteiligte Gesellschafter vor seinem Anteilserwerb bereits Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft war, wird er für die Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG nicht zum Altgesellschafter der Kapitalgesellschaft.
- Die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sind nur in Bezug auf die Kapitalgesellschaft, an der sie beteiligt sind, Alt- oder Neugesellschafter, nicht jedoch in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft.
Zurückweisung an das Finanzgericht
Der BFH konnte nicht abschließend entscheiden, da das FG nicht festgestellt hat, ob der Grundbesitz der E-GmbH und der F-GmbH der Klägerin am 31.12.2016 im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG „gehörte“. Dies muss das FG im zweiten Rechtshang anhand der jüngst ergangenen Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 14.12.2022, II R 40/20, BStBl II 2023, 1012) noch prüfen.
BFH, Urteil v. 31.7.2024, II R 28/21; veröffentlicht am 12.12.2024
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