Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbestand einer Versorgungszusage bei Arbeitgeberwechsel innerhalb des Konzerns auf Grundlage einer Konzernbetriebsvereinbarung. Letzter Vertragsarbeitgeber als Versorgungsschuldenr. Maßgeblichkeit der wirtschaftlichen Lage des Konzerns bei einem verschlechternden Eingriff in eine auf einer Konzernbetriebsvereinbarung beruhenden Versorgungszusage. Außergewöhnlich hoher Rückstellungsbedarf für künftige Versorgungsansprüche
Leitsatz (amtlich)
1. Lässt nach den Bestimmungen einer Konzernbetriebsvereinbarung ein Arbeitgeberwechsel innerhalb des Konzerns den Bestand einer Versorgungszusage unberührt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass Versorgungsschuldner der letzte Vertragsarbeitgeber sein soll.
2. Bei einem verschlechternden Eingriff in eine auf einer Konzernbetriebsvereinbarung beruhenden Versorgungszusage ist ungeachtet der Person des Versorgungsschuldners regelmäßig die wirtschaftliche Lage des Konzerns maßgeblich.
3. Ein außergewöhnlich hoher Rückstellungsbedarf für künftige Versorgungsansprüche kann als "sachlich-proportionaler Grund" im Sinne des dreistufigen Prüfungsschemas des Bundesarbeitsgerichts einen verschlechternden Eingriff in eine auf einer Konzernbetriebsvereinbarung beruhenden Versorgungszusage rechtfertigen.
Normenkette
BetrAVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Entscheidung vom 12.01.2022; Aktenzeichen 3 Ca 553/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 12.01.2022 (3 Ca 553/21) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden betrieblichen Altersversorgung.
Der am 23.08.1955 geborene Kläger trat am 01.10.1986 als Betriebsingenieur in die A AG ein, die später umfirmierte in B AG. Grundlage des damaligen Arbeitsverhältnisses war ein Vertrag vom 10.07.1986. Dieser enthielt u.a. die nachfolgende Klausel:
" . . .
6. Altersversorgung
Die Ansprüche auf eine spätere Altersversorgung, auf Hinterbliebenenbezüge oder auf Leistungen bei vorzeitiger Berufungs- oder Erwerbsunfähigkeit regeln sich nach der Pensionsordnung der "C AG".
. . . "
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf Aktenblatt 12 -17 verwiesen.
In der Zeit vom 01.07. bis 31.12.1997 war der Kläger vorübergehend bei der D GmbH als Leiter der Produktion tätig. Diesbezüglich unterzeichnete er mit dieser unter dem 07.07.1997 einen weiteren Arbeitsvertrag. Dieser enthält folgende Regelung:
" . . .
6. Altersversorgung
Die Ansprüche auf eine spätere Altersversorgung, auf Hinterbliebenenbezüge oder auf Leistungen bei vorzeitiger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit regeln sich nach der Pensionsordnung der E.
. . . "
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags vom 07.07.1997 wird auf Aktenblatt 245 bis 250 Bezug genommen. Die D GmbH war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der B AG.
Zum 01.01.1998 wechselte der Kläger als Betriebsleiter nach F ins Warmbreitband Walzwerk. Wer damals Vertragsarbeitgeber war, ist nicht geklärt. Es existiert unter dem 01.01.1998 ein Vertragsdokument, das als solchen die G AG nennt und zur betrieblichen Altersversorgung folgende Regelung enthält:
" . . .
6. Altersversorgung
Die Ansprüche auf eine spätere Altersversorgung, auf Hinterbliebenenbezüge oder auf Leistungen bei vorzeitiger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit regeln sich nach der jeweils gültigen Pensionsordnung.
. . . "
Die weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags sind ersichtlich auf Aktenblatt 170 - 175. Ob der Kläger diesen Vertrag kennt und unterschrieben hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Ablauf des 31.08.2020 ging der Kläger in Ruhestand. Seine letzte Entgeltabrechnung (Aktenblatt 138) weist als Erstellerin die Beklagte aus. Seit dem 01.09.2020 bezieht er neben einer gesetzlichen Altersrente von der Beklagten eine betriebliche Altersrente in Höhe von 180,76 €. Wegen der Berechnung wird auf Aktenblatt 43 bis 45 verwiesen.
Bei Eintritt des Klägers bei der A AG galt auf Grundlage einer Konzernbetriebsvereinbarung eine "Pensionsordnung der C vom 01.10.1977 (nachfolgend: PO 77). Wegen der Einzelheiten wird auf Aktenblatt 18 bis 33 Bezug genommen. Zum 01.01.1987 sollte an die Stelle der PO 77 eine "Pensionsordnung der C" (nachfolgend: PO 87) treten, ebenfalls eine Konzernbetriebsvereinbarung. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Aktenblatt 35 bis 40 sowie 383 (= Anlage) verwiesen. Das Verhältnis zwischen den Regelungen der PO 77 und jener der PO 87 regeln eine Konzernbetriebsvereinbarung vom 01.12.1986 (Aktenblatt 41) sowie eine Konzernbetriebsvereinbarung vom 15.05.1991 (Aktenblatt 42).
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die ihm zustehende betriebliche Altersrente sich ausschließlich nach den Bestimmungen der PO 77 bestimmt. Unstreitig stünde ihm dann eine monatliche Altersrente in Höhe von 698,44 € zu. Die sich daraus errechnenden monatlichen Differenzen von 517,68 € brutto sind Gegenstand des vorlieg...