Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. nicht vermögensrechtliche Streitigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Berechnung des Gegenstandswertes im Verfahren auf Auflösung des Betriebsrates (§ 23 I BetrVG)

 

Normenkette

BRAGO § 8 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 05.08.1997; Aktenzeichen 20 BV 4/97)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 05.08.1997 – 20 BV 4/97 – teilweise abgeändert:

Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf DM 22.000,00 festgesetzt.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Arbeitgeberin (Antragstellerin) hat beantragt, den aus sieben Mitgliedern bestehenden Betriebsrat (Antragsgegner) aufzulösen, weil dieser sich seit Frühjahr 1996 weigere, Betriebsversammlungen durchzuführen. Durch rechtskräftigen Beschluß vom 18.06.1997 wurde der Antrag zurückgewiesen.

Mit Beschluß vom 05.08.1997 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert auf DM 8.000,00 fest und führte zur Begründung aus: Da der Arbeitsaufwand angesichts des unschlüssigen Vortrages der Antragstellerin sehr gering gewesen sei, sei es auch unter Berücksichtigung der Größe des Betriebsrats nicht gerechtfertigt, den Regelstreitwert zu überschreiten.

Gegen diesen ihnen am 12.08.1997 zugestellten Beschluß haben die Beschwerdeführer am 21.08.1997 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses den Streitwert auf DM 40.000,00 festzusetzen. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 20.08.1997 Bezug genommen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie tritt dem angefochtenen Beschluß bei.

 

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

Der Gegenstandswert ist gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO auf DM 22.000,00 festzusetzen.

1. Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit; denn der Streit hat seine Grundlage nicht in einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis, es geht auch nicht um die Verurteilung zu irgendwelchen Geldbeträgen. Für diesen Fall sieht § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO vor, daß der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Bei nicht genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung ist der Gegenstandswert auf DM 8.000,00 nach Lage des Falles auch niedriger oder höher, jedoch nicht über eine Millionen DM anzunehmen. Dabei ist insbesondere abzustellen auf die Bedeutung der Sache für die Beteiligten sowie Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Wert des vorliegenden Verfahrens auf DM 22.000,00 (DM 8.000,00 + 7 × DM 2.000,00) festzusetzen.

a) Auszugehen für die Festsetzung des Verfahrenswertes ist vom Hilfswert des § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO in Höhe von DM 8.000,00. Dabei kann es jedoch angesichts der Bedeutung und der Tragweite der zu treffenden Entscheidung nicht bleiben. In Rede steht nämlich zum einen, ob im Betrieb die Mitbestimmung in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten jedenfalls zeitweise beendet wird. Mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der Betriebsrat aufgelöst wird, ist seine Amtszeit beendet. Der Beschluß erfaßt auch die Ersatzmitglieder (Fitting-Kaiser-Heither-Engels, BetrVG, 18. Aufl., Rdnr. 42 zu § 23). Außerdem verlieren die Betriebsratsmitglieder den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG, auch einen nachwirkenden Schutz gibt es nicht, da die Beendigung der Betriebsratstätigkeit auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

Zum anderen steht eine Neuwahl des Betriebsrates (vgl. insoweit § 23 Abs. 2 BetrVG) mit dem entsprechenden zeitlichen und finanziellen Aufwand an. Die Tragweite der Entscheidung über die Auflösung des Betriebsrates ist also erheblich. Diese richtet sich auch danach, wieviel Mitglieder der Betriebsrat hat.

b) Dementsprechend ist es – für das Wahlanfechtungsverfahren – anerkannt, daß der Hilfswert von DM 8.000,00 je nach der Anzahl der Betriebsratsmitglieder zu erhöhen ist (LAG Bremen, Beschluß vom 11.04.1988 – 2 Ta 75/87 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 5; LAG Berlin, Beschluß vom 17.12.1991 – 1 Ta 50/91 – NZA 92, 327, 328; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 30.03.1992 – 9 Ta 40/92 – NZA 92, 667; LAG Niedersachsen, Beschluß vom 26.04.1996 – 3 Ta 79/95 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 31). Dies muß erst recht für das Verfahren gelten, das die Auflösung des Betriebsrates zum Gegenstand hat.

3. Was die Anhebung des Hilfswertes angeht, gehen die Ansichten allerdings sehr auseinander (vgl. dazu LAG Hamm, Beschluß vom 14.11.1974 – 8 TaBV 41/74 – BB 74, 1535; Wenzel, DB 77, 722, 724, 725; vgl. auch die Nachweise bei LAG Berlin, Beschluß vom 17.12.1991 – 1 Ta 50/91 – NZA 92, 327, 328).

a) Maßgebend sind insoweit die Umstände des Einzelfalles, also neben der Bedeutung der Sache insbesondere deren Umfang und der damit verbundene Arbeitsaufwand des Rechtsanwaltes, um dessen Vergütung es geht. Bei durchschnittlicher Schwierigkeit und normalem Verfahrensgang hält die beschließende Kammer insoweit eine ...

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