Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten für eine Klage eines bereits abberufenen GmbH-Geschäftsführers
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der klagende GmbH-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Zustellung seiner Klage bereits abberufen, findet § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG keine Anwendung mehr. Daraus folgt jedoch nicht, dass der ehemalige GmbH-Geschäftsführer nunmehr automatisch als Arbeitnehmer anzusehen wäre.
2. Ein allein auf die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer ausgerichteter Anstellungsvertrag kann ausnahmsweise und nur dann als Arbeitsvertrag zu qualifizieren sein, wenn der Geschäftsführer auch im Arbeitsalltag einem Weisungsrecht unterliegt, das sich in seiner Ausprägung von dem Direktionsrecht gegenüber einem Arbeitnehmer nicht mehr unterscheidet. Das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung für sich allein reicht dafür nicht aus.
3. Ein sic-non-Fall, bei dem schon die bloße Rechtsbehauptung, Arbeitnehmer zu sein, für die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte genügt, liegt nicht vor, wenn der ehemalige GmbH-Geschäftsführer die Unwirksamkeit seiner Kündigung ausschließlich auf Gründe stützt, die auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses relevant sein können (Formmangel, Voraussetzungen des § 626 BGB).
4. Liegt kein sic-non-Fall vor, muss der Kläger, um die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts zu begründen, schlüssig, widerspruchsfrei und substantiiert darlegen, warum es sich bei dem Vertragsverhältnis, dessen Fortbestand er geltend macht oder aus dem er andere Rechte herleitet, um ein Arbeitsverhältnis handeln soll.
Normenkette
ArbGG §§ 2, 5; BGB § 626; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 10.08.2016; Aktenzeichen 5 Ca 1405/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.08.2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I. Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf Abschnitt I der Gründe des angegriffenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.08.2016 Bezug genommen.
II. Das Arbeitsgericht Bonn hat zutreffend erkannt, dass für den vorliegenden Rechtsstreit der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet ist. Insbesondere ergibt sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht aus § 2Abs. 1 Nr. 3 ArbGG; denn es liegt keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit "zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern" vor. Es ist nicht feststellbar, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat oder nachträglich begründet worden ist.
1. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass vorliegend der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG keine Anwendung findet. Davon ist aber auch bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Der Kläger wurde zeitgleich mit dem Ausspruch der im vorliegenden Verfahren streitigen Kündigung als Geschäftsführer der beklagten GmbH abberufen. Schon im Zeitpunkt der Klagezustellung fungierte der Kläger somit nicht mehr als vertretungsberechtigtes Organ der Beklagten.
2. Der Umstand, dass vorliegend der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht eingreift, lässt aber keineswegs den Umkehrschluss zu, dass der Kläger nunmehr automatisch als Arbeitnehmer anzusehen wäre. Vielmehr blieb es weiterhin bei der Obliegenheit des Klägers, dem Gericht positiv einen Sachverhalt zu unterbreiten, dem sich entnehmen ließe, dass er bei der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt war.
a. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger herangezogenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2014, 10 AZB 46/14, und vom 03.12.2014, 10 AZB 98/14. In diesen vom BAG entschiedenen Fällen lagen nämlich sogenannte Sic-non-Konstellationen vor. Um einen sogenannten Sic-non-Fall handelt es sich, wenn die Arbeitnehmereigenschaft der klagenden Partei nicht nur für die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte maßgeblich ist, sondern zugleich eine conditio sine qua non dafür darstellt, dass das Klagebegehren auch materiellrechtlich erfolgreich sein kann. In einer Sic-non-Konstellation lässt das BAG es für die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte genügen, dass die klagende Partei die Rechtsbehauptung aufstellt, Arbeitnehmer der beklagten Partei (gewesen) zu sein.
b. Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend herausgearbeitet, dass im vorliegenden Fall keine Sic-non-Konstellation vorliegt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Beschwerdevorbringen des Klägers.
aa. Dies gilt zum einen für den Feststellungsantrag: Der Kläger leitet die vermeintliche Rechtsunwirksamkeit der streitigen Kündigung vom 28.06.2016 nicht aus spezifischen arbeitsrechtlichen Besonderheiten her, die zwingend den Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen, sondern er hält die Kündigung für formunwirksam. Ein Formmangel kann ebenso gut auch im Bereich der Dienstverträge und anderer Vertragsarten zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen. Dies gilt umso mehr, als vorliegend die Parteien in § 16 Abs. 1 ihres Anstellungsvertrages ausdrücklich eine sogenannte doppelt...