Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg für Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedern der Vertretungsorgane und der juristischen Person. Ordentliche Gerichtsbarkeit für Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis von Geschäftsführern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG fällt erst mit dem Wirksamwerden der Abberufung als Geschäftsführer weg und nicht bereits mit der Erklärung der Abberufung, die erst zum späteren Zeitpunkt eintreten soll.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 611 a; GVG § 17 Abs. 1 S. 1; ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 3b

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Entscheidung vom 14.11.2018; Aktenzeichen 2 Ca 870/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 14.11.2018 - 2 Ca 870/18 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.775 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten in der Beschwerdeinstanz um die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten für die vom Kläger erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung "des zwischen den Parteien bestehenden Dienstverhältnisses".

Der Kläger ist seit 2008 bei der Beklagten beschäftigt. Alleinige Gesellschafterin der Beklagten ist die B AG.

Zunächst verband die Parteien der Anstellungsvertrag vom 29.04.2008 (Bl. 5 ff. d. A.).

Mit Wirkung zum 27.06.2008 wurde der Kläger zum Geschäftsführer bestellt. Die Parteien unterzeichneten am 08.01.2010 eine Änderung des ursprünglichen Anstellungsvertrages (Bl. 9 ff. d. A.), in der es am Ende heißt: " Alle Inhalte der Vertragspunkte, die Gegenstand dieser Änderung sind und nicht neu geregelt werden sowie alle anderen Punkte des Anstellungsvertrages vom 29. April 2008 bleiben unverändert."

Unter dem 30.11.2016 vereinbarten die Parteien sodann einen Geschäftsführeranstellungsvertrag, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 11 ff. d. A. Bezug genommen wird.

In der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 13.09.2018 wurde beschlossen, den Kläger als Geschäftsführer abzuberufen und das bestehende Dienstverhältnis zu kündigen, jeweils zum 30.09.2019. Gleichzeitig wurde der weitere Geschäftsführer der Beklagten, Herr Dr. L, damit beauftragt, den Kläger über den Inhalt der gefassten Beschlüsse in Kenntnis zu setzen und gegenüber dem Kläger die zur Umsetzung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben, insbesondere auch die Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Geschäftsführeranstellungsvertrages zu erklären.

Entsprechend dem Beschluss der Gesellschafterversammlung erhielt am 17.09.2018 eine schriftliche, ordentliche Kündigung zum 30.09.2019 (Bl. 17 d. A.); in diesem Schreiben wurde dem Kläger auch die Abberufung als Geschäftsführer zum 30.09.2019 mitgeteilt.

Gegen die Kündigung vom 14.09.2018 wehrt sich der Kläger mit der Kündigungsschutzklage vom 01.10.2018, bei Gericht eingegangen am 02.10.2018.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten gegeben sei, da er als Arbeitnehmer einzustufen ist. Auch die Klage habe einen Antrag zum Gegenstand, der das Bestehen des Arbeitsverhältnisses voraussetze. Die Fiktionswirkung des § 5 Abs.1 S. 3 ArbGG sei mit seiner mit der Abberufung des als Geschäftsführer entfallen. Insoweit sei es unerheblich, zu welchen Zeitpunkt die Abberufung erfolge. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme es allein auf die Abberufung als Gesellschafter und auf die Mitteilung der Abberufung an, nicht dagegen auf den Wirkungszeitpunkt oder auf die spätere Eintragung der Abberufung im Handelsregister, die lediglich deklaratorischen Charakter habe.

Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten unter Berufung auf die bis zum 30.09.2019 ortbestehende Geschäftsführerstellung des Klägers und den Hinweis auf § 5 Abs.1 S.3 ArbGG gerügt und die Verweisung des Rechtsstreits nach § 48 ArbGG i. V. mit § 17 a Abs. 2 GVG an das Landgericht beantragt.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.11.2018 die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten verneint und den Rechtstreit an das Landgericht verwiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bereits nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG nicht eröffnet sei, da der Kläger unstreitig Geschäftsführer der Beklagten sei. Diese Stellung des Klägers werde durch die Abberufung in der ordentlichen Kündigung vom 17.09.2018 nicht berührt, da die Abberufung erst zum 30.09.2019 wirke, sodass die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG erst mit Ablauf des 30.09.2019 entfallen werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2014 (10 AZB 46/14), da auch danach die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG erst mit Beendigung der Organstellung entfalle. Im Unterschied zu allen von den Parteien benannten Entscheidungen Bundesarbeitsgerichts sei der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten nicht gleichzeitig...

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