Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch. Betriebsänderung
Leitsatz (amtlich)
Kein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei geplanter Betriebsänderung (ständige Rechtsprechung LAG Köln), insbesondere kein Verfügungsgrund bei verhandlungsbereitem Arbeitgeber.
Normenkette
BetrVG §§ 111, 113
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Beschluss vom 15.05.2009; Aktenzeichen 2 BVGa 6/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.05.2009 – 2 BVGA 6/09 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Der Beteiligte zu 1) – der Gesamtbetriebsrat der Beteiligten zu 2) – macht einen Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung wegen einer von der Beteiligten zu 2) beabsichtigten Betriebsänderung geltend.
Hinsichtlich des erstinstanzlich vorgetragenen Sach- und Streitstoffs wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, ein Verfügungsanspruch sei nicht gegeben. Es bestehe kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer Betriebsänderung bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen. Die Rechte der Arbeitnehmer seien durch den nach § 113 Abs. 3 BetrVG bestehenden Nachteilsausgleichsanspruch in ausreichender Weise gesichert.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) form- und fristgerecht Beschwerde einlegen und begründen lassen.
Zur Begründung bezieht sich der Beteiligte zu 1) auf verschiedene Entscheidungen von Landesarbeitsgerichten, in denen ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats dann bejaht wird, wenn ein Arbeitgeber sich anschickt, eine Betriebsänderung einseitig durchzuführen. Der Betriebsrat bzw. bei betriebsübergreifenden Maßnahmen der Gesamtbetriebsrat habe in diesen Fällen einen Anspruch auf Beratung eines Interessenausgleichs. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs müsse der Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat einen Anspruch auf Unterlassung der Betriebsänderung bis zum Abschluss des Interessenausgleichsverfahrens haben. Dieser Anspruch sei durch die vorliegend beantragte einstweilige Verfügung sicherzustellen.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.05.2009 – 2 BVGa 6/09 – abzuändern und nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen.
Entscheidungsgründe
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung zurückgewiesen.
Über die Anträge kann die Kammervorsitzende des Landesarbeitsgerichts ohne mündliche Verhandlung sowie ohne Hinzuziehung von Beisitzern entscheiden (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 5. Auflage, § 85, Rn. 13). Das Abwarten der Nichtabhilfeentscheidung ist nicht erforderlich (Zöller/Heßler, ZPO 27. Auflage, § 572, Rn.4).
Es ist streitig, ob sich aus den §§ 111 ff. BetrVG ein Anspruch des Betriebsrats, bzw. Gesamtbetriebsrats auf Unterlassung von Betriebsänderungen bis zum Abschluss der vom Arbeitgeber geschuldeten Information und Beratung ergibt (dafür: u.a. LAG Hamm, Beschl. vom 28.08.2003 – 13 TaBV 127/03 – = AP Nr. 165 zu § 112 BertrVG 1972; LAG Thüringen, Beschl. vom 18.08.2003 – 1 Ta 104/03 – = LAGE § 111 BetrVG 1972; dagegen: u.a. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 24.11.2004 – 9 TaBV 29/04 –; Beschl. vom 28.03.1989 – 3 TaBV 6/89 – = LAGE § 111 BetrVG 1972 Nr. 10; LAG Düsseldorf, Beschl. vom 19.11.1996 – 8 Ta 223/95 –; Beschl. vom 27.03.2003 – 13 TaBV 88/02 – n.v.; Beschl. vom 13.12.2001 – 13 TaBV 50/01; LAG Köln, Beschl. vom 30.04.2004, NZA-RR 2005, 199; LAG Hamm Beschl. vom 01.04.1997, NZA-RR 1997, 343; LAG München Beschl. vom 24.09.2003, NZA-RR 2004, 536; LAG Sachsen-Anhalt, Beschl. vom 30.11.2004 – 11 TaBV 18/04 – n.v.).
Nach der Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer besteht in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht und mit weiteren Entscheidungen des LAG Köln vom 15.08.2005 (11 Ta 298/05, n.v.), 01.09.1995 (13 Ta 221/95, DB 1995, S. 2115); 19.06.2000 (2 Ta 155/00, n. v.), 23.10.2000 (8 TaBV 72/00, n. v.), 30.04.2004 (5 Ta 1667/04, NZA-RR 2005, S. 199 f.), und vom 05.05.2004 (9 Ta 170/04 –, n. v.) ein allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderungen aus folgenden Gründen nicht:
Bereits der Gesetzeswortlaut lässt an keiner Stelle auch nur andeutungsweise erkennen, dass der Gesetzgeber bei Betriebsänderungen dem Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat einen Unterlassungsanspruch einräumen wollte. Aus § 111 Abs. 1 BetrVG ergibt sich vielmehr lediglich ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht des Betriebsrats. Die Rechtsfolgen der Verletzung dieser Pflichten sind in § 113 BetrVG (Nachteilsausgleichsanspruch der betroffenen Arbeitnehmer) und in § 121 BetrVG (bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit bei Verstoß gegen die Pflichten aus § 111 BetrVG) geregelt.
Weitere gesetzliche Regelungen bestehen nicht.
Ein solcher Unterlassungsanspruch ergibt sich – wovon das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend ausgeht – auch nicht zwingend au...