Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Macht ein Automobilverkäufer, ohne die Absicht, sich unrechtmäßige Vermögensvorteile zu verschaffen, an Kunden Rabattzusagen, die sich im Rahmen des Üblichen bewegen aber nicht vom Vorgesetzten entsprechend den betriebsinternen Richtlinien vorab genehmigt worden sind, rechtfertigt dies ohne einschlägige Abmahnung keine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 13.04.2005; Aktenzeichen 3 Ca 9594/04) |
Tenor
Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.04.2005 – 3 Ca 9594/04 – wird abgeändert:
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung 13.09.2004 weder fristlos noch fristgerecht aufgelöst worden ist.
- Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch die Beklagte.
Der 1962 geborene Kläger war seit dem 01.01.1988 bei der Beklagten als sogenannter Flottenverkäufer tätig. Sein durchschnittlicher Monatsverdienst betrug einschließlich Provisionen durchschnittlich 10.000,00 EUR.
Bei der Beklagten existiert eine Provisionsregelung, die unter anderem eine Eroberungsprovision für den Fall vorsieht, dass der Verkäufer ein Fahrzeug an einen Kunden verkauft, dass beim Kunden ein Fremdfabrikat ersetzt (Arbeitsanweisung zur Eroberungsprämie Bl. 110 ff. d. A.).
Bedingung dafür ist u. a. dass der Verkäufer ein Vorbesitz-Formular ausfüllen und unterschreiben muss und dort neben dem Fremdfabrikat auch den Typ des Fahrzeugs und das Kennzeichen nach den jeweiligen Kundenangaben einsetzen muss.
Im Juli 2004 kam es zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten Herrn S zu einem Streitgespräch, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Anlass dieses Streits darin zu suchen ist, dass der Vorgesetzte Herr S vom Kläger verlangte, den Golftrainer des Herrn S, Herrn C bei einem Fahrzeugkauf durch ungerechtfertigten Mengenrabatteinräumung zu bevorzugen und der Kläger dies verweigerte. Im zumindest zeitlichen Anschluss an dieses Streitgespräch und aufgrund der Tatsache, dass sich eine Frau S am 13.08.2004 bei der Beklagten meldete und geltend machte, sie habe einen Hotelscheck der Beklagten bei einem Golfturnier gewonnen, ließ Herr S eine Vielzahl der vom Kläger getätigten Verkäufe insbesondere im Hinblick auf eingeräumte Rabatte und geltend gemachte Eroberungsprovisionen prüfen und befragte hierzu eine Vielzahl von Kunden der Beklagten.
Als Ergebnis ihrer Nachforschungen führte die Beklagte zunächst ein Anhörungsgespräch mit dem Kläger und hörte alsdann mit Schreiben vom 08.09.2004 den Betriebsrat zur geplanten außerordentlichen hilfsweise ordentlichen Kündigung an, die auch als Verdachtskündigung gelten sollte (Anhörungsschreiben Bl. 45 ff. d. A.). Dem Betriebsrat gegenüber wurden als Kündigungsgründe geltend gemacht, dass der Kläger die Kopie eines Hotelscheins als Preis für ein Golfturnier zur Verfügung gestellt habe, dass der Kläger in den Fällen Zebratzki, Dr. W, W, B und Firma I den Kunden im Verkaufsgespräch Zusatzleistungen, sei es die Übernahme der ersten Inspektion, sei es die Kostenübernahme für Leihwagen, zugesagt habe, ohne die Genehmigung der Geschäftsleitung zu haben und dass der Kläger Eroberungsprovision in den Fällen Firma I, S und nochmals Firma I geltend gemacht habe, obwohl ihm diese nicht zugestanden hätten.
Der Betriebsrat widersprach der geplanten Kündigung mit Schreiben vom 10.09.2004 (Bl. 7 d. A.) und führte auf, die aufgeführten Fälle seien Geschäftsvorgänge, die zu nahezu jedem Neu- bzw. Gebrauchtfahrzeuggeschäft gehörten. Insbesondere Nebenabreden seien übliche Vorgänge bei Verkaufsgeschäften, die der Kundenbindung dienten um eventuelle Ansprüche aus berechtigten Reklamationen der Kunden auszugleichen. Hierbei sei es üblich dass der mit dem Vorgang befasste Verkäufer Zusagen treffen müsse, ohne bereits eine Genehmigung seines direkten Vorgesetzten zu haben. Auch hinsichtlich der Eroberungsprovision könne kein Fehlverhalten des Klägers festgestellt werden.
Mit Schreiben vom 13.09.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Hiergegen richtete sich die am 21.09.2004 bei Gericht eingegangene Kündigungsschutzklage.
Mit Schreiben vom 25.10.2004 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu weiteren Kündigungsgründen an, deren Nachschiebung sie beabsichtigte (Bl. 78 ff. d. A.). Dabei handelte es sich um aus Sicht der Beklagten ungerechtfertigte Eroberungsprovisionen in den Fällen H, Firma I, Firma A und Firma M sowie um die Zusage eines kostenlosen Mietwagens an Herrn O sowie die Zusage eines Mengenrabatts an die Firma M und die Zusage einer kostenlosen Wartung an den Kunden R.
Eine zweite Nachschiebung von Kündigungsgründen betraf den Vorwurf, dem Kunde...