Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. Direktionsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Die für die Ausübung des Direktionsrechts nach § 106 GewO zu prüfende Gleichwertigkeit der zugewiesenen Aufgaben bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild, wobei hierfür Kriterien u. a die Anzahl der unterstellten Mitarbeiter oder der Umfang der Entscheidungsbefugnisse über den Einsatz von Sachmitteln oder einer Personalkapazität sind.
2. Dringende betriebliche Interessen für eine Änderungskündigung sind nicht damit zu begründen, dass aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung ein neuer Aufgabenbereich geschaffen wird, für den aufgrund des vom Arbeitgeber angenommenen Anforderungsprofils der betroffene Arbeitnehmer benötigt werden soll, wenn sein bisheriger Tätigkeitsbereich unverändert fortbesteht.
Normenkette
KSchG § 2; GewO § 106; BGB § 315
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 11.01.2009; Aktenzeichen 10 Ca 7830/08) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.01.2009 – 10 Ca 7830/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Versetzung und einer vorsorglichen Änderungskündigung gegenüber dem Kläger.
Der 1953 geborene, geschiedene Kläger, Vater eines volljährigen Sohnes, ist seit dem 01.07.1994 mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von zuletzt 7.089,– EUR bei der Beklagten beschäftigt. Gemäß der Arbeitsplatzbeschreibung vom 19.01.2000 war der Kläger als Gruppenleiter für Testsysteme beschäftigt, wobei ihm fünf Mitarbeiter unterstellt waren. Im Betrieb der Beklagten wird ein Windtunnel zum Test von Modell-Prototypen neuer Flugzeuge eingesetzt. Insgesamt sind ca. 36 Mitarbeiter bei der Beklagten tätig.
Im Juni 2007 erfolgte in der Person des Geschäftsführers der Beklagten ein Wechsel auf den jetzigen Geschäftsführer Dr. D.
Mit Schreiben vom 28.09.2007 erteilte die Beklagte dem Kläger eine schriftliche Abmahnung wegen des Vorwurfs unentschuldigten Fehlens.
Der Kläger erhielt eine Arbeitsplatzbeschreibung unter dem 29.01.2008 als Senioringenieur mit der Zuständigkeit für spezielle Entwicklungsprojekte. Im Organigramm der Beklagten aus Februar 2008 ist der Kläger unter dieser Funktion ohne Unterstellung ihm zugewiesener Mitarbeiter aufgeführt. Die vom Kläger zuvor ausgeübte Tätigkeit als Gruppenleiter der Testsysteme ist ausweislich des Organigramms aus Februar 2008 von seinem bisherigen Stellvertreter, dem Mitarbeiter J. besetzt.
Gegen diese Maßnahme wandte sich der Kläger mit seiner unter dem AZ: 10 Ca 4743/08 beim Arbeitsgericht Köln anhängig gewesenen Klage.
Der Kläger war im Zeitraum vom 10.01. bis 30.06.2008 längere Zeit arbeitsunfähig. Im Rahmen der Arbeitsunfähigkeit erfolgte eine Wiedereingliederung nach dem sog. Hamburger Modell. Ab dem 01.07.2008 war der Kläger zunächst wieder im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung bei der Beklagten tätig. Ab 08.07.2008 war der Kläger erneut arbeitsunfähig erkrankt.
Mit Schreiben vom 09.07.2008 mahnte die Beklagte den Kläger erneut wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten ab und berief sich hierbei zum einen auf den Vorwurf, der Kläger habe sich in seiner eigenen Angelegenheit mit Schreiben vom 20.06.2008 unmittelbar mit Mitgliedern des Aufsichtsrats der Beklagten in Kontakt gesetzt, ohne sich vorher mit der Geschäftsführung abzustimmen. Zudem wurde dem Kläger in der Abmahnung vorgehalten, er habe sich unmittelbar nach dem Gütetermin vom 07.07.2008 gegenüber seinem bisherigen Stellvertreter, Herrn J, geäußert, der Gütetermin sei zu seinen Gunsten ausgegangen und Herr J. solle die Zeit bis zum Kammertermin nutzen, da der Kläger um seine frühere Funktion kämpfen würde, wodurch Druck auf Herrn J. vom Kläger ausgeübt und der Betriebsfrieden massiv gestört worden sei.
Mit Schreiben vom 19.08.2008, welches dem Kläger am 20.08.2008 zugegangen ist, erklärte die Beklagte eine Änderungskündigung vom 19.08.2008 mit Wirkung zum 31.01.2009 mit dem Angebot, ab 31.01.2009 als Senioringenieur für spezielle Projekte für die Beklagte tätig zu werden. Eine weitere Änderungskündigung vom 19.08.2008 mit Wirkung zum 31.01.2009 verbunden mit dem Angebot, ab 01.02.2009 als Senioringenieur für sie zu arbeiten, ging dem Kläger am 21.08.2008 zu.
Mit zwei Schreiben vom 04.09.2008 erklärte der Kläger hinsichtlich der beiden Änderungskündigungen jeweils die Annahme unter dem Vorbehalt, dass diese nicht sozial ungerechtfertigt seien.
Mit seiner am 08.09.2008 beim Arbeitsgericht in Köln eingegangenen Änderungsschutzklage vom selben Tag, hat der Kläger die Unwirksamkeit der Änderungskündigungen geltend gemacht.
Er hat hierzu die Ansicht vertreten, die aufgrund der Arbeitsplatzbeschreibung vom 29.01.2008 erfolgte Versetzung des Klägers auf den Arbeitsplatz als Senioringenieur für spezielle Projekte sei nicht vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt. Die neue Funktion beinhalte im Gegensatz zu seiner frü...