Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerberkonzept als Kündigungsgrund
Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls außerhalb des Insolvenzrechts erfolgt eine Kündigung nur dann nicht wegen des Betriebsüberganges i. S. d. § 613 a BGB, wenn auch ohne den Betriebsübergang der Einsatz des Arbeitnehmers entbehrlich geworden wäre. Allein ein Erwerberkonzept, das eine Umverteilung der Arbeitsaufgaben auf Mitarbeiter des Erwerbers vorsieht, reicht dazu nicht aus.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 19.03.2003; Aktenzeichen 3 Ca 4651/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 19.03.2003 – 3 Ca 4651/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Klage hat sich die 27 Jahre alte Klägerin, die seit dem 01.03.2000 bei der Beklagten als Gastronomieleitung, Bankettleitung und Direktionsassistentin zu einem Bruttomonatsgehalt von 1.750,00 EUR beschäftigt ist, unter Berufung auf § 613 a Abs. 4 BGB gegen eine von der Beklagten am 28.11.2002 mit Wirkung zum 31.12.2002 ausgesprochene Kündigung gewandt.
Die Beklagte hat hierzu behauptet, die Erwerberin ihres Hotelbetriebes in H. habe bei den Übernahmeverhandlungen im November 2002 darauf hingewiesen, dass die Beklagte vor Übergang des Betriebes zum 01.01.2003 eine Umstrukturierung durchführen müsse, u. a. die Bankett- und die Gastronomieleitung streiche, ab 01.01.2003 solle ein bei der A. -Gruppe beschäftigter stellvertretender Direktor die Aufgaben aus dem Gastronomiebereich wahrnehmen, die im Bankettbereich anfallenden Arbeiten würden fortan im Rahmen der A. -Gruppe durch einen eigenen Vertriebsmitarbeiter wahrgenommen, der nicht nur für den Betrieb des ehemaligen Hotelbetriebes in H., sondern auch für den Betrieb in anderen zur A. -Gruppe gehörenden Hotels zuständig sei.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag der Klägerin erkannt: Die Erweiterung des Kündigungsrechts des Veräußerers um Gründe, die allein in der Sphäre des Erwerbers lägen und von diesem erst mit dem Betriebsübergang aufgrund einer weitergehenden betriebsübergreifenden unternehmerischen Planung verwirklicht werden könnten würde dem Zweck des § 613 a IV BGB vereiteln, wonach Kündigungen aus Anlass des Betriebsüberganges ausgeschlossen sind.
Gegen dieses der Beklagten am 09.04.2003 zugestellte Urteil hat sie am 17.04.2003 Berufung eingelegt und diese am 25.04.2003 begründet.
Sie verweist unter Berufung auf die bislang nur durch Pressemitteilung bekannt gegebene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2003, 8 AZR 97/02 darauf, dass die A. -Gruppe beabsichtigt, die früher von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben anders zu verteilen. Aus Sicht der Beklagten hätten im Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist, d. h. am 31.12.2002, keine freien Arbeitsplätze bestanden, auf denen die Klägerin habe weiterbeschäftigt werden können. Bei der Beklagten gebe es wegen der Aufgabe der Geschäftstätigkeit keine Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin, auch die A. -Gruppe beschäftige in dem übernommenen Betrieb der Beklagten keine vergleichbaren Mitarbeiter. § 613 a Abs. 4 BGB bezwecke keine „künstliche Verlängerung” des Arbeitsverhältnisses bei einer vorhersehbar fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers bei dem Erwerber. Hätte die A. -Gruppe die Betriebsleitung bei Vertragsunterzeichnung Ende November 2002 übernommen und die Kündigung ausgesprochen, so hätte ohne weiteres festgestanden, dass das in diesem Fall zwischen der A. -Gruppe und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis mit dem 31.12.2002 sein Ende gefunden habe. Aus welchen Gründen dies anders sein soll, wenn der Betriebsübergang nicht sofort mit Vertragsunterzeichnung am 28./29.11.2002 vollzogen, sondern erst zum 31.12.2002 umgesetzt worden sei, sei nicht nachvollziehbar.
Sie beantragt,
unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg vom 19.03.2003 – 3 Ca 4651/02 –, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass sie auch bei der Erwerberin hätte weiter beschäftigt werden können. Sie habe eine Ausbildung als Hotelkauffrau und sei somit auch in anderen Arbeitsbereichen einsetzbar. Die Erwerberin verfüge über eine Hotelkette, die bundesweit Stellen ausschreibe. Außerdem habe die Möglichkeit bestanden, die geplante Umstrukturierung erst zum 01.03.2003 zu installieren, so dass eine „künstliche Verlängerung der Beschäftigung” vermeidbar gewesen sei. Jedenfalls habe der Klägerin nach dem ultima-ratio-prinzip eine vorhandene freie Stelle im Restaurationsbereich angeboten werden müssen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Urkunden und Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Beschwerdewert an sich statthafte Berufung wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet, sie ist mithin zulässig.
In der Sache hatte sie keinen Erfolg. Das Berufungsgericht geht mit dem Arbeitsgericht davo...