Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehepartner. personenbedingte Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Die Tatsache, dass die Ehe von Personen, die zugleich Vertragspartner eines Arbeitsverhältnisses sind, zerrüttet ist, kann regelmäßig eine personenbedingte Kündigung des als Arbeitnehmer tätigen Ehepartners nicht rechtfertigen.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 27.02.2002; Aktenzeichen 9 Ca 8598/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.02.2002 – 9 Ca 8598/01 – teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20.08.2001 nicht beendet worden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung, um Weiterbeschäftigung sowie um dieErteilung eines Zeugnisses.
Der Kläger ist der Ehemann der Mitgeschäftsführerin der Beklagten, Frau U. Die Firma befasst sich mit der Produktion und dem Verkauf von Backwaren. Frau U geht einer versicherungspflichtigen Tätigkeit bei einer Großbank in Bonn nach und erzielt dort ein geregeltes Einkommen.
Der Kläger erhielt jeweils Lohnabrechnungen von der Beklagten, in denen als Einstelltermin der 16.01.2001 genannt ist und worin jeweils monatlich 5.000,– DM brutto zu seinen Gunsten abgerechnet wurden. Steuer- und Sozialabgaben wurden für ihn ordnungsgemäß abgeführt.
Mit Schreiben vom 20.08.2001 erhielt der Kläger folgende Kündigung:
„Sehr geehrter Herr U,
das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis kündige ich fristgerecht zum 15.09.2001, bis zu Ihrem Ausscheiden werden Sie hiermit mit sofortiger Wirkung bei vollen Bezügen von der Arbeit freigestellt.
Das Betreten der Geschäftsräume ist Ihnen nicht mehr gestattet.
Ihre Arbeitspapiere werden Ihnen rechtzeitig übergeben.„
Mit seiner Klage hat der Kläger sich gegen die Kündigung unter Berufung auf Kündigungsschutz gewendet und die Kündigungsfrist gerügt, ein Zwischenzeugnis sowie Weiterbeschäftigung verlangt.
Der Kläger hat behauptet, seit 16.01.2001 als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen und in erster Linie mit dem Verkauf von Backwaren befasst gewesen zu sein. Hintergrund der Kündigung sei offensichtlich die Trennung des Ehepaars, was aber keinen Einfluss nehme auf seine berufliche Tätigkeit.
Es gebe einen schriftlichen Arbeitsvertrag, vom Kläger und nicht von der Beklagten unterzeichnet, worin eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende vorgesehen sei.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das mit der klägerischen Partei bestehende Arbeitsvertragsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 20.08.2001, der klägerischen Partei am selben Tag zugegangen,zum 15.09.2001 nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht,
- beklagte Partei zu verurteilen, der klägerischen Partei ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen,
- die beklagte Partei zu verurteilen, die klägerische Partei für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat den Arbeitnehmerstatus des Klägers bestritten. Ihm seien keine Aufgaben übertragen gewesen. Vielmehr sei seine Ehefrau, Frau U, Geschäftsführerin und Gesellschafterin, und sei als Geschäftsführerin angestellt.
Da diese bereits einer versicherungspflichtigen Tätigkeit bei einer Großbank mit geregeltem Einkommen nachgehe, werde der ihr neben den weiteren Geschäftsführern zustehende Lohn auf den Namen des Klägers überwiesen, damit dieser, der keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, auch Anwartschaften bei der gesetzlichen Rentenversicherung begründen könne. Er sei jedoch nicht Arbeitnehmer. Die Kündigung sei lediglich ausgesprochen worden, damit ein Rechtsgrund für das erteilte Hausverbot in den Geschäftsräumen geschaffen werde, und damit der Kläger, der nunmehr von der Ehefrau getrennt sei, Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt beanspruchen könne.
Die Kündigung sei verhaltensbedingt ausgesprochen worden. Der Kläger habe die Geschäftsführerin U auf das massivste bedroht und Übles in Aussicht gestellt, weshalb sie eine einstweilige Verfügung erwirkt habe beim Amtsgericht Köln (AZ 140 C 195/01), wonach der Kläger jeglichen Kontakt zu der Ehefrau U zu unterlassen habe, sowohl verbal als auch körperlich. Es habe akute Gefahr für Leib und Leben von Frau U bestanden. Aufgrund der Ausschreitungen des Kläges sei das Vertrauensverhältnis zerstört und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte nicht mehr zumutbar.
Richtig sei, dass die Kündigungsfrist bis 30.09.2001 gemäß § 622 Abs. 2 BGB zu laufen habe. Eine andere Kündigungsfrist sei nicht vertraglich vereinbart worden. Es gebe keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, nur einen Entwurf. Der Kläger habe seine Frau danach vertreten sollen, er habe das aber nicht gewollt, sondern sei lediglich aus privaten Gründen in die Firma gekommen...