Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsklausel. Aufrechnung. Abfindung. Pfändungsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einzelfall der Auslegung einer Ausgleichsklausel in einer Aufhebungsvereinbarung

2. Die Abfindung stellt zwar ein Arbeitseinkommen dar, sie unterliegt hingegen nicht den Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO. Ihr Pfändungsschutz richtet sich nach § 850 i ZPO (BAG, Urt. v. 13.11.1991 – 4 AZR 39/91 –). Bei Zusammentreffen fortlaufender Bezüge mit Vergütungen, die unter § 850 i ZPO fallen, sind beide Einkommensarten pfändungsrechtlich gesondert zu behandeln (Zöller/Stöber, 27. Auflage, § 850 c ZPO Rd. 3 m.w.N.).

 

Normenkette

BGB § 394; ZPO §§ 850c, 850i

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 10.06.2009; Aktenzeichen 18 Ca 7229/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.06.2009 – 18 Ca 7229/08 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 77 % und die Beklagte zu 23 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Auslegung einer Ausgleichsklausel in einem Auflösungsvertrag und die Aufrechnung mit zu viel gezahlter Aufwendungserstattung.

Die Parteien schlossen im Juli 2007 einen Auflösungsvertrag, wonach der Kläger zum 20.08.2008 gegen Zahlung einer Abfindung ausscheidet. Nach § 7 Nr. 1 der Vereinbarung sollten mit Unterzeichnung des Auflösungsvertrages alle Ansprüche aus oder in Verbindung mit dem Anstellungsverhältnis, gleichgültig ob bekannt oder unbekannt und aus welchem Rechtsgrund, abgegolten sein. Hiervon waren nach § 7 Ziffer 2. b. Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung zu viel gezahlten Entgelts sowie auf Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen ausgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Auflösungsvereinbarung wird auf Bl. 3 ff. d.A. verwiesen.

Der Kläger erhielt Anfang 2008 für den Zeitraum 15.11.2007 bis 15.11.2009 eine Mehraufwendungserstattung in Höhe von 7.788,– EUR zum Ausgleich erhöhter Fahrkosten infolge einer Versetzung.

Die Beklagte hat wegen Überzahlung der Aufwendungserstattung einen Betrag von 3.359,59 EUR mit der Schlussabrechnung August 2008 verrechnet, und zwar 780,47 EUR mit dem Gehalt und den Restbetrag mit der Abfindung.

Gegen dieses Vorgehen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.06.2009 (Bl. 77 ff. d.A.) erkannt, dass die Aufrechnung gegen den Gehaltsanspruch wegen Verstoßes gegen das Aufrechnungsverbot der §§ 394 BGB, 850 c ZPO unwirksam sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, da die Rückzahlungsansprüche nicht von der Ausgleichsklausel des Auflösungsvertrages erfasst seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der Antragstellung erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

Gegen das ihm am 09.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.08.2009 Berufung eingelegt und diese am 08.09.2009 begründet.

Die Berufung wurde der Beklagten am 25.09.2009 zugestellt, die daraufhin am 23.10.2009 die Anschlussberufung eingelegt hat.

Der Kläger meint, das Arbeitsgericht habe die Aufwendungserstattung zu Unrecht als Entgelt angesehen. Es spiele für die Anwendung der Ausgleichsklausel nach ihrem Sinn und Zweck, Rechtsklarheit zu schaffen, auch keine Rolle, dass das Arbeitsverhältnis bei Abschluss des Auflösungsvertrages noch nicht beendet gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des am 10.06.2009 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Köln, Az.: 18 Ca 7229/08 – die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 2.590,– EUR netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.11.2008 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts, soweit dieses die Aufwandsentschädigung als Entgelt betrachtet hat. Ergänzend verweist sie auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung und die Terminologie des Sozialplans. Zudem handele es sich bei der Aufwandsentschädigung um eine vorschüssige Leistung nach § 7 Ziffer 2. b. des Auflösungsvertrags. Im Gegensatz zum Arbeitsgericht sieht die Beklagte wegen der gleichzeitigen Zahlung der Abfindung keinen Verstoß gegen ein Aufrechnungsverbot. Aufgrund des Vorschusscharakters der Aufwandsentschädigung beinhalte diese eine stillschweigende Abrede, dass der Verrechnung die Vorschrift des § 394 BGB nicht entgegen stehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig, denn sie sind gemäß 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurden innerhalb der Fristen der §§ 66 Abs. 1 Arb...

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