Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf eigene Abrechnung über Nachzahlung. Kein Berichtigungsanspruch fehlerhafter Abrechnung. Nachvollziehbarkeit von Abrechnungen von Arbeitsentgelt. Inhaltliche Anforderungen an Gehaltsabrechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt kann ein Arbeitnehmer nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht die Berichtigung der bereits erteilten Abrechnungen beanspruchen, sondern nur eine eigene Abrechnung über die Nachzahlung.
2. Aus der Abrechnung muss erkennbar sein, wie sich das gezahlte Arbeitsentgelt zusammensetzt. Ausschlaggebend ist dabei, welche Gehaltsbestandteile der Arbeitgeber tatsächlich zugrunde gelegt hat. Diese Gehaltsbestandteile sind korrekt auszuweisen. Gehaltsbestandteile dürfen weder zu einer einzigen Summe zusammengefasst noch darf das Gehalt fiktiv in tatsächlich nicht geleistete Bestandteile aufgespalten werden.
Normenkette
GewO § 108 Abs. 1; BGB § 362 Abs. 1; ZPO § 92 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 20.10.2021; Aktenzeichen 11 Ca 430/20) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 20.10.2021 - 11 Ca 430/20 - teilweise abgeändert, soweit die Verurteilung für den Zeitraum Mai 2019 bis einschließlich Februar 2020 erfolgte. In diesem Umfang wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu 60 %, die Klägerin zu 40 % zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Erteilung ordnungsgemäßer Gehaltsabrechnungen.
Die 1962 geborene Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Krankenhaus mit etwa 200 Beschäftigten betreibt, im Krankenpflegebereich beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis begann am 01.03.1987.
In den Verdienstabrechnungen der Klägerin wies die Beklagte zuletzt eine Vergütung nach Tarifart "BATSK7" aus, aufgeschlüsselt nach den Gehaltsbestandteilen: Grundgehalt, Ortszuschlag, OZ Ehegattenanteil, monatliche Zulage und allgemeine Zulage.
Am 12.02.2020 schlossen die Parteien folgende Vereinbarung:
"...
1. Frau L... erhält rückwirkend ab 01.05.2019 die monatliche Vergütung nach der Gehaltsgruppe P 7 Stufe 6 des DRK-Reformtarifvertrages.
2. Unter Anrechnung der von Mai 2019 bis einschließlich Januar 2020 gewährten Vergütung (Vergütungsbestandteile: Grundgehalt, Ortszuschlag, OZ Ehegattenanteil, monatliche Zulage und allgemeine Zulage), wird auf der Grundlage der unter Ziffer 1 genannten Vergütung abgerechnet und der Differenzbetrag mit der Monatsabrechnung Februar 2020 gezahlt.
..."
In der Verdienstabrechnung für den Monat März 2020 rechnete die Beklagte weiterhin nach "BATSK7" ein Grundgehalt von € 1.892,04 brutto, einen Ortszuschlag von € 437,65 brutto, einen OZ Ehegattenanteil von € 93,12 brutto, eine monatliche Zulage von € 131,64 brutto und eine allgemeine Zulage von € 99,85 brutto ab. Den Differenzbetrag zu der maßgeblichen Vergütung des DRK-Reformtarifvertrages (€ 3.470,01 brutto) bezeichnete die Beklagte in der Abrechnung als "Zulage 1" (€ 815,71 brutto). Des Weiteren enthält die Verdienstabrechnung für den Monat März 2020 eine "Nachz. DRK Reformtarif 05/2019 bis 02/20" in Höhe von € 8.682,01 brutto. Auch in den folgenden Monaten erteilte die Beklagte der Klägerin Verdienstabrechnungen nach Tarif BATSK7 mit einem Grundgehalt, einem Ortszuschlag, einem OZ Ehegattenanteil sowie einer monatlichen und einer allgemeinen Zulage.
Die Klägerin wandte sich deshalb mit den Schreiben vom 16.04.2020, 16.07.2020 und 18.08.2020 an die Beklagte mit der Bitte, korrekt abzurechnen. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 24.08.2020 jegliche Änderungen ab. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.11.2020 beim Arbeitsgericht Klage erhoben.
Erstmalig mit der Verdienstabrechnung für den Monat April 2021 gab die Beklagte als Tarifart den "DRK-TarifrP7" (Stufe 06) an und wies ein Grundgehalt von € 3.532,49 brutto aus, ohne diesen Betrag in einen Ortszuschlag, einen OZ Ehegattenanteil, eine monatliche sowie eine allgemeine Zulage aufzusplitten. Die Klägerin hat daraufhin ihren Antrag auf den Zeitraum bis zum März 2021 begrenzt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass sie nach § 108 GewO einen Anspruch auf eine richtige, also eine der Zahlung entsprechende Verdienstabrechnung habe. Wenn es bei den falschen Abrechnungen bleibe, könne ihr ggf. später ein Schaden entstehen, z. B. bei der Rente.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin von Mai 2019 bis März 2021 dahingehend korrigierte Gehaltsabrechnungen zu erteilen, dass
- es unter "Tarifart ...: Gehaltsgruppe P7, Stufe 6" heißen muss und
- das Grundgehalt, der Ortszuschlag, OZ Ehegattenanteil, die monatliche Zulage und die allgemeine Zulage durch die Bruttovergütung in Höhe von
€ 3.470,01 von Mai 2019 bis März 2020 und
€ 3.532,49 von April 2020 bis März 2021
zu ersetzen ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffas...