Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatinsolvenzverfahren. Pfändung von Arbeitseinkommen. Direktversicherungsbeiträge
Leitsatz (amtlich)
1. Die Pfändung von Arbeitsentgelt folgt dem sog. Bruttoprinzip.
2. Direktversicherungsbeiträge stellen jedenfalls dann pfändbares Einkommen dar, wenn die Versicherung und Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens abgeschlossen wurde.
Normenkette
ZPO § 850 Abs. 2, §§ 850a, 850c; InsO § 81 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 01.08.2006; Aktenzeichen 24b Ca 1831/05 I) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird dasEndurteil des Arbeitsgerichts München – Kammer Ingolstadt – vom01.08.2006 – 24b 1831/05 I – in Ziffern 1. und 2. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
EUR 1.507,87 (i. W.: eintausendfünfhundertsieben 87/100 Euro) netto zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ¾, die Beklagte ¼.
II. Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Differenzvergütung, bedingt durch die Errechnung des pfändbaren Betrages des Einkommens des Klägers.
Der im Jahr 1962 geborene und drei Personen unterhaltsverpflichtete Kläger ist bei der Beklagten, einem Automobilhersteller, als Angestellter beschäftigt. Die Tarifverträge der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie finden kraft beidseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Über das Vermögen des Klägers war mit Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – I. vom 27. Mai 2002 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden.
Der Kläger erhält zu seiner monatlichen Vergütung, von der monatliche Beträge von 39,88 EUR als vermögenswirksame Leistungen abfließen, eine Sonderzuwendung auf der Basis der Betriebsvereinbarung 3/98 (Bl. 234 ff. d. A.), eine Mitarbeitererfolgsbeteiligung auf Basis der Betriebsvereinbarung 6/97 (Bl. 239 ff. d. A.), Prämien auf Basis der Betriebsvereinbarung 1/2004 (Ideen-Programm, Bl. 260 ff. d. A. und 272 ff. d. A.) sowie eine erweiterte Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung gemäß der Betriebsvereinbarung 5/2005 (Bl. 279 ff. d. A.). Nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens schloss der Kläger im Jahr 2003 über die Beklagte eine Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung ab; dafür fallen jährliche Beiträge seitens des Klägers in Höhe von 1.752.– EUR an, die jeweils im Monat November vom Einkommen des Klägers in Abzug gebracht werden.
Während des Arbeitsverhältnisses leistete der Kläger in verschiedenen Monaten Mehrarbeit, die teils auch durch Reisezeiten anfiel. Diese war in den Abrechnungen gesondert ausgewiesen und vergütet worden.
In den Monaten Okt. 2004 bis Dezember 2005 brachte die Beklagte von dem in den Abrechnungen errechneten Nettobetrag u. a. Bearbeitungsgebühren wegen der Entgeltpfändung beim Kläger sowie Entgeltpfändungsbeträge in jeweils unterschiedlicher Höhe (in den Abrechnungen jeweils bezeichnet als „Einbehalt für Dritte”) in Abzug. Insoweit wird auf die Monatsabrechnungen für Oktober 2004 bis Oktober 2005 (Bl. 26 – 37 d. A.) und für November und Dezember 2005 (Bl. 69, 71 d. A.) Bezug genommen.
Mit seinem am 24. Aug. 2005 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Beklagten am 31. Aug. 2005 zugestellten Mahnbescheid vom 23. Aug. 2005 macht der Kläger Nettodifferenzvergütungen für die Monate Oktober 2004 bis Mai 2005 geltend. Die Beklagte hat unter dem Datum 31. Aug. 2005 Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben, der am 2. Sept. 2005 beim Arbeitsgericht eingegangen war.
Mit Schriftsatz vom 24. Okt. 2005 (Bl. 13 ff. d. A.), übergeben im Gütetermin vom 24. Okt. 2005 und – offenbar – der Beklagten im Gütetermin ausgehändigt, hat der Kläger die Klage auf Nettodifferenzvergütungen für die Monate Juni bis August 2005, mit Schriftsatz vom 24. Nov. 2005 (Bl. 21 ff. d. A.), eingegangen beim Arbeitsgericht am selben Tag und der Beklagten am 1. Dez. 2005 zugestellt, auf die Monate September und Oktober 2005 erweitert. Mit Schriftsatz vom 1. Dez. 2005 (Bl. 57 ff. d. A.), beim Arbeitsgericht München eingegangen am 3. Feb. 2006 und der Beklagten am 9. Feb. 2006 zugestellt, hat der Kläger seine Klage erneut auf Differenzvergütungsforderungen für die Monate November und Dezember 2005 erweitert. Hierbei hat er auf Anregung des Arbeitsgerichts gemäß Beschluss vom 4. Jan. 2006 (Bl. 48 d. A.) seine Anträge nicht mehr als Nettovergütungsforderung angebracht, sondern, wie zuletzt erstinstanzlich gestellt, umgestellt.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe die pfändungsfreien Beträge des Einkommens unzutreffend berechnet und deswegen zu hohe Abzüge vom Entgelt des Klägers vorgenommen. Wegen der Differenzen im Einzelnen wird auf die Darlegung des Klägers zu den Monaten Oktober 2004 bis Mai 2005 (Bl. 5 – 7 d. A.) und zu den Monaten Juni mit August 2005 (Bl. 13, 14 d. A.) bzw. zu den Monaten Oktober 2004 bis Dezember 2005 (Bl. 63 – 68 d. A.) Bezug genommen.
U. a. ist der Kläger der Ansicht, die Beitr...