Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch i.R.d. Ermittlung der gesetzeskonformen Vergütung eines langjährig freigestellten Betriebsratsmitglieds
Leitsatz (redaktionell)
§ 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII bezeichnet Berufskrankheiten als Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung in Form der Berufskrankheiten-Verordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen sowie zwischen diesen und der Erkrankung hat sich nach dem Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu beurteilen.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 2; DSGVO Art. 4, 6; ZPO § 253 Abs. 2; DSGVO Art. 4 Nr. 1, Art. 2
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 21.09.2023; Aktenzeichen 7 Ca 116/23) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das "Teil-Anerkenntnis-Urteil und Schluss-Urteil" des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.09.2023 - 7 Ca 116/23 - teilweise abgeändert und im Tenor zu 3. nach dem letzten Wort wie folgt ergänzt: "und die Bruttonachzahlungsbeträge gem. § 22.2 Abs. 2 MTV für die Beschäftigten der V. AG ab dem jeweils auf den letzten Arbeitstag des Abrechnungsmonats folgenden Tag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen."
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten haben die Klägerin 96,4 % zu tragen und der Beklagte 3,6 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte 16 % und die Klägerin 84 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.930,96 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über einen Auskunftsanspruch im Rahmen der Ermittlung der gesetzeskonformen Vergütung eines langjährig freigestellten Betriebsratsmitglieds; weiterer Gegenstand der Berufung ist ein unstreitiger Zinsanspruch.
Der Beklagte ist bei der Klägerin seit September 1991 beschäftigt. Er absolvierte bei ihr zunächst eine Berufsausbildung zum Konstruktionsmechaniker Feinblechteile und war zuletzt als Werkzeugmacher eingesetzt und in die Entgeltstufe (ES) 13 des Haustarifvertrages eingruppiert. Seit dem 25.09.2013 ist er durchgehend Mitglied des Betriebsrates und von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Im Verlaufe seiner Amtszeit wurde er in die ES 14 höhergruppiert. Weiterhin erhält er eine Pauschale für entgangene Zuschläge, Mehrarbeitsvergütungen und Boni.
Nach Bekanntwerden des Urteils des BGH vom 10.01.2023 - 6 StR 133/22 - unterzog die Klägerin die Vergütung der Betriebsratsmitglieder einer Überprüfung und hat anschließend vorliegend Klage erhoben auf Rückzahlung von Entgelt sowie Feststellung der zutreffenden Eingruppierung (anfangs ES 13, zuletzt ES 14) und Vergleichsgruppe. Widerklagend hat der Beklagte seinerseits eine Lohnforderung, Feststellung der Eingruppierung in die ES 15 und einen Auskunftsanspruch geltend gemacht.
Soweit es für die allein vom Beklagten eingelegte Berufung von Bedeutung ist, hat er die Auffassung vertreten, es sei nicht richtig, die dem Beklagten zu zahlende fiktive Mehrarbeitsvergütung, die Schichtzulagen etc. solchermaßen pauschaliert zu berechnen, wie die Klägerin dies seit Jahren tue. Auch insoweit sei auf die sehr viel kleinere Gruppe der für den Beklagten zutreffenden Referenzpersonen, nämlich der damaligen Kollegen aus derselben Organisationseinheit und mit derselben Entgeltgruppe abzustellen. Damit der Beklagte die Berechnung der Klägerin nachprüfen könne, müsse ihm die Klägerin Auskunft erteilen über die Vergütung und deren Zusammensetzung, die sie denjenigen Arbeitnehmern zahle, welche Referenzpersonen für die Nachzeichnung seiner beruflichen Entwicklung seien.
Der Beklagte hat, soweit für die Berufung von Bedeutung, widerklagend beantragt,
- ...,
- festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, den Beklagten seit dem 01.02.2023 nach Entgeltstufe (ES) 15 der Anlage 1 zum Entgelttarifvertrag zwischen der V. AG und der IG Metall vom 05. März 2018 in der Fassung vom 01.05.2021, ab dem 01.06.2023 in der Fassung vom 23.11.2022 (Anlage 1 zum Verhandlungsergebnis), zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge gem. § 22.2 Abs. 2 MTV für die Beschäftigten der V. AG (Anlage B 2) ab dem jeweils auf den letzten Arbeitstag des Abrechnungsmonats folgenden Tag mit Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
die Klägerin zu verpflichten, dem Beklagten unter Vorlage von Abrechnungen oder vergleichbarer Nachweise, aus welchen die Klarnamen erkennbar sind, Auskunft zu erteilen über die Vergütung, die an
...
seit dem 25.09.2013 gezahlt wurde, unter Aufschlüsselung der Vergütungsbestandteile nach Grundvergütung, Schichtvergütung, Mehrarbeitsvergütung sowie Boni und Sonderzahlungen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungs...