Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten bei erfolgloser Teilnahme
Leitsatz (amtlich)
1.Eine Rückzahlungsklausel, die den AN zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichtet, wenn er keinen Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme (Nichtbestehen der Abschlußprüfung) erbringen kann, benachteiligt den AN unangemessen, wenn sie nicht danach differenziert, aus wessen Verantwortungsbereich bzw. Risikosphäre der Grund für die erfolglose Fortbildungsteilnahme resultiert.
2. Betriebsvereinbarungen, die Rückzahlungsverpflichtungen für Fortbildungskosten vorsehen, müssen die für solche Klauseln in AGB Verträgen entwickelten Schranken beachten. 3. Eine Verschiebung der Beweislast überschreitet die Regelungskompetenz der BV Parteien.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1-2, 1 Sätze 1-2, § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 08.01.2014; Aktenzeichen 1 Ca 388/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 08.01.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Kosten für die Teilnahme des Klägers an einer "Fortbildung zum Rettungsassistenten".
Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der in erster Instanz gestellten materiell-rechtlichen Anträge wird auf die sorgfältige Darstellung im Tatbestand des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 08. Januar 2014 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Fortbildungskosten aus der Fortbildung "Fortbildung zum Rettungsassistenten" zurückzuzahlen, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 5.306,97 € festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Rückzahlungsanspruch der Beklagten, gestützt auf § 5 Abs. 2 Ziff. 1 der Rückzahlungsvereinbarung vom 11.04.2012 scheitere bereits daran, dass die schon dem äußeren Anschein nach einseitig von der Beklagten vorformulierte Vertragsklausel i. S. d. § 310 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 BGB einer Formularvertragskontrolle nicht standhalte. Sie benachteilige den Kläger unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, da sie nicht danach differenziere, aus wessen Verantwortungsbereich bzw. Risikosphäre der Grund für die Nichterbringbarkeit des Nachweises über die erfolgreiche Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme resultiere, weshalb sie rechtsunwirksam sei. Ein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger, gerichtet auf Zahlung der Fortbildungskosten i. H. v. 5.306,97 €, ergebe sich auch nicht aus § 10 Ziff. 1 b) Satz 1 der BV Personalentwicklung (ggf. i. V. m. der Rückzahlungsvereinbarung). Selbst die Rechtswirksamkeit dieser Betriebsnorm einschließlich der in ihr enthaltenen Darlegungs- und Beweislastverteilung unterstellt, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast gehalten gewesen, auf den Vortrag des Klägers, ohne jede Fehlzeit an der Schulung teilgenommen und alles in seiner Macht stehende zum erfolgreichen Abschluss der Prüfungen getan zu haben, belastbare Anhaltspunkte aufzuzeigen, die nahelegten, dass der Kläger aufgrund eines von ihm steuer- und vorwerfbaren Verhaltens den praktischen und mündlichen Teil der Abschlussprüfungen nicht bestanden habe. Wegen der Einzelheiten, die das Arbeitsgericht zu seiner Entscheidung haben gelangen lassen, wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 31.01.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 27.02.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 17.04.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.04.2014 auf fristgemäßen Antrag vom 11.03.2014 verlängert worden war.
Die Beklagte rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, eine fehlerhafte Anwendung der Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Indem das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass das wiederholte und damit endgültige Nichtbestehen der Abschlussprüfung der Fortbildung zum Rettungsassistenten nicht ausreiche, ein Vertreten müssen des Klägers zu indizieren, würde - entgegen der in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Beweislastverteilung - faktisch die Beweislast für innere Umstände aus der Sphäre des Klägers der Beklagten auferlegt. Auch habe das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang den umfangreichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten dazu, dass und im Einzelnen welche innerbetrieblichen Hilfestellungen durch den betriebsärztlichen Dienst und weitere Kollegen, die gleichfalls eine Fortbildung zum Rettungsassistenten absolvierten, durch den Kläger nicht angenommen worden seien, nicht rechtlich gewürdigt. Darüber hinaus benachteilige die einzelvertragliche Rückzahlungsvereinbarung den Kläger nicht unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 S...