Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortbildungsvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Transparenzgebot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Transparenzgebot und Fortbildungsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Geschäftsbedingungen, die der Verwender der anderen Vertragspartei vorlegt. Wird der Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht, liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen vor.

2. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vertragsbestimmung so genau und klar beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird.

3. In einer Fortbildungsvereinbarung, die die Erstattung der Fortbildungskosten unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht, müssen die einzelnen Kostenarten dem Grund und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen angegeben werden. Die Angaben müssen mindestens so beschaffen sein, dass der Vertragspartner sein Rückzahlungsrisiko abschätzen kann.

 

Normenkette

BGB §§ 139, 242, 305 Abs. 1 S. 3, § 307 Abs. 1, § 310 Abs. 3 Nr. 3, § 488 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lingen (Entscheidung vom 03.03.2021; Aktenzeichen 1 Ca 397/20)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.04.2023; Aktenzeichen 9 AZR 187/22)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 3.3.2021 - 1 Ca 397/20 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der klagenden Arbeitgeberin auf Rückzahlung von Kosten für Fortbildungsmaßnahmen, mit denen sich die beklagte Arbeitnehmerin auf den Erwerb des Berufsexamens Steuerberater vorbereiten wollte.

Die Klägerin betreibt in A-Stadt eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei und stellte die Beklagte ab dem 01.04.2014 als Buchhalterin in Teilzeit ein. Die arbeitsvertraglichen Verhältnisse der Parteien werden durch den Teilzeitarbeitsvertrag vom 26.02.2014 (Anlage AF 1, Bl. 12 - 14 d. A.) geregelt.

Am 10.06.2017 begann beim Studienwerk der Steuerberater in NRW der "Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung 2018/2019". Die Beklagte nahm an diesem Lehrgang ab August 2017 teil; ob es zuvor zwischen den Parteien Gespräche über eine Teilnahme der Beklagten an diesem Lehrgang gab und wenn ja, mit welchem Inhalt, ist streitig.

Mit Rechnung vom 18.08.2017 (Anlage AF 2, Bl. 15 d. A.) stellte das Studienwerk der Steuerberater in NRW der Beklagten für die Lehrgangsteilnahme 3.883,93 € in Rechnung.

Am 04.12.2017 schlossen die Parteien einen "Fortbildungsvertrag" (Anlage AF 3, Bl. 16 - 18 d. A.), den sie mit einer "Klarstellung zum Fortbildungsvertrag" am 18.12.2017 ergänzten (Anlage AF 4, Bl. 19 d. A.). Der Fortbildungsvertrag hat folgenden Inhalt:

"§ 1

Die Arbeitnehmerin nimmt in der Zeit vom 01.08.2017 bis 31.03.2019 an Fortbildungsmaßnahmen teil, die vorbereiten auf den Erwerb des Berufsexamens

Steuerberater

§ 2

Die Teilnahme an dieser Fortbildung erfolgt im Interesse der beruflichen Fort- und Weiterbildung der Arbeitnehmerin.

§ 3

Die Vorbereitung auf das Berufsexamen wird mit einem Gesamtbetrag in Höhe von bis zu 10.000 € gefördert. Bei dem Förderbetrag handelt es sich um einen umsatzsteuerlichen Bruttobetrag. Das gewährte Förderbudget dient in allen Fällen zur Deckung sämtlicher für die Erlangung des Berufsexamens erforderlichen Vorbereitungs- und Prüfungszeiten sowie Vorbereitungs- und Prüfungskosten und die Bestellungsgebühren für Steuerberater. Es kann auch zur Freistellung für die Examensvorbereitung verwendet werden. Eine über das gewährte Förderbudget hinaus gehende Unterstützung wird nicht gewährt. Förderbudgets bzw. Freistellung zur Examensvorbereitung werden nicht gewährt und können nicht mehr in Anspruch genommen werden, selbst wenn die erforderlichen Zustimmungen vorliegen, wenn das Anstellungsverhältnis gekündigt oder auf andere Weise gelöst wird.

§ 4

Die Arbeitnehmerin kann frei über die Verwendung des Förderbudgets entscheiden. Sie kann die Verwendung für die Vorbereitungskurse zum Steuerberater, als auch die Umwandlung des Budgets in Freistellung wählen. Bei der Verwendung für die Vorbereitungskurse muss die Mitarbeiterin eine auf sie selbst ausgestellte Originalrechnung über den Kurs bei dem Arbeitgeber einreichen. Diese wird ihr dann aus dem Förderbudget erstattet.

Für die Examensvorbereitung werden maximal 70 Freistellungstage gewährt. Der frühestmögliche Beginn der Freistellung wird von der Geschäftsleitung unter Berücksichtigung betrieblicher Erfordernisse individuell festgelegt. Zur Umwandlung des Förderbudgets in bezahlte Freistellung wird je Freistellungstag 1/20 des zum Zeitpunkt der Umwandlung (= Gutschrift auf dem entsprechenden Url...

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