Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert eines Vergleichs in Bestands- und Beschäftigungsrechtsstreits bei Vereinbarung der Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus
Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Parteien in einem Bestands- und Beschäftigungsrechtsstreit die Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt der angegriffenen Kündigung hinaus zu geänderten Arbeitsbedingungen, handelt es sich hierbei um die Beilegung der Streitsache und nicht eines außergerichtlichen Streits der Parteien. Die vereinbarten Vertragsänderungen können zudem nur bis zur Obergrenze des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG in die Streitwertbemessung einfließen.
Normenkette
GKG §§ 42, 63, 68
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 03.09.2018; Aktenzeichen 2 Ca 7078/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.09.2018, Az.: 2 Ca 7078/17, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der bei der Beklagten seit 01.03.2001 gegen eine Bruttomonatsvergütung von EUR 7.368,86 beschäftigte Kläger hat gegen die ihm ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2018 Kündigungsschutzklage erhoben, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und seine tatsächliche Weiterbeschäftigung begehrt.
Die Parteien haben den Rechtsstreit vergleichsweise beigelegt und die Fortführung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.07.2018 zu geänderten Arbeitsbedingungen vereinbart.
Von ihnen wurden daneben auch Vergütungsansprüche für die Zeit bis zum 30.06.2018 und die Miterledigung eines weiteren anhängigen Rechtsstreits geregelt (vgl. Bl. 104 - 106 d.A.).
Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 03.09.2018 den Streitwert für das Verfahren auf EUR 29.475,44 (= 4 Bruttomonatsverdienste) und den überschießenden Vergleichswert auf EUR 18.618,86 festgesetzt. Letzteres in Höhe der geregelten Sonderzahlung für das Jahr 2018 und des Wertes des miterledigten Rechtsstreits.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben gegen den ihnen am 04.09.2018 formlos zugeleiteten Beschluss mit Schriftsatz vom 11.09.2018 Beschwerde eingelegt und die Anhebung des Vergleichswertes auf einen Betrag von EUR 65.029,67 begehrt. Die vereinbarten Vertragsänderungen sollten jeweils mit der Dreijahresdifferenz in Ansatz gebracht werden.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 11.10.2018 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt EUR 200,--.
Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers können gegen die gerichtliche Festsetzung aus eigenem Recht das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, da die gerichtliche Gebührenfestsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist.
2. Die Beschwerde ist sachlich nicht begründet.
a) Das Arbeitsgericht hat den Kündigungsschutzantrag in Ziffer 1 der Klage zutreffend nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG bewertet und das Vierteljahreseinkommen des Klägers in Ansatz gebracht.
Vom Erstgericht ist der neben dem Kündigungsschutzantrag geltend gemachte allgemeine Feststellungsantrag zu Recht nicht zusätzlich bewertet worden, denn er hat sich als bloßer Annex des Kündigungsschutzantrages dargestellt und sich nicht auf konkrete weitere Beendigungstatbestände bezogen. (vgl. LAG Nürnberg vom 12.12.2013 - 4 Ta 133/13; vom 15.03.2007 - 4 Ta 43/07, beide n.v., Ziffer I Nr. 17.2 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit).
Der Antrag auf tatsächliche Weiterbeschäftigung ist gemäß Ziffer I Nr. 26 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit mit einer Bruttomonatsvergütung zusätzlich bewertet worden b) Für die im Vergleich geregelte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen ab dem 01.07.2018 hat das Erstgericht zutreffend keinen überschießenden Vergleichswert festgesetzt. Hierdurch ist nämlich der anhängige Bestands- und Beschäftigungsstreit der Parteien beigelegt worden und kein davon unabhängiger weiterer gerichtlicher oder außergerichtlicher Streit.
Eine Einigungsgebühr für die anwaltliche Tätigkeit fällt gem. Nr. 1000 VV RVG (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages an, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis oder einen Rechtsanspruch beseitigt wird.
Dem tragen die Regelungen für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts in Ziffer I Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit Rechnung, wonach ein Vergleichsmehrwert nur festzusetzen ist, wenn ...