Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Streitwertfestsetzung für den Streit um das Arbeitsverhältnis und für die Zeugniserteilung. Kein Vergleichsmehrwert bei Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich
Leitsatz (redaktionell)
1. Die auf der Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichtete Streitwertkommission hat einen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeitet. Dieser entfaltet zwar keine rechtliche Bindungswirkung, stellt aber eine ausgewogene und mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.
2. Für den Streit um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind regelmäßig drei Monatsgehälter, für die Erteilung eines qualifizierten Endzeugnisses regelmäßig ein Monatsgehalt festzusetzen.
3. Es tritt keine Werterhöhung ein, wenn der Vergleich lediglich als Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits zu bewerten ist. Abzustellen ist auf die Umstände zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses.
Normenkette
GKG §§ 63, 68, 42 Abs. 2 S. 1; RVG § 2 Abs. 2; RVG-VV Nr. 1000
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 06.07.2021; Aktenzeichen 9 Ca 1778/21) |
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 28.06.2021; Aktenzeichen 9 Ca 1778/21) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beklagtenvertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.06.2021 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 06.07.2021, Az. 9 Ca 1778/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert für Verfahren und Vergleich wird von Amts wegen auf 28.422,52 € festgesetzt.
Gründe
Die Parteien stritten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 26.03.2021 zum 30.06.2021, die Erteilung eines Zwischenzeugnisses und hilfsweise die Erteilung eines endgültigen Zeugnisses. Das durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers betrug 7.105,63 € brutto.
Das Verfahren endete durch Feststellung eines gerichtlichen Vergleichs. Darin einigten sich die Parteien unter anderem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2021 die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit inhaltlichen Vorgaben, die Erteilung verschiedener Arbeitspapiere sowie die Rücknahme einer gleichlautenden vor dem Arbeitsgericht Paderborn eingereichten Klage. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vergleich (Blatt 106-107 der Akten) Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 28.06.2021 setzte das Arbeitsgericht den Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf 21.316,89 € (= drei Monatsgehälter) und den überschießenden Vergleichswert auf 9.947,88 € fest.
Mit Schriftsatz vom 05.07.2021 beantragte der Beklagtenvertreter den Beschluss zu korrigieren. Für das Verfahren sei ein Streitwert von 35.528,15 € anzusetzen (fünf Monatsge-hälter) und der Vergleichswert entsprechend höher festzusetzen.
Mit Beschluss vom 06.07.2021 half das Arbeitsgericht dem als Streitwertbeschwerde ausgelegten Antrag teilweise ab und setzte den Verfahrensstreitwert auf 28.422,52 € (drei Monatsgehälter für den Bestandsstreit, ein Monatsgehalt für den Zeugnisantrag) und den überschießenden Vergleichswert auf 2.842,25 € (jeweils 10 % eines Monatsgehalts für die Ausstellung von insgesamt vier Arbeitspapieren) fest.
Nach Vorlage des Verfahrens an das Landesarbeitsgericht gab dieses den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 28.07.2021. Der Beklagtenvertreter ist der Auffassung, dass für den hilfsweise gestellten Antrag auf Erteilung eines Zeugnisses neben dem Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses ein weiteres Monatsgehalt als Verfahrensstreitwert festzusetzen sei. Darüber hinaus sei die Verpflichtung zur Rücknahme der Klage vor dem Arbeitsgericht Paderborn zu bewerten. Wie das Arbeitsgericht auf einen überschießenden Vergleichswert von 2.842,25 € komme, könne nicht nachvollzogen werden. Die anderen Beteiligten gaben keine Stellungnahme ab.
B.
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Dies gilt auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Nürnberg 28.05.2020 - 2 Ta 76/20 juris; 24.02.2016 - 4 Ta 16/16 juris mwN). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Beklagtenvertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Verfahrens-streitwert zurecht auf vier Monatsgehälter festgesetzt. Ein überschießender Vergleichswert war jedoch nicht festzusetzen. Dies konnte vom Landesarbeitsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG von Amts wegen korrigiert werden.
1. Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsb...