Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertkatalog der Arbeitsgerichtsbarkeit. Feststellung und Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts. Streitwertfestsetzung für einen Zeugnisstreit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die auf der Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichtete Streitwertkommission hat einen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeitet. Dieser entfaltet zwar keine rechtliche Bindungswirkung, stellt aber eine ausgewogene und mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.
2. Ein Vergleichsmehrwert ist nur festzusetzen, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden.
3. Für Erteilung und Berichtigung eines Zeugnisses ist regelmäßig insgesamt ein Monatseinkommen als Streitwert anzusetzen.
Normenkette
GKG §§ 63, 68; RVG § 2 Abs. 2 Anl. 1; RVG-VV Nr. 1000; GKG § 48 Abs. 1; ZPO § 3; Streitwertkatalog Teil I Nr. 21.2, Nr. 25.1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 29.10.2020; Aktenzeichen 10 Ca 5393/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 29.10.2020, Az. 10 Ca 5393/19, wird zurückgewiesen.
Der Vergleichsmehrwert wird von Amts wegen auf 8454,42 € festgesetzt.
Gründe
A.
Die Parteien stritten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine außerordentliche Kündigung vom 26.09.2019. Mit Klageerweiterung vom 12.02.2020 machte der Kläger einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses, hilfsweise eines qualifizierten Endzeugnisses geltend. Darüber hinaus erhob der Kläger am 04.03.2020 zwei weitere Klagen (Az. 10 Ca 1098/20 und 10 Ca 1099/20), mit denen sich der Kläger gegen zwei weitere ordentliche Kündigungen vom 12.02.2020, einmal als Tatkündigung und einmal als Verdachtskündigung, zur Wehr setzte. Das monatliche Bruttoeinkommen des Klägers beträgt 2818,14 €.
Das Verfahren endete am 07.10.2020 durch Abschluss eines gerichtlich protokollierten Vergleichs. Hierin einigten sich die Parteien u.a. auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2020, auf Abrechnung des Arbeitsverhältnisses und Auszahlung des Nettobetrags bis einschließlich Juli 2020, dass Urlaub und Zeitguthaben in Natur eingebracht sind, auf die Erteilung eines Zeugnisses mit konkreter Leistungsart für Beurteilung, auf die Erteilung einer Arbeitsbescheinigung und auf Stillschweigen über den Inhalt des Vergleichs. Darüber hinaus wurden die beiden Kündigungsschutzverfahren mit erledigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vergleich (Blatt 180, 181 der Akten) verwiesen.
Mit Beschluss vom 29.10.2020 setzte das Gericht den Streitwert für das Verfahren auf 11.272,56 € (= vier Monatsgehälter) fest und den überschießenden Vergleichswert auf 8735,42 € (= drei Monatsgehälter für die erledigten Verfahren + 281 € für die Erteilung der Arbeitsbescheinigung).
Mit Schreiben vom 29.04.2020 legte der Klägervertreter gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Der Vergleichsmehrwert sei zu niedrig angesetzt. Für die miterledigten Verfahren seien insgesamt sechs Monatsgehälter anzusetzen. Auch die Verpflichtung zur Abrechnung und Auszahlung des Nettobetrages bis Juli 2020 sei ebenso streitwerterhöhend zu berücksichtigen wie die Einigung auf Einbringung von Urlaubstagen. Wegen der getroffenen Festlegungen hinsichtlich des Zeugnisinhalts sei insoweit ein weiteres Bruttomonatsgehalt festzusetzen. Auch die Stillschweigensklausel sei zu bewerten.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 26.05.2021 nicht ab (Blatt 225-227 der Akten) und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor.
Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis letztlich 13.07.2021. Auf die Stellungnahme des Klägervertreters vom 13.07.2021 wird Bezug genommen.
B.
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Dies gilt auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Nürnberg 28.05.2020 - 2 Ta 76/20 juris; 24.02.2016 - 4 Ta 16/16 juris mwN). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Klägervertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat sowohl den Verfahrensstreitwert als auch den Vergleichsmehrwert in im Wesentlichen beanstandungsfreier Weise festgesetzt und ausführlich im Nichtabhilfebeschluss begründet. Das Landesarbeitsgericht nimmt ausdrücklich auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Nichtabhilfebeschluss Bezug und macht sie sich entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen. Allerdings war für die Erteilung der Arbeitsbescheinigung ein Vergleichsmehrwert nicht festzusetzen. Es sind lediglich noch folgende A...