Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine ausschließliche Nutzung der deutschen Sprache in der Kommunikation mit dem Betriebsrat bei gewährleisteter Übersetzung. Kein Initiativrecht des Betriebrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zur ausschließlichen Verwendung der deutschen Sprache im Betrieb
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Vertreter des Arbeitgebers in Gesprächen mit ihm - dem Betriebsrat - in deutscher Sprache spricht und diese versteht, wenn gewährleistet ist, dass jeweils entsprechende Übersetzungen erfolgen.
2. Existieren keine arbeitgeberseitigen Vorgaben zur Verwendung einer Sprache, kann der Betriebsrat ein Begehren dahingehend, dass der Arbeitgeber bzw. sein Filialleiter mit Mitarbeitern immer in deutscher Sprache kommunizieren muss, auch nicht auf eine Verletzung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stützen.
3. Zur Auslegung entsprechender Unterlassungs- bzw. Handlungsansprüche.
Leitsatz (redaktionell)
Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats mit dem Ziel, dem Arbeitgeber hinsichtlich jeglicher Kommunikation mit den Mitarbeitern und dem Betriebsrat jegliche Verwendung ausländischer Sprachen zu untersagen, wäre als Globalantrag als unbegründet zurückzuweisen. Denn es gibt keine nachvollziehbaren Gründe noch ein Bedürfnis dafür, dass der Arbeitgeber auch bei einer Kommunikation, die sich auf die Arbeitsleistung bezieht, nur die deutsche Sprache nutzen darf. Streng genommen wäre hierdurch auch die Verwendung englischer Begriffe untersagt, die den betroffenen Arbeitnehmern ohne weiteres geläufig sind. Entsprechende Handlungs- oder Unterlassungspflichten des Arbeitgebers sind nicht gegeben.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 3, § 78
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 09.10.2019; Aktenzeichen 12 BV 31/19) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.10.2019 - Az. 12 BV 31/19 - wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über Unterlassungsbegehren des Betriebsrats und insbesondere darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, mit Betriebsratsmitgliedern und Mitarbeitern in deutscher Sprache zu kommunizieren.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1.) ist Betriebsrat der Filiale der Beteiligten zu 2.), die in Deutschland mit etwa 80 Filialen und ca. 4.500 Mitarbeitern Bekleidung, Accessoires und Schuhe verkauft, in N.... In dieser Filiale sind etwa 64 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beteiligte zu 2.) gehört zu einem Konzern mit Sitz in Spanien. Die über die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens hinaus von der Beteiligten zu 2.) eingesetzte Filialleiterin G... hatte zunächst kaum, später bessere Kenntnisse in deutscher Sprache. Unter dem 20.12.2018 vereinbarten die Betriebsparteien eine "Regelungsabsprache zur Betriebssprache Deutsch", die schriftlich niedergelegt und von den Vertretern der Beteiligten unterzeichnet wurde. Diese hat folgenden Wortlaut (Anlage 1 zur Antragsschrift, Bl. 13 f. d.A.):
Die Betriebssprache in den Betrieben des Unternehmens ist Deutsch. Die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Kunden hat in der Betriebssprache Deutsch zu erfolgen.
Zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern wird in Einzelgesprächen wie zBsp:
• Personalgesprächen
• Vorstellungsgesprächen
• Beurteilungsgesprächen
• Schulungen
wird ebenfalls die Betriebssprache Deutsch verwendet. Erklärungen in anderen Sprachen außer der Landessprache erfolgen nicht.
Die Regelungsabsprache gilt befristet ab dem 20.12.2018 bis zum 3.3.2019.
Eine Information über den Inhalt der Regelungsabrede wurde per Aushang veröffentlicht.
Der Beteiligte zu 1.) macht geltend, die Beteiligte zu 2.) habe gegen das Gebot zur Verwendung der deutschen Sprache verstoßen und damit seine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt. So sei die Bewerberin B... nicht eingestellt worden; diese habe auf Englisch auf die Filialleitung eingesprochen und eine Erklärung für ihre Nichteinstellung verlangt. Die Filialleiterin G... habe in Anwesenheit des Betriebsrats auf Englisch geantwortet. Andere Mitarbeiter hätten ihn, den Beteiligten zu 1.), informiert, dass mit ihnen Personalgespräche auf Englisch geführt worden seien. Unter anderem sei es darum gegangen, dass ein Mitarbeiter in der Herrenabteilung nicht minutengenau gestempelt habe. Im Personalgespräch mit einer Mitarbeiterin aus der Kinderabteilung, das die unmittelbare Vorgesetzte mit dieser auf Deutsch geführt habe, habe die Filialleiterin ergänzend englisch mit der Kollegin gesprochen. Die Filialleiterin habe bei anderer Gelegenheit ein Gespräch mit einer schwangeren Kollegin in Englisch geführt. Mitarbeiterbesprechungen - die täglichen kurzen "Nippons" - würden von der Filialleitung auf Englisch geführt, wenn die Filialleiterin anwesend sei, und zum Teil nicht übersetzt. In den Mitarbeiterversammlungen würden Sachverhalte nicht übersetzt, wenn die Übersetzung den Abteilungsleitern als zu schwierig erscheine. Im Monatsgespräch vom 28.02.2019 habe d...