Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Betriebsvereinbarung "Betriebssprache" in einem Luftverkehrsunternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff "Betriebssprache" ist in der BV Betriebssprache nicht näher definiert. Es ist aber damit erkennbar nicht gemeint, dass im Betrieb der Arbeitgeberin ausschließlich auf Deutsch gesprochen werden darf. Die Personalvertretung kann schon nach dem Wortlaut der BV Betriebssprache in den das Arbeitsverhalten betreffenden Bereichen nicht verlangen, dass im Betrieb Deutsch gesprochen wird.

2. Bei der Formulierung "Betriebssprache ... ist die deutsche Sprache" ging es darum sicherzustellen, dass es Aufgabe des Arbeitgebers bleiben sollte, dafür Sorge zu tragen, dass die - in erster Linie wohl deutschsprachige - Belegschaft in der Lage versetzt wird, die englischen Fachbegriffe zu verstehen, und es auch zulässig bleiben sollte, dass untereinander auf Deutsch kommuniziert wird.

3. Daraus lässt sich aber keine Verpflichtung der Arbeitgeberin ableiten, der Belegschaft nur solche Kommunikationspartner zur Verfügung zu stellen, die - zudem noch auf einem gewissen Niveau - über Deutschkenntnisse verfügen.

4. Dass die private Kommunikation unter den Kabinenmitgliedern leidet, wenn nicht ausschließlich deutsch gesprochen werden kann, erscheint eher unwahrscheinlich. Die Belegschaft muss in der Lage sein, im Rahmen der täglichen Arbeit auf Englisch zu kommunizieren.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 117 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 09.11.2016; Aktenzeichen 31 BV 6249/16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.11.2016 - WK 31 BV 11414/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz noch darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ausschließlich Kabinenpersonal einzusetzen, welches über ein Mindestmaß an deutschen Sprachkenntnissen verfügt.

Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um ein Luftverkehrsunternehmen. Die Personalvertretung ist nach dem Tarifvertrag Personalvertretung für das Kabinenpersonal (TV Personalvertretung) auf Basis eines nach § 117 Abs. 2 BetrVG geschlossenen Tarifvertrages errichtet worden.

Im Betrieb der Arbeitgeberin gibt es eine auf einem Einigungsstellenspruch basierende Betriebsvereinbarung Betriebssprache vom 14. Dezember 2012 (im Folgenden: BV Betriebssprache). Die Betriebsvereinbarung enthält ua folgende Regelung:

"1. Betriebssprache der a. ist, soweit keine zwingenden gesetzlichen oder behördlichen Bestimmungen entgegenstehen, die deutsche Sprache. Hiervon bleiben die sich unmittelbar auf die zu erbringende Arbeitsleistung beziehenden Anordnungen, insbesondere konkrete Arbeitsanweisungen in englischer Sprache unberührt."

In den folgenden Ziffern wird die Arbeitgeberin verpflichtet, Verständigungshilfen für Arbeitshandbücher zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund müsse keine deutsche Fassung der Handbücher veröffentlicht werden. Wegen der Einzelheiten des Inhalts der BV Betriebssprache wird auch die Anlage Ast 2 zum Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 12. Mai 2016 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 12. April 2016 wies die Widerantragstellerin auf Bedenken hinsichtlich eines beabsichtigten befristeten Einsatzes von Mitarbeitern der Fluggesellschaft Al.-S. A. It. S.p.A. (im Folgenden: Al.) hin, da diese über keine deutschen Sprachkenntnisse verfügten. Die Arbeitgeberin beantragte am 13. April 2016 bei der Personalvertretung die Zustimmung zum befristeten Einsatz mehrerer Flugbegleiter der Al. an der Station TXL. Die Personalvertretung lehnte die Zustimmung noch am selben Tag ab, da der Einsatz der Mitarbeiter der Al. gegen die BV Betriebssprache verstoße.

In einem Schreiben der Arbeitgeberin vom 23. April 2016 an das Kabinenpersonal heißt es:

"Bitte empfangen und unterstützen Sie unsere aushelfenden Partner kollegial:

Briefing in Englisch

- Galleysprache mit den Al. Kolleginnen und Kollegen in Englisch

- Unterstützung bei besonderen Herausforderungen mit deutschen Gästen

- Unterstützung in allen Intranetbereichen, die nur auf Deutsch zur Verfügung stehen

- Einladung zum proaktiven Austausch

Es wird jeweils nur ein italienischer CCM pro Flug eingesetzt. Alle Al. Kollegen werden als CCM gekennzeichnet."

Die Arbeitgeberin führte die Maßnahme vorläufig durch. Sie beschäftigte vorübergehend (Mai und Juni 2016) 25 Flugbegleiter, die ihren Stammarbeitsplatz bei der Al. haben. Der Einsatz erfolgte auf Kurz- und Mittelstrecken. Es wurden jeweils eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter der Al. pro Flug eingesetzt. Die Mitarbeiter der Al. verfügten idR über englische und italienische, nicht aber über deutsche Sprachkenntnisse.

Nach einer weiteren Betriebsvereinbarung zur Auswahl und Förderung der Cabin Creu Member (CCM) vom 15. November 2016 (im Folgenden: BV Auswahl) müssen CCM zur arbeitsvertraglichen Einstellung die deutsche und die englische Sprache sicher in Wort und Schrift beherrschen. Ein "B1/B2-S...

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