Raucherpausen bleiben ein Thema


Raucherpausen bleiben ein Thema

Lange Zeit war der Schutz der nicht rauchenden Belegschaft vor den Auswirkungen des Tabakrauchs der rauchenden Belegschaft vor allem ein Thema des Arbeitsschutzes. Nicht zuletzt durch die eindeutige Regelung in § 5 ArbStättV konnte nicht mehr umstritten sein, dass ein entsprechender Schutz zu gewährleisten ist - nicht aber, wie dieser sinnvoll umzusetzen ist.

Nicht zuletzt der Umstand, dass dabei auch der Betriebsrat zu beteiligen ist, macht es für den Arbeitgeber nicht einfacher, wie ein aktueller Beschluss des LAG Mecklenburg-Vorpommern zeigt. Dieser gibt zugleich wichtige Hinweise hinsichtlich der Mitbestimmungspflichtigkeit arbeitsschützender Maßnahmen.

Der Fall: Rauchen nur auf Raucherinseln in den Arbeitspausen

Bei der Arbeitgeberin galt neben einem Tarifvertrag, der die Pausenzeiten exakt regelte, eine Betriebsordnung (November 2011), in der sog. „Raucherinseln“ örtlich festgelegt werden, auf denen ausschließlich geraucht werden darf. Nachträglich verteilte die Arbeitgeberin im Jahr 2020 sog. „Verhaltensmaßregeln“, die das Rauchen auf den Raucherinseln nurmehr in den Pausenzeiten gestatteten. Damit war der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat nicht einverstanden.

Nach der bisherigen Betriebsordnung seien - so der Betriebsrat - ungeplante, eingeschobene Arbeitsunterbrechungen, in denen geraucht werden konnte, grundsätzlich möglich gewesen, was nicht zu zusätzlichen Pausenzeiten geführt habe. Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, dass die Anordnung aus dem November 2020 keine Regelung zum Rauchen enthalte, die über die Betriebsordnung aus dem Jahr 2011 hinausgehe. Die Unterschiede in der Formulierung seien unschädlich. Der Hinweis auf die Einhaltung der Pausenzeiten sei deshalb erforderlich gewesen, um einzelne Mitarbeiter aus gegebenem Anlass an ihre vertraglichen Pflichten zu erinnern. Im Übrigen seien die Pausenzeiten abschließend im Rahmentarifvertrag geregelt, weshalb für ein Mitbestimmungsrecht kein Raum mehr sei.

Bereits das ArbG Schwerin (Beschluss vom 24.06.2021, Az. 5 BV 1/21) wies einen entsprechenden Antrag des Betriebsrats zurück.

LAG: Geregelt wird nur das - mitbestimmungsfreie - Arbeitsverhalten

Die Anordnung der Arbeitgeberin, dass Rauchen nur in den Pausen, also außerhalb der Arbeitszeit, gestattet ist, betrifft ausschließlich das Arbeitsverhalten, so das LAG in seinem Beschluss vom 29.03.2022 (Az. 5 TaBV 12/21). Die Regelung dient nicht der Koordinierung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer. Sie ist ausschließlich auf die Einhaltung der Arbeitszeiten gerichtet.

Während des Rauchens können die Arbeitnehmer des Seehafens grundsätzlich keine Arbeitsleistung erbringen. Rauchen außerhalb der vorgesehenen Pausen stellt eine Unterbrechung der Arbeitstätigkeit dar. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, solche Arbeitsunterbrechungen zu dulden. Vielmehr haben die Arbeitnehmer während der festgelegten Arbeitszeiten ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Zumindest haben sie sich bereitzuhalten, um jederzeit die Arbeit nach Anweisung der Arbeitgeberin aufnehmen zu können.

Zwar mag es vorkommen, so das LAG weiter, dass es wegen eines schwankenden Arbeitsanfalls nicht immer möglich ist, alle Arbeitnehmer durchgängig zu beschäftigen. Das berechtigt jedoch weder die Raucher, ihren Arbeitsplatz zu verlassen und eine Raucherinsel aufzusuchen, noch andere Arbeitnehmer, privaten Angelegenheiten welcher Art auch immer nachzugehen.

Regelungen hinsichtlich des Arbeitsverhaltens unterliegen jedoch nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG.

Nichtraucherschutz bleibt ein heikles Thema - auch für die betriebliche Mitbestimmung

Die Regelung in § 5 Abs. 1 ArbStättV, nach der der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind, ist schwammig. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber danach gar ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.

Neben praktischen Umsetzungsproblemen, die hier schon aufgrund der Größe des betroffenen Unternehmens nicht im Vordergrund standen und durch die Schaffung sog. Raucherinseln scheinbar gut gelöst sind, bleibt ein Brennpunkt die Frage, wann Mitarbeiter diese Rauchinseln aufsuchen können, insbesondere wie diese Fehlzeiten arbeitsrechtlich zu bewerten sind. Tarifvertragliche und innerbetriebliche Regelungen sollten so eindeutig wie möglich sein, um Streitigkeiten vorzubeugen. Wird das Rauchverhalten innerbetrieblich - sei es einseitig durch den Arbeitgeber, sei es durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat - geregelt, so ist dabei streng auf die ggfs. erforderliche Mitbestimmung durch den Betriebsrat zu achten.

Das LAG gibt hierzu wichtige Hinweise, die ohne weiteres auf andere Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu übertragen sind:

Gegenstand des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Arbeitnehmer hieran gleichberechtigt zu beteiligen. Dagegen sind Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren – sog. „Arbeitsverhalten“ – nicht mitbestimmungspflichtig. Dies sind solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird. 

Wirkt sich eine Maßnahme allerdings zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt. Ob das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betroffen ist, beurteilt sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen, die den Arbeitgeber zu einer Maßnahme bewogen haben. Entscheidend ist der jeweilige objektive Regelungszweck. Dieser bestimmt sich nach dem Inhalt der Maßnahme sowie nach der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens.

Das sind konkrete Kriterien, an denen die Mitbestimmungspflichtigkeit arbeitsschützender Maßnahmen gemessen werden können.