Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Leitsatz (amtlich)
Für das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuß in Ausbildungsstreitigkeiten nach § 111 Abs. 2 ArbGG kann – entgegen Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 111 Rdz. 16, jedoch mit der ansonsten überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur – Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden, da der Geltungsbereich der Prozeßkostenhilfe auf die Prozeßführung vor einem staatlichen Gericht beschränkt ist.
Für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens steht – bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 1, 2 BerHG – die Beratungs- und Vertretungshilfe zur Verfügung.
Normenkette
ArbGG § 111 Abs. 2; ZPO § 114 ff.; BerHG §§ 1-2
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 28.02.1997; Aktenzeichen 2 Ha 1/97 C) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – vom 28.02.1997 – Az.: 2 Ha 1/97 C – wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
2. Der Wert der Beschwerde wird auf DM 250,– festgesetzt.
Gründe
1. Die Beschwerde ist unbegründet, da das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Schlichtungsverfahren in Ausbildungsstreitigkeiten (§ 111 Abs. 2 ArbGG) versagt hat.
Der sachliche Geltungsbereich der §§ 114 ff. ZPO bezieht sich auf die staatlichen Gerichte. Eine Gewährung von Prozeßkostenhilfe kommt auch für schiedsrichterliche Verfahren nicht in Betracht (MK, Wax, ZPO, § 114 Rdz. 18; Zöller, ZPO, 19. Aufl., § 114 Rdz. 1, 2).
Eine Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11 a ArbGG für das Schlichtungsverfahren gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG ist nicht möglich, ebenso haben die Parteien keinen Anspruch auf Prozeßkostenhilfe (LAG Düsseldorf vom 01.03.1990 – 14 Ta 371/89, JurBüro 90, 748; Germelmann, ArbGG, 2. Aufl., § 111 Rdz. 69, m.w.N.; Hauck, ArbGG, § 111 Rz. 14; Zöller, a.a.O., Rdz. 1).
Die gegenteilige Ansicht Grunskys (ArbGG, 7. Aufl, § 111 Rdz. 16), der die §§ 114 ff. ZPO auch auf das Schlichtungsverfahren erstrecken will, kann nicht geteilt werden.
Der Klägerin wird nicht der Zugang zu staatlichen Gerichten deshalb abgeschnitten, weil sie aus wirtschaftlichen Gründen die Zulässigkeitsvoraussetzung des Schlichtungsverfahrens für eine arbeitsgerichtliche Klage (§ 111 Abs. 5 ArbGG) nicht durchlaufen könnte. Gemäß §§ 1 und 2 Beratungshilfegesetz (BerHG) in der Fassung vom 14.09.1994 kann für außergerichtliche Schlichtungsverfahren Beratungs- und auch Vertretungshilfe gewährt werden (Schoreit/Dehn, BerH/PKH, 5. Aufl., § 1 Rdz. 4 ff, 12, ausdrücklich für Schieds- und Schlichtungsverfahren: Rdz. 98; § 2 Rdz. 10 ff.)
Etwas anderes kann auch nicht aus einem „Sinn und Zweck” des § 111 ArbGG (hier z. B. der Regelung des § 111 Abs. 2 Satz 8 ArbGG) entnommen werden. Der Gesetzgeber hat den sachlichen Geltungsbereich der Prozeßkostenhilfe auf die staatlichen Gerichte beschränkt und für außergerichtliche Verfahren das BerHG zur Verfügung gestellt (Thomas-Putzo, ZPO, 19. Aufl., Rdz. 1 a.E.; Kalthoener/Büttner, PKH 88, Rdz. 914). Eine verfassungskonforme Auslegung bzw. Ausdehnung des Geltungsbereichs der §§ 114 ff. ZPO scheidet angesichts der vom Gesetzgeber vorgenommenen klaren Abgrenzung der Prozeßkostenhilfe für die Prozeßführung vor staatlichen Gerichten und des BerHG für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens aus. Es steht nicht in der Kompetenz der an die Legislative gebundenen Gerichte, den Geltungsbereich der Prozeßkostenhilfe zu erweitern.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
2. Der Wert der Beschwerde war mit DM 250,– zu bemessen, ausgehend von einer geschätzten Ausbildungsvergütung der Klägerin ab DM 600,– bis DM 1.200,– und den sich hieraus gemäß § 123 ZPO ergebenden Gebühren, Kosten und Umsatzsteuer. Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG).
Unterschriften
Der Vorsitzende: Gick Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht
Fundstellen
Haufe-Index 953945 |
JurBüro 1998, 93 |