rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vornahme einer Handlung
Leitsatz (amtlich)
1. Erhält ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes aufgrund der zwischen dem Bundesjustizminister und den Landesjustizverwaltungen vereinbarten „Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen” (MiStra) ein gegen seinen Arbeitnehmer ergangenes Strafurteil, so ist vor dessen Aufnahme in die Personalakten eine sorgfältige Interessenabwägung erforderlich.
2. Bei dieser Interessenabwägung sind die Wertungen des Gesetzgebers, die dem Bundeszentralregistergesetz (BZRG) zugrunde liegen, zu berücksichtigen.
3. Wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes eine Strafe im Hinblick auf ihre geringe Höhe nicht in das Führungszeugnis aufgenommen (§ 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG) und darf der Verurteilte sich danach als unbestraft bezeichnen (§ 53 BZRG), so sprechen diese Umstände gegen eine Aufnahme des Strafurteils in die Personalakten. Das gilt insbesondere dann, wenn die Mitteilung an den Arbeitgeber unter Verstoß gegen die MiStra erfolgt ist.
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 26.06.1984; Aktenzeichen 6 Ca 2190/84) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26. Juni 1984 – 6 Ca 2190/84 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine gegenüber dem als gewerblicher Arbeiter bei ihr beschäftigten Kläger ausgesprochene Abmahnung sowie eine den Kläger betreffende Mitteilung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht N. nebst Abschrift eines gegen den Kläger ergangenen Strafbefehls wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr aus der Personalakte des Klägers zu entfernen und an diesen herauszugeben.
Mit der am 24.04.1984 erhobenen Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Rücknahme einer mit Schreiben vom 01.12.1983 ausgesprochenen Abmahnung und zur Entfernung aus der Personalakte begehrt. Mit Schriftsatz vom 08.06.1984 hat er die Klage dahin erweitert, die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 01.12.1983 zurückzunehmen sowie sämtliche Durchschriften dieses Abmahnungsschreibens und die Mitteilung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht N. vom 09.11.1983 nach Nr. 15 der zwischen dem Bundesjustizminister und den Landesjustizverwaltungen vereinbarten „Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen” (MiStra) samt dem als beglaubigte Abschrift beigefügten Strafbefehl des Amtsgerichts F. vom 19.10.1983 … sowie sämtliche sonstigen, auf den Vorgang hinweisenden Schriftstücke aus der Personalakte des Klägers zu entfernen und an ihn herauszugeben.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 26.06.1984 dem Klagebegehren insoweit entsprochen, als es die Beklagte verurteilt hat, die Abmahnung vom 01.12.1983, die Mitteilung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht N. vom 09.11.1983 samt der ihr beigefügten beglaubigten Abschrift des Strafbefehls des Amtsgerichts F. vom 19.10.1983 … aus der Personalakte des Klägers zu entfernen und an ihn herauszugeben. Im übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 2.200,00 DM festgesetzt.
Mit der am 04.09.1984 eingelegten und am 02.10.1984 begründeten Berufung gegen dieses ihr am 09.08.1984 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Wegen ihres Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 02.10.1984 verwiesen.
Die Beklagte stellt folgende Anträge:
I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.06.1984 – Az.: 6 Ca 2190/84 – wird in den Ziffern 1 und 3 aufgehoben.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens – beider Rechtszüge – zu tragen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26. Juni 1984 – 6 Ca 2190/84 – als unbegründet kostenpflichtig zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbeantwortung im Schriftsatz vom 29.10.1984 verwiesen.
Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 543 Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO).
II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Berufungskammer folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht daher von einer lediglich wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 543 Abs. 1 ZPO). Im Hinblick auf die Berufungsangriffe gegen das angefochtene Urteil ist ergänzend auszuführen:
Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 09.02.1977 (BAG AP Nr. 83 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht), dem sich die erkennende Berufungskammer in vollem Umfange anschließt, darf ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ein gegen seinen Arbeitnehmer ergangenes Strafurteil, das dem Arbeitgeber aufgrund der zwischen dem Bundesjustiz...