Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Betriebsrats auf Zurverfügungstellung dreh- und rollbarer Bürostühle mit Armlehnen für Sitzungen des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht erforderlich, einen Raum, der für mehrstündige Sitzungen des Betriebsrats genutzt wird, vollständig mit dreh- und rollbaren Bürostühlen mit Armlehnen auszustatten. Dies folgt bereits daraus, dass Abschnitt 1 der Arbeitsstätten-Richtlinie "Sitzgelegenheiten" nicht vorschreibt, dass Stühle in Sitzungs- bzw. Besprechungsräumen drehbar, auf Rollen gelagert und mit Armlehnen ausgestattet sein müssen.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 15.08.2019; Aktenzeichen 5 BV 18/18) |
Tenor
I.
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 15. August 2019, Az. 5 BV 18/18, wird zurückgewiesen.
II.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin dem Betriebsrat dreh- und rollbare Bürostühle mit Armlehnen für die Sitzungen zur Verfügung zu stellen hat.
Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) betreibt ein Unternehmen der Getränkeindustrie, sie beschäftigt in ihrem Betrieb in A-Stadt über 200 Arbeitnehmer, für den der antragstellende, aus neun Mitgliedern bestehende Betriebsrat (Beteiligter zu 1) gebildet ist. Das Betriebsratsbüro ist mit neun Bürostühlen ausgestattet, drei Stühle sind dreh- und rollbar, sechs Stühle haben Stuhlbeine (Lichtbilder Bl. 50-52 d.A.). Der Betriebsrat ist der Ansicht, ihm stünden weitere sechs dreh- und rollbare Bürostühle mit Armlehnen zu. Es sei erforderlich, dass jedes Mitglied über einen solchen Stuhl verfüge, um sich in Sitzungen ohne gesundheitliche Schäden platzieren und Präsentationen (mittels Beamer) folgen zu können, wozu eine Drehbewegung zur Optimierung des Sichtfeldes nötig sei. Es sei den Mitgliedern nicht zuzumuten, die teilweise achtstündigen Sitzungen auf einfachen Stühlen zu verbringen, die weder über Armlehnen noch über Dreh- und Rolltechnik verfügten. Die Arbeitsstättenverordnung schreibe für Büroarbeitsplätze dreh- und rollbare Bürostühle mit Armlehnen zwingend vor.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm weitere sechs dreh- und rollbare Bürostühle mit Armlehnen für das Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Erstinstanzlich erklärte sich die Arbeitgeberin bereit, die sechs Bürostühle mit Stuhlbeinen gegen sechs Freischwinger auszutauschen, mit denen sie ihre Besprechungs- und Konferenzräume ausgestattet hat (Lichtbilder Bl. 34-36 d.A.). Der Betriebsrat lehnte dieses Angebot mit Beschluss vom 27.06.2019 als unzureichend ab.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15.08.2019 den Antrag des Betriebsrats abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Arbeitgeberin habe dem Betriebsrat nach § 40 Abs. 2 BetrVG für Sitzungen ua. eine ausreichende Bestuhlung mit angemessenem Komfort zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitsstättenrichtlinie "Sitzgelegenheiten" (Abschnitt 1 ASR 25/1) verpflichte die Arbeitgeberin nicht, für den Betriebsrat die beantragten Stühle anzuschaffen. Für die Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats seien sechs dreh- und rollbare Bürostühle mit Armlehnen nicht erforderlich. Der Betriebsrat habe sich bei seiner Entscheidung allein von übersteigerten Komforterwägungen leiten lassen und die berechtigten Interessen der Arbeitgeberin, insbesondere die Kostentragungspflicht, ignoriert. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dem zufolge das Sitzen auf dreh- und rollbaren Bürostühlen zu einer objektiv messbaren Verbesserung der Tätigkeitssituation während Betriebsratssitzungen (und/oder Konferenzen) führe. Es könne zwar sein, dass bei Präsentationen die Anpassung und Ausrichtung der Sitzposition etwas erleichtert werde. Dem stehe aber gegenüber, dass die verlangten Sitzmöbel zu einem anlasslosen Rollen und Drehen verführten, was die Konzentration der Teilnehmer der Betriebsratssitzung erheblich stören könnte. Die Befürchtung des Betriebsrats bei der Ausrichtung der Sitzmöbel könnten gesundheitlicher Schäden eintreten, sei völlig überzogen. Zwar seien die noch bei Einleitung des Verfahrens vorhandenen einfachen Sitzmöbel (Lichtbild Bl. 52 d.A.) unzureichend gewesen. Allerdings seien die im Laufe des Verfahrens angebotenen Freischwinger iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG ausreichend. Die Kammer habe bei einer Sitzprobe festgestellt, dass es sich auf dem Freischwinger ausgesprochen komfortabel sitzen lasse und dass wohl auch bei längerem Sitzen der Komfort nicht leide. Der Freischwinger sei relativ leicht und damit gut beweglich, insbesondere auch gut drehbar.
Der angefochtene Beschluss vom 15.08.2019 ist dem Betriebsrat am 24.09.2019 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 22.10.2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom ...