Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsvergütung. Verzicht auf Ausbildungsvergütung. Forderung aus Lehrvertrag
Leitsatz (amtlich)
1.Der Verzicht auf eine Ausbildungsvergütung ist nach §§ 10, 18 BBiG auch dann unwirksam, wenn der Ausbilder keinen Bedarf für einen Auszubildenden hatte und dessen Einstellung lediglich darauf zurückgeht, daß er diesem die Fortsetzung einer abgebrochenen Lehre ermöglichen wollte.
2.Verfolgt in einem solchen Fall der Auszubildenden seinen in gesetzlich unabdingbar zustehenden Anspruch auf Ausbildungsvergütung, kann darin auch keine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 Abs. I BGB gesehen werden. Würde man einen Anspruch auf der Grundlage anerkennen, würde damit im Ergebnis die zwingende Vorschrift des § 10 BBiG unterlaufen.
Normenkette
BBiG
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 19.03.1996; Aktenzeichen 5 Ca 658/95 P) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – vom 19.03.96 Az.: 5 Ca 658/95 – wird kostenfällig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die am 23.07.1975 geborene Klägerin befand sich vom 17.10.1994 bis 16.06.1995 bei dem Beklagten in Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin. Mit der Klage macht sie die Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 01.01. bis 16.06.1995 in Höhe von DM 3.025,– geltend.
Die Ausbildung bei dem Beklagten schloß sich an ein von dem früheren Lehrherrn der Klägerin fristlos aufgekündigtes Ausbildungsverhältnis an und sollte der Klägerin die Möglichkeit eröffnen, ihre Ausbildung zu beenden.
Der Beklagte hat im Dezember 1994 einige bis dahin aufgelaufene Vergütungsansprüche durch einmalige Zahlung erfüllt; in der Folgezeit leistete er vom 01.01. bis 16.06.1995 keine Zahlungen. Er ließ sich zwar die Auszahlung der Ausbildungsvergütungen jeweils quittieren; die entsprechenden Beträge flossen der Klägerin jedoch nicht – jedenfalls nicht endgültig – zu.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr stehe für die Zeit vom 01.01. bis 16.06.1995 aufgrund des Ausbildungsvertrages und der Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes die Ausbildungsvergütung in Höhe von DM 3.025,– zu.
Der Beklagte behautet demgegenüber, mit der Klägerin sei ausdrücklich vereinbart worden, daß sie für ihre Ausbildung kein Entgelt erhalte. Seine Kanzlei sei personell voll ausgelastet gewesen; er habe deshalb sowohl aus Gründen der Arbeitsbelastung als auch aus wirtschaftlichen Gründen keine weiteren Mitarbeiter, insbesondere auch keinen weiteren Lehrling, benötigt. Er habe die Klägerin deshalb lediglich eingestellt, um ihr die Möglichkeit des Lehrabschlusses zu bieten. Dazu sei er jedoch nur unter der Voraussetzung bereit gewesen, daß er an die Klägerin entgegen § 10 Berufsbildungsgesetz keine angemessene Ausbildungsvergütung zahlen müsse. Die Klägerin sei hiermit ausdrücklich einverstanden gewesen.
Für den Fall, daß die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit unwirksam sei, stehe ihm ein Schadensersatzanspruch in Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Vergütung zu, mit dem er gegen diese Forderung aufrechne.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 3.025,– netto nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat durch Urteil vom 19.03.1996 dem Beklagten entsprechend dem Antrag der Klägerin zur Zahlung von DM 3.025,– verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.
Mit Schriftsatz vom 16.09.1996 hat er zudem Widerklage erhoben mit dem Antrag,
die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten DM 3.025,– netto nebst 4 % Zinsen hieraus 27.09.1995 zu zahlen.
Er begründet die Widerklage damit, daß ihm gegen die Klägerin aufrechenbare Gegenansprüche zustünden, deren Rechtsgrundlage § 826 BGB enthalte. Für den Fall, daß die Aufrechnung an den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes scheitere, werde die Widerklage erhoben.
Die Klägerin beantragt,
die Zurückweisung der Widerklage
und bezieht sich zur Begründung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO abgesehen; insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Der Beklagte hat seine nach der Höhe der Beschwer an sich statthafte Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist formgerecht eingelegt und begründet. Die Berufung erweist sich damit als zulässig. Zulässig ist auch die vom Beklagten erhobene Widerklage. Zwar hat die Klägerin in die Erhebung der Widerklage nicht eingewilligt. Das Gericht hielt es dennoch für richtig, die Widerklage als sachdienlich zuzulassen, da sie geeignet ist, den Rechtsstreit endgültig zu erledigen und ihre Zulassung zu keiner Verzögerung des Rechtsstreits führen konnte.
In der Sache bleibt die Berufung jedoch erfolglos. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründun...