Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitkonto. Darlegungs- und Beweislast. Überstunden. Vergütung. Verjährung. Überstundenvergütung-Arbeitszeitkonto
Leitsatz (amtlich)
Allein die Leistung von Überstunden, die nicht laufend vergütet werden, begründet noch nicht die Annahme, die Parteien hätten sich über die Führung eines Arbeitszeit-Kontos geeinigt.
Normenkette
BGB § 611; ZPO §§ 138, 138 Abs. 2, §§ 142, 142 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 23.07.2010; Aktenzeichen 2 Ca 26/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23. Juli 2010, Az.: 2 Ca 26/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Ausgleich eines Zeitguthabens bzw. die Zahlung von Überstundenvergütung.
Der Kläger (geb. am 14.01.1961) war bei der Beklagten vom 01.07.2005 bis zum 31.10.2009 zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt EUR 3.660,00 als Techniker angestellt. Die Beklagte beschäftigt sich mit der Wartung von Deponie-, Bio- und Klärgasverstromungsanlagen. Der Kläger war im Rahmen seiner Tätigkeit zur Ableistung von Rufbereitschaft verpflichtet. Im schriftlichen Arbeitsvertrag hatten die Parteien u.a. folgendes vereinbart:
„§ 3 Arbeitszeit
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. …. Sollten Mehrstunden anfallen, so sind diese in Abstimmung mit der Firmenleitung baldmöglichst in Freizeit auszugleichen. Eine Vergütung für Mehrstunden findet nicht statt.”
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14.09.2009 zum 31.10.2009 aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Im Kündigungsschutzprozess (Az.: 2 Ca 2391/09) einigten sich die Parteien im Gütetermin vom 20.11.2009 vor dem Arbeitsgericht Koblenz auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. In Ziffer 3 des gerichtlichen Vergleichs ist geregelt:
„3. Die Parteien sind sich einig, dass mit Erfüllung des Vergleichs alle wechselseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sind, mit Ausnahme möglicher Überstundenansprüche des Klägers. Der Urlaub des Klägers ist vollständig in natura genommen.”
Nach vergeblicher schriftlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 08.12.2009 verlangt der Kläger mit seiner Klage vom 05.01.2010, die der Beklagten am 09.01.2010 zugestellt worden ist, die Bezahlung von 696,5 Überstunden aus der Zeit vom 01.07.2005 bis zum 31.10.2009 (696,5 Stunden × EUR 21,85 = EUR 15.218,17 brutto).
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.07.2010 (dort S. 2-4 = Bl. 111-113 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 15.218,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.12.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.07.2010 abgewiesen und – zusammengefasst – ausgeführt, die Klage sei unschlüssig. Der Kläger wolle insgesamt 696,46 Überstunden aus der Zeit vom 01.07.2005 bis 31.10.2009 gleichermaßen aus einem Arbeitszeitkonto begründen, in dem er über die Monate und Jahre Plus- und Minusstunden verrechne und so auf die genannte Zahl von Überstunden komme. Die Darstellung des Klägers sei bereits deshalb unvollständig, weil er für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2006 keine Aufstellung über die geleisteten Arbeitszeiten vorgelegt habe, sondern pauschal behaupte, in dieser Zeit 290,11 Überstunden geleistet zu haben. Dieses Vorbringen sei unsubstantiiert. Die vom Kläger erstellten Arbeitszeitnachweise für die Zeit ab 01.01.2007 bauten auf einem Altbestand von 290,11 Überstunden auf. Da dieser Altbestand zum Stichtag 31.12.2006 nicht schlüssig dargetan sei, seien die Aufzeichnungen ab 01.01.2007 nicht zu verwerten, denn es sei nicht nachvollziehbar, ob die Berechnung des Klägers ab Januar 2007 von einer zutreffenden Basis ausgehe. Schließlich seien etwaige Ansprüche auf Überstundenvergütung aus der Zeit bis zum 31.12.2006 verjährt. Die Beklagte habe sich auf die Einrede berufen. Im Übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche auch nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt. Im Hinblick auf die Vereinbarung in § 3 des Arbeitsvertrages wäre es Obliegenheit des Klägers gewesen, bei etwaigen Überstunden baldmöglichst einen Freizeitausgleich einzufordern. Die Beklagte habe dazu vorgetragen, dass Freizeitausgleich erfolgt sei, soweit der Kläger auf Überstunden hingewiesen habe. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 4 bis 7 des Urteils vom 23.07.2010 (Bl. 113-116 d.A.) verwiesen.
Das genannte Urteil ist dem Kläger am 29.10.2010 zugestellt worden. Er hat mit am 23.11.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 31.01...