Entscheidungsstichwort (Thema)
Herausgabe von Arbeitsgerät bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Unschlüssige Herausgabeklage bei unzureichenden Darlegungen einer Entwendung aus den Geschäftsräumen. Schadensersatzanspruch bei Verschrottung eines vollfunktionsfähigen Akkuschraubers
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Arbeitnehmer ist nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wie ein Beauftragter verpflichtet, der Arbeitgeberin alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herauszugeben; zur Ausführung der übertragenen Arbeit erhalten hat der Arbeitnehmer alles, was ihm zum Zwecke der Durchführung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt worden ist.
2. Die auftragsrechtlichen Regelungen enthalten allgemeine Grundsätze, die auch für Arbeitsverhältnisse gelten.
3. Hat der Beauftragte das zur Ausführung der Geschäftsbesorgung noch Vorhandene der Auftraggeberin herauszugeben, richtet sich die dazu erforderliche Rechtshandlung nach dem Gegenstand des Erhaltenen; hatte der Beauftragte unmittelbaren Besitz an Sachen erlangt, muss er diesen auf die Auftraggeberin zurückübertragen (§ 854 Abs. 1).
4. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Wertung ist der Arbeitnehmer in aller Regel nicht Besitzer der ihm zur Erfüllung seiner Arbeitsleistung überlassenen Sachen sondern nur Besitzdiener (§ 855 BGB), es sei denn, er ist deshalb als unmittelbarer Besitzer zu betrachten, weil er alleinigen Zugang zur Sache hat und sie selbstständig verwaltet, indem er zu wirtschaftlichen Entscheidungen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache berechtigt ist.
5. Das Besitzdienerverhältnis zur Sache endet, wenn der Besitzdiener die Ausübung der tatsächlichen Gewalt dauerhaft aufgibt oder in anderer Weise verliert oder wenn das Weisungsverhältnis beendet wird, wobei der Besitzherr zugleich seinen Besitz verliert, sofern nicht die Sache in seiner von einem allgemeinen Besitzwillen beherrschten Gewahrsamssphäre verbleibt; das Besitzdienerverhältnis zu einer Sache endet auch, wenn der Besitzdiener nach außen erkennbar dauerhaft nicht mehr den Willen hat, die tatsächliche Gewalt für einen anderen auszuüben, sondern sie für sich selbst besitzen will (Willensänderung).
6. Der Arbeitnehmer verletzt schuldhaft seine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachwirkende Pflicht auf sorgsame Behandlung des im Eigentum der Arbeitgeberin stehenden (vollfunktionsfähigen) Hand-Akkuschraubers, wenn er diesen ohne vorherige Anordnung des Geschäftsführers der Arbeitgeberin verschrottet.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 611 Abs. 1, §§ 619a, 667, 854 Abs. 1, § 855
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 10.10.2013; Aktenzeichen 7 Ca 358/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 10. Oktober 2013 - Az: 7 Ca 358/13 - teilweise abgeändert und der Klarstellung halber insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 358,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 95 %, der Beklagte zu 5 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 88 %, der Beklagte zu 12 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch um Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen des Verlustes einer Zeilenkamera und zweier Hand-Akkuschrauber.
Der Beklagte war bei der Klägerin, einem Unternehmen für Heizung-Sanitär-Industrieautomationen mit Hauptsitz in C-Stadt, als verantwortlicher Mitarbeiter in deren damaliger Niederlassung in S beschäftigt. Er ist der Bruder des Geschäftsführers der Klägerin und bewohnte während des Arbeitsverhältnisses in dem Gebäude der Niederlassung eine Wohnung, die er von der Klägerin gemietet hatte. Die Ehefrau und die Tochter des Beklagten waren ebenfalls bei der Klägerin beschäftigt. Die Geschäftsräume der Klägerin erstreckten sich auf zwei Stockwerke inklusive Keller. Zur Erbringung seiner Arbeitsleistung wurden dem Beklagten von der Klägerin in der Werkstatt ua. zwei Hand-Akkuschrauber mit Zubehör und ein Prüfgerät GMC Secutest SIII plus überlassen, ebenso eine im Eigentum der Firma Knauer stehende Zeilenkamera (vgl. Bl. 10 f. d. A.). Im Keller der Gewerberäumlichkeiten bewahrte der Beklagte auch private Gegenstände, ua. Werkzeug, Pkw-Ersatzteile und Unterlagen auf.
Der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte überwarfen sich im Laufe des Jahres 2012. Im Dezember 2012 wurde dem Beklagten ein Hausverbot erteilt. Am 28. Dezember 2012 ließ die Klägerin von den Zeugen H und S die Schlösser (jedenfalls) der Werkstatt austauschen. Der Beklagte kündigte das Mietverhältnis außerordentlich. Am 28. Dezember 2012 erstattete der Geschäftsführer der Klägerin gegen...