Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Rückforderung. Rückforderung von Arbeitnehmeranteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag
Leitsatz (redaktionell)
Die Rückforderung nicht abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung kann durch den Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur unter den Voraussetzungen des § 28o Abs. 1 SGB IV erfolgen.
Normenkette
SGB IX §§ 28g, 280 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 19.05.2009; Aktenzeichen 1 Ca 2570/08) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 19.05.2009, Az.: 1 Ca 2570/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche sowie um die Verpflichtung des Klägers zur Herausgabe der Lohnsteuerkarte 2008.
Die Beklagte betreibt ein Transportunternehmen. Der Kläger, der sich in Altersrente befindet, war erstmals von Juni 2005 bis Januar 2007 für die Beklagte als Fahrer tätig. Die Beklagte stellte dem Kläger eines ihrer Fahrzeuge zur Verfügung und vermittelte ihm Transportaufträge. Die Parteien gingen davon aus, dass der Kläger nicht abhängig Beschäftigter sei. Aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV forderte die Deutschen Rentenversicherung mit Bescheid vom 18 Juli 2007 von der Beklagten im Hinblick auf die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit insgesamt 2.762,99 EUR Beiträge zur Sozialversicherung nach. Die Beklagte führte an die Krankenversicherung des Klägers die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Höhe von 1.998,21 EUR ab.
Der Kläger meldete im Februar 2008 ein Gewerbe als selbständiger Fahrer an. Er fuhr von September bis November 2008 für die Beklagte und stellte für seine Leistungen Rechnungen über zumindest 3.100, EUR. Die Beklagte zahlte hierauf lediglich insgesamt 1.400,04 EUR. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.11.2008 auf, den noch offenen Rechnungsbetrag (1.699,96 EUR) zu begleichen. Nachdem die Beklagte von ihrem Steuerberater erfahren hatte, dass der Kläger nicht befugt sei Rechnungen zu stellen, beendete sie die Zusammenarbeit. Sie erklärte mit Schreiben vom 02. Dezember 2008 gegen die noch offene Forderung des Klägers die Aufrechnung mit dem an die Krankenversicherung des Klägers abgeführten Betrag von 1.998,21 EUR und forderte ihn gleichzeitig zur Zahlung von 398,21 EUR sowie zur Vorlage der Lohnsteuerkarte 2008 auf. Ausweislich eines von der Beklagten erstellten „Kontoauszugs” vom 8.1.2009 (Bl. 26 d. A.) erfolgte eine Bar- Rückzahlung durch den Kläger in Höhe von 200,– EUR am 15.10.2008, wobei der Kläger nach dem genannten Auszug am gleichen Tag zuvor 500,– EUR erhalten hat. Der Auszug weist unter dem 24.11.2008 ferner einen Betrag von 400,– EUR auf unter der Bezeichnung „Zahlung/Verrechnung Schuld an P. A.”. Die Beklagte behauptet, diese Zahlungen seien erfolgt, weil die Parteien vereinbart hätten, dass der Kläger die von der Beklagten verauslagten Sozialversicherungsbeiträge in Raten zurückzahle. Die Beklagte erklärte mit der Restforderung über 1.398,21 EUR die Aufrechnung gegen eine Forderung des Klägers über 1.000,00 EUR. Den verbleibenden Restbetrag von 398,21 EUR macht sie widerklagend geltend. Ebenfalls widerklagend begehrt sie die Herausgabe der Lohnsteuerkarte 2008.
Mit Schreiben vom 24.6.2009 (Bl. 126 d.A.) teilte die Deutsche Rentenversicherung der Beklagten mit, ungeachtet der Anmeldung eines Gewerbes sei mangels Einsatzes eines eigenen Fahrzeuges davon auszugehen, die Tätigkeit des Klägers sei im Rahmen eines abhängigen Beschäftigtenverhältnisses erbracht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 19.5.2009, Az. 1 Ca 2570/08 (Bl. 52 ff. d.A.).
Das Arbeitsgericht hat unter teilweiser Abweisung der Klage und Abweisung der Widerklage(n) die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.699,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2008 zu zahlen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht soweit für das Berufungsverfahren von Interesse zusammengefasst ausgeführt:
Die dem Grunde nach unstreitige Restforderung des Klägers sei nicht durch Aufrechnung der Beklagten erloschen. Eine Rückzahlungsvereinbarung habe die Beklagte nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Auch könne die Teilzahlung des Klägers über 600,– EUR nicht als Anerkenntnis bezüglich der Gesamtforderung gewertet werden. Ein Anspruch nach §§ 28 g, 29 o SGB IV bestehe nicht. Die Beklagte habe nicht darlegen können, dass sie ihren Anspruch auf den Anteil des Klägers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ohne Verschulden nicht habe geltend machen können. Auch habe sie nicht dargelegt, welche konkreten Versäumnisse sie dem Kläger im Hinblick auf die behauptete Nichterfüllung der Pflichten nach § 2...