Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeiterfassung. Unterlassung. Unterlassungsantrag. Verstoß. Keine Verwirkung von betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechten
Leitsatz (amtlich)
Unterlässt ein Betriebsrat es über mehrere Jahre, einen Verstoß des Arbeitgebers gegen Mitbestimmungsrechte zu beanstanden, führt dies nicht zur Verwirkung des Mitbestimmungsrechts.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 87 Abs. 1; ZPO § 890
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 08.11.2007; Aktenzeichen 1 BV 133/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 8.11.2007 – 1 BV 133/07 – teilweise abgeändert.
Der Beteiligten zu 2 (Antragsgegnerin) wird aufgegeben, es zu unterlassen, die über die vereinbarten Zeiterfassungsterminals der Anlage 1 zur Betriebsvereinbarung „Einführung und Anwendung computerunterstützter Arbeitszeiterfassung und Entgeltabrechnung” vom 17.4.1997 hinaus installierten Terminals an den Standorten
- • Eingang Süd
- • Halle 7 im Süden
- • Halle 6 erstes OG, im Süden
- • Halle 6 zwei Terminals, im Norden
- • Halle 61 erstes OG, im Norden
- • Halle 26 a im Osten
in Betrieb zu lassen.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Frage, ob 6 Zeiterfassungsgeräte von der Arbeitgeberin außer Betrieb genommen werden sollen.
Der Antragsteller ist der im Betrieb der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Die Betriebsparteien schlossen mit Datum vom 17.4.1997 eine Vereinbarung über die „Einführung und Anwendung computerunterstützter Arbeitszeiterfassung und Entgeltabrechnung” (Bl. 5 ff. d.A.), deren Ziffer 4 unter der Überschrift Zeiterfassungsterminals auszugsweise wie folgt lautet:
„Anlage I enthält eine Übersicht über die Standorte der Zeiterfassungsgeräte. Für deren Aufstellung gilt im gewerblichen Bereich der Grundsatz, dass die Geräte in unmittelbarer räumlicher Nähe der Umkleidemöglichkeiten aufgestellt werden. Die Anlage wird auf dem aktuellen Stand gehalten und ist einvernehmlich mit dem Betriebsrat zu vereinbaren.”
Die einvernehmlich vereinbarten Standorte der Zeiterfassungsgeräte ergeben sich aus der Anlage A 2 zur Antragsschrift (Bl. 12 d.A.). Bis zum Jahre 2000 installierte die Arbeitgeberin neben diesen Geräten sieben weitere Geräte, deren Standorte aus der Anlage A 3 zur Antragsschrift (Bl. 13 d. A., dort mit einem Kreuz markiert) ersichtlich sind. Nach – bestrittener – Darstellung der Arbeitgeberin ist darüber eine mündliche Regelungsabrede getroffen worden. Mit Schreiben vom10.2.2000 (Bl. 25 d.A.) beanstandete der Betriebsrat die Aufstellung von Zeiterfassungsgeräten, die nicht der Betriebsvereinbarung entsprächen und regte an, sich alsbald über eine neue Anlage 1 zur BV zu einigen. Die Arbeitgeberin schlug einen Gesprächstermin vor (Bl. 26 d.A.), zu dem es nicht kam. Ein weiterer vom Betriebsrat vorgeschlagener Termin (Bl. 27 d.A.) kam ebenfalls nicht zustande. Die Angelegenheit verlief dann im Sande.
In einer weiteren Betriebsvereinbarung hatte die Arbeitgeberin sich verpflichtet, an die Mitarbeiter, die einen längeren Weg vom Umkleideraum zu dem Zeiterfassungsgerät zurückzulegen hatten, ein Wegegeld zu zahlen. Zweck dieser Vereinbarung war, Änderungen der Umkleidemöglichkeiten und der zurückzulegenden Wege zu forcieren. Die Zahlung dieses Wegegeldes stellte die Arbeitgeberin im Sommer 2007 ein. Hierüber kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebsparteien, bei denen vom Betriebsrat auch die zusätzlich aufgestellten Zeiterfassungsterminals beanstandet wurden. Mit dem am 17.7.2007 eingeleiteten Beschlussverfahren erstrebt der Betriebsrat nunmehr Beendigung des Betriebs der nicht genehmigten Zeiterfassungsterminals.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 8.11.2007, auf den hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens sowie der Entscheidungsgründe verwiesen wird, den Antrag zurückgewiesen. Gegen diesen am 22.11.2007 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 26.11.2007 Beschwerde eingelegt und diese begründet.
Der Antragsteller trägt vor, die Arbeitgeberin verstoße weiterhin gegen die Betriebsvereinbarung, indem sie die nicht genehmigten Terminals betreibe. Der Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung sei nicht verwirkt. Die Arbeitgeberin sei auch seit Einleitung des Beschlussverfahrens nicht an den Betriebsrat herangetreten, um eine Vereinbarung zu erreichen. Nicht der Betriebsrat, sondern die Arbeitgeberin hätte die Verhandlungen initiieren müssen.
Der Betriebsrat beantragt,
in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Lübeck vom 8.11.2007 – 1 BV 133/07 – der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es – bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 25.000,00 EUR in jedem Einzelfall – zu unterlassen, die über die vereinbarten Zeiterfassungsterminals der Anlage 1 zur Betriebsvereinbarung „Einführung und Anwendung computerunterstützter Arbeitszeiterfassung und Entgeltabrechnung” vom 17.04.1997 hinaus installierten Terminals an den Standorten